Kita-Gruppe mit Erzieherin beim Musikmachen
Eltern sind froh, wenn sie ganz in der Nähe einen Kitaplatz für ihr Kind bekommen.
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Urteil

Muss die Stadt einen nahen Kitaplatz anbieten?

Immer wieder gibt es Streit um einen Kitaplatz. Wie weit darf die Kita von zuhause entfernt sein? Ist den Eltern zuzumuten, das Kind notfalls mit dem Auto in die Kita zu bringen? Und: Müssen sich die Eltern mit einem Kindertagespflege-Platz statt eines Kita-Platzes zufriedengeben? Wie das Oberverwaltungsgericht in einem Fall entschieden hat und damit vorausgegangene Beschlüsse kassierte.

Einen Kitaplatz möglichst nah am Zuhause, das wünschen sich Eltern. Doch nicht immer klappt das. Ein Fall beschäftigte gleich mehrmals die Gerichte. Die Eltern hatten bereits im Mai 2022 den Betreuungsbedarf zum 1. August dieses Jahres über den sogenannten Kita-Navigator der Stadt Münster angemeldet. Ihr Kind war dann aber weder bei der Platzvergabe im Februar 2023 noch beim wegen technischer Probleme im März 2023 wiederholten Vergabeverfahrens berücksichtigt worden. Die enttäuschten Eltern, die am Stadtrand von Münster wohnen, stellten daraufhin im April einen Eilantrag vor Gericht.

Kitaplatz? Eilverfahren am Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht ließ das Argument der Stadt nicht gelten, dass viele Kindertageseinrichtungen in Münster wegen der Personalknappheit keine zusätzlichen Plätze anbieten können. Der Anspruch auf frühkindliche Förderung sei nicht auf den vorhandenen Vorrat an Plätzen begrenzt, sondern letztlich auch auf die Erweiterung der vorhandenen Kapazitäten gerichtet. Solange, bis ein dem Bedarf in qualitativer und quantitativer Hinsicht gerecht werdendes Angebot bestehe. Auch verwies das Gericht auf die Bereitstellungs- beziehungsweise Gewährleistungspflicht.

Kita oder Kindertagespflege - gibt es einen Anspruch?

Dennoch erkannte das Verwaltungsgericht keinen Anspruch der Eltern an, dass ein Kita-Platz bereitgestellt werden müsse. Es könne sich auch um eine Kindertagespflege handeln. Beide Betreuungsangebote stünden in einem gesetzlichen Gleichrangigkeitsverhältnis. Auch sei nicht entscheidend, dass die Eltern eine Betreuung über bestimmte Urzeiten hinaus wünschen. Der Anspruch auf frühkindliche Förderung sei nicht darauf ausgerichtet, dass in jeder Hinsicht eine optimale Kinderbetreuungsmöglichkeiten angeboten wird. Auch könne die Stadt nicht dazu verpflichtet werden, einen Betreuungsplatz bereit zustellen, der in höchstens 15 Minuten erreichbar sei. Vielmehr könne im Regelfall eine Entfernung von der Wohnung des Kindes von maximal 30 Minuten pro Weg als zumutbar angesehen werden. Beschluss vom 07.06.2023 (6 L 409/23)

OVG entschied: Weglänge zur Kita ist zumutbar

Inzwischen hat das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen eine abschließende Entscheidung zu dem Fall gefällt: Mit dem angebotenen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung, die mit dem Auto 4,3 Kilometer beziehungsweise mit dem Fahrrad 3,2 Kilometer vom Wohnort entfernt ist, habe die Stadt Münster den Betreuungsanspruch eines zweijährigen Kindes erfüllt. Die Wegedauer vom Wohnort des Kindes zu der Einrichtung mit dem angebotenen Betreuungsplatz betrage nach Google Maps mit dem Auto unter Nutzung der kürzesten Strecke 8 Minuten, mit dem Fahrrad sind es 10 Minuten.

Eltern: Kind lässt sich nicht anschnallen im Auto

"Der Vortrag, ein Transport mittels Pkw scheide aus, weil sich das Kind nur widerwillig anschnallen lasse und andernfalls erhebliche Schreianfälle bekomme, ist nicht glaubhaft gemacht und reicht ohnehin nicht aus, um die Zumutbarkeit des angebotenen Betreuungsplatzes in Zweifel zu ziehen", so das Gericht. "Denn es entspricht der Lebenswahrscheinlichkeit, dass das Kind seinen Widerwillen bei entsprechender Gewöhnung ablegen wird", heißt es in einer Mitteilung des Gerichts.  Mit Blick auf die von den Eltern angeführte Berufstätigkeit sei nicht ernstlich zu bezweifeln, dass die fragliche Einrichtung mit dem Auto beziehungsweise Fahrrad in zumutbarer Weise erreicht werden kann.

Die Stadt sei auch nicht verpflichtet, dem Kind den Betreuungsplatz in einer deutlich näher gelegenen Einrichtung eines freien Trägers oder in anderen Wunscheinrichtungen zu verschaffen. Dabei handelte es sich um einen sogenannten Überbelegungsplatz. Die Stadt habe auch nicht über einen zwischen ihr und dem freien Träger geschlossenen Rahmenvereinbarung auf den Platz zugreifen können. Sämtliche Beschwerden der Eltern hatten vor dem Oberverwaltungsgericht also keinen Erfolg.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

Zur Mitteilung des OVG

Aktenzeichen: 12 B 683/23, 12 B 811/23, 12 B 854/23

I. Instanz: VG Münster 6 L 409/23, 6 L 558/23, 6 L 604/23