Grundsteuerreform
Bei der Grundsteuerreform werden die Immobilienwerte neu berechnet.
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Analyse

Grundsteuer B: Deutlich höhere Hebesätze

Die Grundsteuerreform soll nach dem Willen des Gesetzgebers neutral umgesetzt werden. Doch wie soll das funktionieren? Zahlreiche Kommunen mussten ihren Hebesatz zur Grundsteuer B wegen der angespannten Haushaltslage zuletzt erhöhen. Einer Analyse zufolge stieg der durchschnittliche Hebesatz im vergangenen Jahr um fast fünf Prozent.

Bei der geplanten Grundsteuerreform, die am 1. Januar 2025 in Kraft tritt, soll es nicht teurer werden für die Immobilienbesitzer. Der Bund verspricht den Haus- und Wohnungseigentümern in Deutschland, dass die Grundsteuerreform insgesamt aufkommensneutral gestaltet wird. Das Bundesverfassungsgericht hat festgelegt, dass die zugrunde liegenden Immobilienwerte neu berechnet werden sollen. Sie werden künftig in der Grundsteuerformel eingegeben und mit dem Hebesatz und der sogenannten Messzahl multipliziert. Zumindest sieht es so das in den meisten Bundesländern geltende Bundesmodell vor. Eine aktuelle Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) zeigt jedoch, dass der durchschnittliche Hebesatz zur Grundsteuer B ist im vergangenen Jahr so stark gestiegen wie zuletzt 2016: um fast fünf Prozent. Den höchsten Durchschnittshebesatz erheben danach Kommunen in Nordrhein-Westfalen, dort ist  er im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent gestiegen.

Grundsteuer: 13 Prozent der Kommunen erhöhen Hebesatz

Der durchschnittliche Hebesatz bei der Grundsteuer stieg 2022 im Vergleich zu 2021 in 13 Prozent der Kommunen,  gesunken hingegen ist er lediglich in ein Prozent der Kommunen. In Nordrhein-Westfalen erhöhten sogar 26 Prozent aller Gemeinden den Grundsteuer-B-Hebesatz. Im Saarland war es fast jede fünfte Kommune (19 Prozent), dahinter folgen Rheinland-Pfalz (17 Prozent) sowie Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern (jeweils 16 Prozent).

Deutlich geringer ist der Anteil der Gemeinden, die  den Hebesatz erhöht haben,  dagegen in Thüringen (vier Prozent), Sachsen (fünf Prozent) und Sachsen-Anhalt (sechs Prozent). Besonders deutlich werde der Anstieg der Hebesätze im 5-Jahres-Vergleich: Bundesweit hoben fast vier von zehn Kommunen (38 Prozent) den Hebesatz an. Umgekehrt sank er gerade einmal bei zwei Prozent der Gemeinden.

Weiter hat die Analyse ergeben, dass 30 Prozent der deutschen Kommunen inzwischen einen "sehr hohen Hebesatz" von über 400 haben. Die wenigsten Grundsteuerhöhungen gab es zwischen 2017 und 2022 in Bayern und Thüringen, im Saarland die meisten, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern und Hessen.

Welche Kommunen erheben den höchsten Grundsteuer-B-Hebesatz?

Die Stadt Lorch führt die Tabelle (Stichtag 31.12.2022) bundesweit an - mit einem Hebesatz von 1050, gefolgt von Nauheim und Ringgau (je 960), Bad Karlshafen (951), Bad Emstal (950), alle in Hessen, Hürtgenwald in NRW hat ebenfalls einen Hebesatz von 950. Dann kommen Bönen (940) sowie Altena, Nörvenich und Witten mit einem Hebesatz von jeweils 910. Unter den Kommunen mit den höchsten Grundsteuer-Hebesätzen ist auch Heimbach ( 900) alle in NRW.

Welche Kommunen erheben keinen Grundsteuer-B-Hebesatz?

In der Tabelle (Stichtag 31.12.2022) angeführt werden folgende Kommunen, die keine Grundsteuer B erheben: Die baden-württembergische Stadt Büsingen am Hochrhein, die rheinland-pfälzischen Kommunen Bergenhausen, Gornhausen, Horath, Rayerschied, Reuth, Riegenroth, Wahlbach und in Schleswig-Holstein  Friedrichsgraben, Hedwigenkoog, Hillgroven, Norderfriedrichskoog sowie Oesterwurth, Strübbel, Südermarsch und Wesselburener Deichausen.

Länder planen Beschneidung der Kommunen

Die Kommunen können den Hebesatz frei festlegen. das soll auch so bleiben. Allerdings planen mehrere Länder- wie berichtet - nun offenbar Maßnahmen, um eine Erhöhung der Grundsteuer zu verhindern. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, wollen mindestens fünf Bundesländer sicherstellen, dass die Kommunen den Hebesatz in der Grundsteuerformel so absenken, dass die gestiegenen Immobilienwerte nicht zu höheren Steuern führen.

Der für die Grundsteuer maßgebliche Wert des Grund und Bodens wird aus der Flächengröße der Immobilie und dem Bodenrichtwert ermittelt. Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sowie Brandenburg wollen danach sicherstellen, dass die Bürger erfahren, welcher Hebesatz in ihrer Gemeinde oder Stadt aufkommensneutral ausfallen würde. Nordrhein-Westfalen will den Städten einen angemessenen Hebesatz nennen, Schleswig-Holstein plane ein eigenes Transparenzregister. Das Land Niedersachsen will die Gemeinden dazu verpflichten, den jeweils aufkommensneutralen Hebesatz zu veröffentlichen.

Grundsteuerreform nicht missbrauchen

"Die Aufkommensneutralität entspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers", sagte der Sprecher des brandenburgischen Finanzministeriums, Ingo Decker zu KOMMUNAL. "Ein höheres Steueraufkommen infolge der Grundsteuerreform wäre somit ein Verstoß gegen Geist und Inhalt des Grundsteuerreformgesetzes. Er fügte hinzu: "Das muss man ganz klar so sagen: Es wäre ein Missbrauch der neuen Rechtslage und zugleich ein politisches Spiel mit dem Feuer."

Transparenzregister zur Grundsteuer geplant

Auch das Land Brandenburg plant ein Transparenzregister. Auf diese Weise sollen die Gemeinden bei der Ermittlung aufkommensneutraler Hebesätze unterstützt werden, so Decker. Sobald eine ausreichende Datenlage besteht, könnten die Städte und Gemeinden für die Bemessung der neuen Hebesätze auf ein öffentliches digitales Verzeichnis zur Grundsteuerreform zurückgreifen. Das Verzeichnis solle die aufkommensneutralen Hebesätze der jeweiligen Kommune aufzeigen. Decker will die Einrichtung eines Transparenzregisters nicht als Misstrauen gegenüber den Kommunen verstanden sehen. "Es ist eine Hilfestellung und Orientierungsmöglichkeit, die von den Kommunen durchaus auch begrüßt wird."

Die  einzelnen Ergebnisse der Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) zur Entwicklung der Grundsteuer-B-Hebesätze aller deutschen Kommunen (ohne Stadtstaaten) in den Jahren 2005 bis 2022.