Theoretisch könnten die Wahlpannen in Berlin das Ergebnis der Bundestagswahlen massiv beeinflussen
Theoretisch könnten die Wahlpannen in Berlin das Ergebnis der Bundestagswahlen massiv beeinflussen
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Auswirkungen deutschlandweit

Wahlpannen: Wie es zu einer Wiederholung der Wahlen in Berlin kommen könnte

Die Liste der Wahlpannen in Berlin wird immer größer. Doch auch in anderen Kommunen kam es zu Fehlern. Was das rechtlich bedeutet und wann eine Wahl wiederholt werden muss. Ein Überblick!

Wann sind Wahlpannen so gravierend, dass die Wahl wiederholt werden muss? Diese Frage stellt sich aktuell in Berlin, ist aber auch für alle anderen Kommunen wichtig zu wissen. Denn nicht jede Unregelmässigkeit führt gleich zu einer Neuwahl. Wahlpannen müssen gravierend sein. Und dafür gibt es eine klare Definition des Gesetzgebers. Er betrifft vor allem die Auswirkungen der Wahlpannen. Doch der Reihe nach: 

Minderjährige durften den Bundestag mitwählen

Die Liste der Wahlpannen wird immer länger. Nicht genug damit, dass wegen des Berlin-Marathons in Berlin am Wahltag viele Bürger nicht in ihre Wahllokale gelangten. Es fehlten dort dann auch Stimmzettel und Kabinen. Denn auch die Wahlhelfer kamen nicht durch die Staus. Lange Schlangen vor den Wahllokalen waren die Folge. In anderen Wahllokalen wurden vertauschte Stimmzettel ausgegeben, mit der Erststimme konnten auf einmal Kandidaten aus anderen Wahlkreisen gewählt werden. Das ist aber nicht erlaubt, so waren diese Stimmzettel - zumindest die Erststimme - ungültig. Die Tageszeitung Welt berichtet zudem über zahlreiche Minderjährige, die Wahlunterlagen auch für die Bundestagswahlen bekamen. Beim gleichzeitig zu wählenden Senat gilt das Wahlrecht mit 16, zur Bundestagswahl das Wahlrecht ab 18 Jahren. 

Wahlpannen müssen gravierend sein 

Nicht jede Wahlpanne führt automatisch zur Neuwahl. Das lässt sich an einer Wahlpanne in Ludwigshafen gut erklären. Dort gab es ein Wahllokal mit rund 1100 Wahlberechtigten. Dort fanden sich unter den Wahlunterlagen insgesamt 39 falsche Wahlzettel - nämlich welche von der letzten Landtagswahl. Hier stellte der Wahlleiter aber schnell fest, dass die Wahl nicht wiederholt werden muss. Der Grund: Fehlende Mandatsrelevanz. Das heißt: Die 39 Stimmen hätten nicht annähernd zu einem anderen Ergebnis geführt. Die Wahl des Direktkandidaten war nicht so knapp, dass eine solch kleine Panne mit 39 Stimmen etwas verändern hätte können. 

Das könnte in Berlin anders aussehen. Denn die Linkspartei hatte bei der Bundestagswahl die 5 Prozent Hürde verfehlt. Nur durch drei Direktmandate schaffte sie es in den Bundestag. Sollte ein Direktmandat wegfallen, wären die 39 Sitze im Bundestag futsch. Zwei der drei Direktmandate erzielte die Partei in Berlin. In Leipzig war die Wahl relativ knapp, dort gewann der Kandidat der Linken mit einem Vorsprung von 8000 Stimmen. In den beiden Berliner Bezirken jedoch war das Ergebnis deutlicher. Von daher darf davon ausgegangen werden, dass die Wahl hier nicht wiederholt werden muss. Betroffen wären die Wahlkreise Lichtenberg und Treptow-Köpenick. Hier wurden zudem vergleichsweise wenige Wahlpannen gemeldet. 

Etwas anders könnte es bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin aussehen. Hier sind die Wahlkreise kleiner, die Ergebnisse teils enger beeinander. Allerdings ist es hier gar nicht so einfach, eine Wahl anzufechten.

Wer gegen Wahlpannen und auf Neuwahlen klagen kann

In Berlin missen sich Parteien, Abgeordnete oder auch Amtspersonen direkt an den Verfassungsgerichtshof wenden, wenn Sie der Meinung sind, dass eine Wahl wegen Wahlpannen wiederholt werden muss. Die Anfechtung ist zudem erst nach Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses möglich. Damit wird Mitte Oktober gerechnet. Bürger, die sich in ihrem Wahlrecht behindert sehen, können lediglich eine Verfassungsbeschwerde erheben. 

Anders sieht das bei den Bundestagswahlen aus. Hier hat jeder Bürger die Möglichkeit, die Wahl auf ihre Rechtmässigkeit überprüfen zu lassen. Dazu genügt ein Einspruch gegen die Wahl direkt beim Bundestag. Dieser Einspruch muss spätestens zwei Monate nach dem Wahltag eingereicht worden sein. In diesem Fall muss das Parlament über die Beschwerde entschieden. Dagegen ist dann eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht möglich. Bei der Feststellung, ob das subjektive Wahlrecht verletzt wurde ist es übrigens egal, ob der jeweilige Verstoß Mandatsrelevant war. Der Beschwerde kann also stattgegeben werden, ohne dass eine Wiederholung der Wahl nötig wird.

In der Geschichte der Bundesrepublik gab es übrigens erst einmal eine Wiederholung der Wahl auf Landesebene, noch nie auf Bundesebene. 1991 stellte ein Gericht nach den Bürgerschaftswahlen in Hamburg fest, dass die CDU bei der Kandidatenaufstellung gegen Wahlrechtsgrundsätze verstoßen hatte. Die Wahl zur Bürgerschaft musste daraufhin wiederholt werden.