Zwei Mitarbeiter in der Bäckerei
Viele Betriebe freuen sich über die Unterstützung durch Fachkräfte.
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Zuwanderung

Neue Studie: Wie läuft die Integration vor Ort?

Das Berlin-Institut hat sich in sechs Kommunen die Integrationskonzepte und Teilhabe näher angeschaut. Immer mehr ländlich strukturierte Kreise und Gemeinden haben inzwischen eigene Konzepte dafür erstellt, wie sie Zugewanderte integrieren können.

Nicht nur die Unterbringung von Flüchtlingen beschäftigt die Kommunen, sondern auch: Wie können die Menschen, die bleiben dürfen, integriert werden? Um herauszufinden, wie teilhabeorientierte Integrationspolitik in der Praxis funktioniert, hat das Berlin-Institut sechs Landkreise und kreisfreie Städte mit solchen Konzepten über anderthalb Jahre bei ihrer Integrationsarbeit begleitet, darunter den Kreis Lippe in Nordrhein-Westfalen. Das Durchschnittsalter der Einwohner lag dort im Jahr 2020 bei rund 44 Jahren und damit im unteren Mittelfeld der deutschen Kreise und kreisfreien Städte. Das liegt vor allem an der Zuwanderung. Durch die sogenannten Gastarbeiter waren bereits Strukturen entstanden. Viele der Akteure brachten sich in den vergangenen Jahren auch in die Integrationspolitik anderer Orte und Kreise ein. Im Kreis Lippe gibt es ein Integrationskonzept und es wurde das "Kommunale Integrationszentrum" geschaffen. Dort werden zum Beispiel Neu Zugewanderte und alle beraten, die eine Wohnung suchen oder in die erste eigene Wohnung einziehen wollen. Der „Wohnungsführerschein – für ALLE in Lippe“ wird in fünf Modulen erworben. Die Teilnehmer erfahren alles, was sie bei der Wohnungssuche wissen sollten. Die etwa 90-minütigen Veranstaltungen sind kostenlos.

Integrationskonzepte in sechs Kommunen untersucht

Die Experten des Berlin Instituts haben auch die Integrationskonzepte von Neumünster in Schleswig-Holstein, Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt und dem Altenburger Land in Thüringen näher untersucht, ebenso die Integrationsbemühungen des Rhein-Neckar-Kreises in Baden-Württemberg und des Wetteraukreises in Hessen. Dabei sprachen sie mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in der Verwaltung, Beschäftigten bei Trägern der Integrationsarbeit, Teilnehmern der angebotenen Maßnahmen sowie mit ehrenamtlich Engagierten.

Bereits 2021 wurden alle Integrationskonzepte deutscher Kreise und Städte analysiert. Dabei zeigte sich: Immer mehr Kommunen haben Integrationskonzepte erstellt. Von den 400 Kreisen und kreisfreien Städten verfügten 221 bereits über ein Integrationskonzept. „Teilhabeorientierte Integrationspolitik soll die Chancen aller Menschen vor Ort stärken und Hürden in allen wichtigen Lebensbereichen wie Arbeit, Bildung, Gesundheit oder Wohnen abbauen“, betont Frederick Sixtus, Mitautor der Studie. Er fand heraus: Kreis- und Stadtverwaltungen sehen Integration nicht als losgelöstes Themenfeld, sondern als Teil der Sozialpolitik. Vom Antrag im Bauamt bis zur Familienberatung sollen alle Abteilungen Teilhabe und Integration mitdenken. Dadurch stehen Verwaltungsleistungen und Maßnahmen der Integrationsarbeit im besten Fall allen offen, die benachteiligt sind. „Die Angebote vor Ort wenden sich so an alle Bewohner und Bewohnerinnen, die davon profitieren können."

Zuwanderung als Chance für ländliche Regionen

„Die Kreise und Städte reagieren damit auch auf aktuelle Herausforderungen“, sagt Catherina Hinz, Direktorin des Berlin-Instituts, „denn gerade in vielen ländlichen Regionen Deutschlands schrumpft die Bevölkerung und der Altersdurchschnitt der Bewohner und Bewohnerinnen steigt. Vielerorts kämpfen die Verantwortlichen mit klammen Kassen.“ Busse fahren seltener, Schulen fehlen Lehrkräfte, Handwerksbetriebe und Pflegedienste finden keine Auszubildenden. Die Regionen müssen sich daher verstärkt auch um neue Mitbürger und Mitbürgerinnen aus dem Ausland bemühen. Diese können den Arbeitskräftemangel zumindest teilweise abmildern und dazu beitragen, Schulen, Busse oder kleine Einkaufsgelegenheiten zu erhalten, so Hinz.

Integration: Lokalpolitik muss mitziehen

„In allen Regionen setzen sich Menschen leidenschaftlich für mehr Teilhabe ein“, unterstreicht Adrián Carrasco Heiermann, Mitautor der Studie. „Oft fehlt es aber an einer durchgängigen Finanzierung ihrer Arbeit.“ Häufig laufen die Fördermittel nach wenigen Jahren aus, der Bedarf, Teilhabe für alle zu stärken, hingegen besteht fort. Wichtig ist für die Integrationsbeauftragten auch, dass die Lokalpolitik, also Kreistage und Stadträte, und die Verwaltungsspitzen mitziehen, damit alle Maßnahmen rund um Teilhabe, Diversität und Antidiskriminierung auch verbindlich umgesetzt werden.

Die Studie als PDF: