Schwimmbad der Gemeinde Wartenberg in Hessen.
Schwimmbäder sind ein Ort für Erholung und sportliche Betätigung, zudem oft das einzige Angebot was kleine Gemeinden machen können.
© Gemeinde Wartenberg

Daseinsvorsorge

Rettungsanker für Schwimmbäder?

Reihenweise müssen Schwimmbäder schließen, weil Kommunen zu wenig Geld für die Sanierung haben. Auf 15 Milliarden Euro beziffern Experten den Sanierungsstau. Viele Städte und Gemeinden tun alles, um ihr Schwimmbad im Ort dennoch zu halten. Wir haben uns drei genauer angesehen!

Schwimmbäder müssen immer häufiger schließen. „Schwimmbad-Schließungen stoppen“ – so ist daher eine Petition überschrieben, die inzwischen mehr als 120.000 Unterschriften gesammelt hat. Einreicher war die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, DLRG. Immerhin gab es daraufhin inzwischen eine Anhörung im Deutschen Bundestag, jedoch ohne konkrete Ergebnisse. Das Bundesinnenministerium erklärte formal, die Zuständigkeit für den Breitensport liege ohnehin bei den Ländern. Seit der Anhörung im vergangenen Jahr ist daher in Sachen Schwimmbäder auf der politischen Ebene auch nichts mehr passiert. Derweil geht das Sterben der Schwimmbäder weiter, Corona tut sein Übriges. Seit über einem halben Jahr sind die Schwimmbäder zwangsweise geschlossen, die Eintrittsgelder entfallen, die Kosten für die Städte und Gemeinden laufen weiter. In den vergangenen Jahren mussten pro Jahr in Deutschland im Schnitt 80 Bäder schließen.

Kommunale Schwimmbäder als Schule für Generationen

Damit droht Deutschland zum Land der Nichtschwimmer zu werden, denn schon beim Babyschwimmen bemängeln immer mehr Trainer, dass sie keine Hallen mehr finden. Für diese Altersgruppe muss das Wasser deutlich wärmer sein, ein Freibad etwa ist ungeeignet. Eine Forsa-Umfrage zeigt: „Rund 60 Prozent der Zehnjährigen sind keine sicheren Schwimmer mehr“. Nimmt man die Zahlen des DLRG, so zeigt sich, dass immer weniger Schwimmabzeichen absolviert werden. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr…und die Zahl der Badetoten steigt.

Heftcover Kommunal 06/2021
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Der Sanierungsstau ist vor allem bei Bädern im Gebiet der früheren Bundesrepublik hoch – denn dort stammt die Infrastruktur fast überall aus den 60er und 70er Jahren. Und doch tun viele Kommunen alles, um ihr Schwimmbad vor Ort zu erhalten. Das hat viele Gründe, wie etwa der Bürgermeister von Wartenberg, Olaf Dahlmann, erklärt: „Heute steht neben dem schulischen Blickwinkel vor allem die Freizeitgestaltung im Mittelpunkt“, so der Bürgermeister aus Osthessen. Und voller Stolz führt er noch an: „Natürlich kommt auch noch der sportliche Aspekt und die Gesunderhaltung hinzu! Wir haben zahlreiche Frühschwimmer, die immer pünktlich morgens um 10:00 Uhr das Bad besuchen.“

Wirtschaftsfaktor Freibad 

Seine Gemeinde hat rund 4.000 Einwohner, das Bad zieht jedoch auch Menschen aus der rund 20 Kilometer entfernten Stadt Fulda an. Dennoch gilt, was für fast alle Schwimmbäder in Deutschland gilt - es bleibt ein Zuschussgeschäft - bis zu 100.000 Euro gibt die hessische Gemeinde für ihr Angebot aus. Dieses Geld fehlt an anderer Stelle im Gemeindehaushalt, weshalb immer wieder über einen Förderverein nachgedacht wird. „Wichtig ist, dass wir das Bad immer wieder in Schuss halten und nicht den Verfall einziehen lassen. So stehen wir dann nicht vor dem Problem, dass wir auf einmal eine Riesensumme aufbringen müssen, um das Bad offen zu halten“, gibt Dahlmann zu bedenken. Eine Schließung des teuren Betriebes wurde immer wieder im Rat diskutiert, aber schlussendlich verworfen, zumal die Folgekosten einer Schließung ebenfalls hoch wären.

Ein Zauberwort im Kampf gegen den Verfall der Schwimmbadkultur heißt daher auch: „Interkommunale Zusammenarbeit“. Sprich: Man teilt sich die Schwimmbäder. Die Stadt Friedrichshafen etwa hat Verträge mit umliegenden Gemeinden getroffen. So steht das Sportbecken zu bestimmten Zeiten auch den Grundschulen aus dem benachbarten Tettnang zur Verfügung. Denn die Stadt hat zwar selbst knapp 20.000 Einwohner, aber nicht genügend Kapazitäten, den Schwimmbadbetrieb das ganze Jahr über sicher zu stellen. Denn der Ort hat zwar zwei Freibäder und ein Naturbad, aber eben kein Hallenbad.

Hallenbäder sollten für sich prüfen, ob eine zusätzliche Erlebnissauna oder attraktive Außenbereiche sinnvoll sind. Wer sich wohl fühlt, kommt häufiger und ist bereit, mehr zu zahlen.“

Robin Kähler, Vereinigung Sport- und Freizeiteinrichtungen e.V. 

In Bayern haben sich sieben Gemeinden und der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zusammengetan und ein neues Hochbauhallenbad in der Stadt Geretsried errichtet. Diese Investition ließen sie sich abzüglich einer Förderung rund elf Millionen Euro kosten. Doch für die Träger sind die laufenden Betriebskosten gering und überschaubar. Dieser Synergieeffekt ermöglicht es den Kommunen ihre Aufgaben zu erfüllen und gleichzeitig teure Altbestände abzustoßen. Stadtsprecher Thomas Loibl ist klar: „Die Aufgabe von uns Kommunen, ist es ja auch den Schwimmunterricht sicherzustellen. Die Schwimmfähigkeit der Schüler sicherzustellen ist ein öffentlicher Auftrag, den wir erfüllen wollen und müssen.“

Da ein solch großes Bad, mit vier Becken in zwei Hallen, viel Verkehr mit sich bringt, wurde der Standort mit Bedacht gewählt, so Loibl: „Wir haben das Hallenbad an unserem Schulzentrum platziert. Dort ist es ideal gelegen und macht wenig Probleme bei den Anwohnern.“ Der Verkehr war von Beginn an wichtiger Bestandteil der Planung, weshalb sich die bayerische Stadt dazu entschied, aus eigenen Mitteln noch ein Parkhaus daneben zu bauen.

Service in Schwimmbädern als Lockmittel

Doch was können Kommunen aktiv gegen das Schwimmbadsterben tun? „Städte und Gemeinden bieten zu wenig Anreize, bedarfsorientierter und kosteneffizienter zu wirtschaften“, sagt Robin Kähler, Vorsitzender der Internationalen Vereinigung Sport- und Freizeiteinrichtungen e.V. Der Experte für Sportstättenplanung empfiehlt, die Nachfrage für Schwimmflächen mit der tatsächlichen Nutzung verschiedener Gruppen über den Tagesverlauf hinweg zu analysieren. Der Hochschullehrer hat unter anderem in vielen Bäderentwicklungsplanungen die Erfahrung gemacht, dass Schulen oft mehr Stunden beantragen als sie benötigen, um flexibler planen zu können – das macht aber die tatsächliche Belegung der Halle intransparent. Die Wirtschaftlichkeit eines Bades lässt sich außerdem durch maßgeschneiderte Dienstleistungen verbessern. „Hallenbäder sollten für sich prüfen, ob ein ansprechender Gastronomiebereich, eine zusätzliche Erlebnissauna oder attraktive Außenbereiche sinnvoll sind. Wer sich wohl fühlt, kommt häufiger und ist bereit, mehr zu zahlen.“ Sie wollen ein nettes Ambiente, attraktive Preis- und Schwimm-Angebote sowie serviceorientiertes Personal. Darum investieren private Betreiber in Spaß- und Erlebnisbäder mit Zusatznutzen. Sie verbinden zum Beispiel Sport und Regeneration miteinander: zur einen Seite gehören Gymnastikkurse und das klassische Bahnen-Ziehen, zur anderen Saunalandschaften und Whirlpools.

Corona und die Schwimmbäder

Auch in der Gemeinde Asperg in Baden-Württhemberg möchte man auf das Freizeitangebot nicht verzichten und sieht das städtische Freibad als klare Daseinsvorsorge für die Bürger an. Das mit 25.000 Quadratmetern recht große Spaßbad ist ein wahrer Besucherhit, denn an den großen Becken gibt es nicht bloß eine 84 Meter lange Wasserrutsche und Sprungtürme, sondern auch eine gepflegte Grünanlage und ein Basketballfeld. Ein lokaler Unternehmer ist Pächter des Kiosks. Um die Besucher dazu zu bewegen, nicht mit dem Auto in die Stadt zu kommen, gibt es ausreichend Fahrradabstellplätze am Eingang.

Im vergangenen Sommer war der Schulschwimmbetrieb in Asperg nicht möglich, doch in diesem Jahr sind die Zuständigen im Rathaus zuversichtlich, dass es bald wieder Schüler geben wird, die hier ihre Bahnen ziehen, tauchen lernen und ihre Schwimmabzeichen machen. Die Verantwortliche für den Schwimmbadbetrieb bei der Kämmerei der Gemeinde, Isabela Mihaescu, betont die Bedeutung: „Es ist uns sehr wichtig, so einen Ort bei uns zu haben, auch weil das in unserer kleinen Gemeinde ein bedeutsamer Ort für Freizeitgestaltungen ist.“ Und so geht es vielen Gemeinden in Deutschland. Das eigene Schwimmbad ist ein bewahrenswerter Betrieb – auch wenn er viel Geld kostet, so bringt er doch viel Lebensqualität in die Städte.