Live am Teich, Stadt Buchholz Nordheide
Live am Teich in Buchholz in der Nordheide zieht die Menschen in die Stadt.
© Heinrich Helms/Stadt Buchholz

Zentrum

So kommt Schwung in die Innenstadt

Die 40.000 Einwohner-Stadt Buchholz in der Nordheide hat bei einer Onlinebefragung der Bürger zu ihrem Zentrum überdurchschnittlich positiv abgeschnitten. KOMMUNAL wollte wissen: Was macht Buchholz anders? Ein Besuch.

Der Weg vom kleinen Bahnhof in die Innenstadt ist nicht besonders aufregend. Er geht vorbei an Häusern aus rotem Backstein, nordisch schlicht.  Buchholz in der Nordheide ist eine ganz normale Kleinstadt.  „Wir haben wenig Tourismus, es kommen höchstens Tagestouristen, wenn sie vom Heidewanderweg bei uns vorbeischauen“, sagt Bürgermeister Jan-Hendrik  Röhse. „Zu uns kommen vor allem die Menschen aus dem Umland. Und das zahlreich.“

Innenstadt: Befragung in Buchholz in der Nordheide

Was KOMMUNAL in die größte Stadt im Landkreis Harburg führte, ist das Ergebnis einer Onlinebefragung der Bürger und Bürgerinnen im vergangenen Jahr.  Gefragt wurde danach, wie zufrieden die Buchholzer mit der Innenstadt sind.  Die Mehrheit der Teilnehmer bewertete die Entwicklung des Zentrums als positiv. In einer Zeit, in der die meisten Innenstädte immer leerer werden und um Zukunftskonzepte gerungen wird, stimmt dieses Ergebnis den Rathauschef optimistisch.  Die mit der Umfrage beauftragte Agentur bescheinigte der niedersächsischen Kleinstadt: „Im direkten Vergleich mit anderen ähnlich großen Städten in Deutschland schneidet Buchholz in der Nordheide überdurchschnittlich ab.“  

Innenstädte im Krisenmodus

Deutschlands Innenstädte sind seit Jahren im Krisen-Modus. Der größte Konkurrent: die schier unerschöpfliche virtuelle Einkaufswelt. Kommunalpolitiker quer durch die Republik treibt die Sorge um die Innenstädte immer mehr um.  In diesem Jahr werden Prognosen zufolge nochmals 5.000 Geschäfte ihre Türen für immer schließen. Ende 2024 werden seit 2020 somit 46.000 Ladengeschäfte aufgegeben haben. Im März verbesserte sich Umfragen zufolge die Verbraucherstimmung, die Kunden bleiben dennoch zurückhaltend.

Auch in Buchholz kämpfen die Händler um jeden Kunden. Denn immer mehr Menschen kaufen mit ein paar Klicks lieber von der Couch ein. Die Online-Umfrage in Buchholz hat aber ergeben, dass 61 Prozent der Teilnehmenden einen Shoppingbummel in der Innenstadt dem Online-Shopping vorziehen, und sie brachte noch eine positive Erkenntnis: dass die Besucherinnen und Besucher sich überdurchschnittlich lang in der Innenstadt aufhalten. 71 Prozent der Befragten bleiben bei einem Besuch  immerhin zwischen 30 und 120 Minuten in der Innenstadt - für eine Stadt mit 43.500 Einwohnern ein hoher Wert, ergab die Analyse.

Wochenmarkt

Kulturangebot zieht Menschen an

„Die Stimmung ist insgesamt positiv“, sagt der Bürgermeister. „Der Leerstand ist überschaubar, die Menschen kommen gern in die Innenstadt.“  Was ist der Grund?  Vor allem das vielfältige kulturelle Angebot zieht die Menschen an. Im Veranstaltungszentrum „Empore“ im Zentrum treten nationale und internationale Musiker, preisgekrönte Kabarettisten und Schauspieler auf. Konstantin Wecker steht in diesem Jahr mit den „Liedern meines Lebens“ auf dem Programm, die deutsch-amerikanische Entertainerin Gayle Tufts kommt und erstmals Comedian Atze Schröder. Geboten werden Theater, Musicals, Opern und klassische Konzerte, aber auch Poetry Slam. Viel Publikum reist zu den rund 200 Veranstaltungen im Jahr aus Buxtehude, Harburg, Lüneburg und Soltau an, und auch aus dem nur etwa 20 Zugminuten entfernten Hamburg.

Empore mit besten Besucherzahlen

Die Empore Buchholz GmbH, ein Tochterunternehmen der Stadt Buchholz, führt das Kultur-, Bürger- und Veranstaltungszentrum. Mit Erfolg: In den vergangenen beiden Jahren wurden die besten Besucher- und Abonnentenzahlen seit Bestehen erzielt, wie das kommunale Unternehmen jüngst mitteilte. „Dennoch bleibt das Veranstaltungszentrum ein Zuschussbetrieb“, sagt Bürgermeister Röhse. Es lohnt sich trotzdem: „Die Empore ist aus dem Stadtleben nicht mehr wegzudenken. Sie trägt maßgeblich dazu bei, die Menschen in die Innenstadt zu locken.“ Das gemütliche Bistro Lim´s im Erdgeschoss ist nicht nur zu den Veranstaltungsterminen gut gebucht, es gehört zu den beliebtesten Restaurants in Buchholz.

Collage Kulturveranstaltungen Buchholz in der Nordheide

Kultur gibt es nicht nur drinnen. Dafür sorgt eine mobile Bühne. Die Stadt schaffte sie für 40.000 Euro an. Dafür nutzte sie Geld aus dem von der EU-finanzierten Sofortprogramm „Perspektive Innenstadt“ des Landes Niedersachsen. Seit dem Auftakt im Sommer 2022 zieht die Sommerbühne mit diversen Veranstaltungen die Menschen in die Innenstadt.  „Live am Teich“ – ein kostenloses Kulturangebot - sorgt für gute Sommerlaune. Auch Vereine können die Bühne für eigene Veranstaltungen in der Innenstadt nutzen.

Auf dem Marktplatz ist vor allem mittwochs und sonnabends viel los. Von 7 bis 14 Uhr trifft man sich auf dem Wochenmarkt. „Wichtig ist, dass die Innenstadt gut erreichbar ist“, sagt der Bürgermeister. „Wir verfügen über ein gutes Bussystem, die Anbindung ist sehr gut.“  Offenbar herrscht in Buchholz auch keine Parkplatzknappheit. 41 Prozent der Besucher reisen mit dem Pkw an, nur 13 Prozent der Teilnehmer nannten bei der Online-Befragung Parkplatzprobleme im Innenstadtbereich. Knapp die Hälfte der Besucherinnen und Besucher kommt aber mit Fahrrad oder zu Fuß.

Fußgängerzone mit alten Bäumen

Die Fußgängerzone in Buchholz besteht aus mehreren Plätzen, verbunden über Straßen aus roten Klinkersteinen. Über 100 Jahre alte Eichen sorgen immer wieder für Schatten. Im vergangenen Jahr ließ die Stadt Spielgeräte aus Holz für Kinder aufbauen. „Die Grundschulkinder konnten dazu selbst Vorschläge machen“, so der Bürgermeister. Für die Neugestaltung der westlichen Fußgängerzone hat die Stadt das Förderprogramm „Perspektive Innenstadt" in Anspruch genommen. Insgesamt stehen ihr daraus 1,2 Millionen Euro zur Verfügung. Und weil die Innenstadt ganz oben auf der Agenda steht, beschäftigt Buchholz mit Daria Sankina  und Daniel Boedecker zwei City-Manager.

Citymanager über Förderprogramm

Was zeichnet Buchholz ihrer Ansicht nach aus?  „Die kompakte Struktur der Innenstadt bietet ein breites Angebot in fußläufiger Entfernung, sagt Darina Sankina. „Sie kann als Fünf-Minuten-Stadt beschrieben werden." Allerdings ist auch in Buchholz noch vieles zu verbessern. Bei der Online-Befragung wurden vor allem Angebote für Jugendliche genannt.  Das Citymanagement wird – angelegt auf zwei Jahre -  aus dem Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" finanziert. Zusätzlich entsteht ein Digitalisierungskonzept. Geplant sind zudem Schulungen für die Innenstadtakteure, um die eigene Präsenz auszubauen und das „Grundrauschen“ für die gesamte Innenstadt zu verstärken, erläutert Boedecker.  

Wirtschaftsrunde unterstützt Innenstadt

Um eine zukunftsfähige Innenstadt zu schaffen, sind viele Akteure notwendig. Die Buchholzer Wirtschaftsrunde unterstützt den Buchholz Marketing e.V über Mitgliedsbeiträge mit rund 45.000 Euro im Jahr.  Die Stadt beteiligt sich zusätzlich mit 25.000 Euro und unterstützt personell die Planung der Veranstaltungen. Beliebt sind auch das Stadtfest und der Weihnachtsmarkt.  

Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse

Innenstadt braucht grüne Erholungs-

Inseln, gute Einkaufs­möglichkeiten und ein

reichhaltiges kulturelles Angebot.“

Jan-Hendrik Röhse, Bürgermeister von Buchholz in der Nordheide

Wenn der Bürgermeister aus seinem Amtszimmer schaut, fällt sein Blick auf die hochgewachsenen Eichen im Rathauspark. Gerade blüht der Kirschbaum vor dem Fenster.  „Am schönsten ist es, wenn unten die Mutter-Kind-Gruppe zur Morgen-Gymnastik zusammenkommt und die Kinder und Jugendlichen Ball spielen“, sagt er.  Für ihn ist Innenstadt: Grüne Erholungs-Inseln, gute Einkaufsmöglichkeiten und ein reichhaltiges kulturelles Angebot.

Zu den Umfrageergebnissen.

So beleben Kommunen die Innenstadt
Der Marktbus Losheim am See (Saarland) verkehrt an Markttagen zwischen dem Kernort und den zwölf Ortschaften und bringt so die Menschen ins Ortszentrum.
Mit dem „Sofortprogramm Innenstadt und Ortszentren“ mietet die Stadt Werne an der Lippe (NRW) leerstehende Ladenlokale zu vergünstigtem Mietpreis an und vermietet sie vergünstigt weiter.
Hanau in Hessen kauft leerstehende Immobilien, zuletzt das Galeria-Kaufhof-Gebäude für 25 Millionen Euro. Zunächst sollen dort Pop-up-Stores eröffnen.

Fotocredits: Bürgermeister Jan Hendrik Röse Gudrun Mallwitz Alle andere Fotos Heinrich Helms/Stadt Buchholz