Viele Kommunen haben Interesse an der Einführung einer Verpackungssteuer - erste Kommunen wollen sie auch auf Pizzakartons und Co ausdehnen - ein Überblick
Viele Kommunen haben Interesse an der Einführung einer Verpackungssteuer - erste Kommunen wollen sie auch auf Pizzakartons und Co ausdehnen - ein Überblick
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Nach dem Urteil

Zahlreiche Kommunen prüfen Einführung einer Verpackungssteuer

Genau drei Wochen ist das Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Verpackungssteuer jetzt alt - die schriftliche Begründung steht noch aus. In vielen Rathäusern wird nun aber schon eifrig geplant. Vor allem größere Städte haben großes Interesse an der Einführung. Inhaltlich gehen sie dabei recht unterschiedlich vor. Ein Überblick!

In Tübingen steht das Telefon bei beim dortigen Klimaschutzbeauftragten Bernd Schott seit dem Grundsatzurteil zur Verpackungssteuer kaum noch still. Die Stadt hatte war bei der Steuer auf Einwegverpackungen in Restaurants vorgeprescht - und bekam vor Gericht recht. Die Steuer selbst hatte die Stadt vorher schon eingeführt, die Klage eines Fast-Food-Restaurants ging durch mehrere Instanzen. Bis auf Kleinigkeiten in der Verordnung billigte das Gericht die Verpackungssteuer in Tübingen und stellte vor allem fest: " Es handelt sich um eine örtliche Verbrauchsteuer im Sinn des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, für deren Einführung die Stadt Tübingen zuständig war." Die Begründung: In der Regel werde ein Menü bald verzehrt und somit fällt der Verpackungsmüll im Ort an und ist somit ein lokales Thema. 

Mehr als 30 Städte und Gemeinden hätten inzwischen bei der Stadt Tübingen um Informationen zur Verpackungssteuer gebeten, so der Klimaschutzbeauftragte Bernd Schott. Darunter seien sogar schon Anfragen aus dem Ausland gewesen. Erst am Mittwoch hielt ein Mitarbeiter der Stadt zum Thema Verpackungssteuer einen Vortrag bei einer internationalen Veranstaltung zum Thema Klimaschutz. 

Verpackungssteuer scheint für rund 500 Kommunen interessant zu sein 

Nicht nur Tübingen rührt für die Verpackungssteuer kräftig die Werbetrommel. Auch der umstrittene Verband "Deutsche Umwelthilfe", der sonst vor allem mit Klagen zum Thema Diesel-Fahrverbote bekannt wurde, bietet Tagungen und Informationen über die rechtlichen Möglichkeiten der Besteuerung von Mehrwegverpackungen an. Rund 500 Kommunen hätten sich schon informiert, so der Lobbyverband. 

In Tübingen selbst sei man zwar gerne bereit, Wissen weiterzugeben, Bernd Schott räumt aber auch ein, dass er die Anfragen aktuell kaum noch bewältigen kann. Daher habe die Stadtverwaltung nun eine Standard-E-Mail verfasst, die alle häufig gestellten Fragen beantwortet. Eine Informationsbroschüre (ausgerichtet auf die Bürger von Tübingen) ist auch online verfügbar. HIER finden Sie den Link. 

Das Interesse von Kommunen besteht derweil in ganz Deutschland. Im Saarland etwa diskutieren Verwaltung und Gemeinderäte aktuell in Saarbrücken und St. Wendel über eine mögliche Einführung, die Verwaltungen prüfen bereits die rechtlichen Rahmenbedingungen. Entscheiden muss am Ende der Stadtrat. In St. Ingbert hingegen stößt das Konzept der Verpackungssteuer bei der Verwaltung auf heftige Ablehnung. 

Ein Sprecher der Stadt sagte dazu dem Saarländischen Rundfunk: "Nach unserer derzeitigen Bewertung überwiegen die Nachteile einer solchen Steuer und sind nicht zielführend." Sie bringe einen hohen Bürokratieaufwand mit sich, außerdem sei zu viel Personal nötig, um alle Betriebe kontrollieren zu können.

Auch in Kommunen in Bayern ist das Interesse an der Einführung einer Verpackungssteuer groß - Die Stadt München etwa zeigt sich offen. Hier liegen auch bereits Anträge von zwei Fraktionen im Stadtparlament zur Einführung vor. 

In Bamberg wird ebenfalls schon an einer Satzung gearbeitet, bis Ende des Jahres soll sie stehen. Der zweite Bürgermeister der Stadt, Jonas Glüsenkamp, gibt aber auch zu bedenken, dass ihm im Gespräch mit Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer klar geworden sei, dass für den Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der Verpackungssteuer weiteres Personal notwendig sei. Er meint aber auch, Kommunen seien grundsätzlich verpflichtet, alle Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. Er wünscht sich deshalb ein städteübergreifendes Vorgehen. 

In Nürnberg denkt die Verwaltung sogar schon weiter. Man könne sich vorstellen, die Verpackungssteuer um eine Sonderabgabe für Produkte aus Einwegplastik auch auf Pizzakartons, Aluminiumschalen und Kaugummis auszudehnen. 

Andere Städte bleiben noch kritisch 

Nicht nur in Bamberg sieht man neben den Chancen auf neue Einnahmen und die Lenkungswirkung beim Thema Verpackungsmüll auch Gefahren. Die Bundeshauptstadt Berlin etwa lehnt eine lokale Steuer ab. Wenn, dann könne man sich eine solche Steuer nur auf Bundes- oder EU-Ebene vorstellen. Eine kommunale Einführung würde zu einer zerklüfteten Steuerlandschaft führen, heißt es aus dem Senat. Eine Sprecherin sagte, man fürchte zudem "Beschwerden hinsichtlich Gleichbehandlung und Wettbewerb". 

In Stuttgart derweil zweifelt man an der Wirksamkeit der Steuer. Eine von der Universität Tübingen veröffentlichte Studie zeige, dass eine solche Steuer nicht automatisch zur Reduktion von Verpackungsmüll führt. Die Stadt setzt daher auf eine sogenannte Mehrweg-Angebots-Pflicht. Konkret: Man untersuche im Moment gemeinsam mit der Gastronomie, wie Mehrwegsysteme funktionieren können, die dann von der Kundschaft auch angenommen werden.