Rettungsschirm
Die Energiekrise bedroht auch kommunale Unternehmen wie Stadtwerke und Kliniken. Die Kommunen fordern einen eigenen Rettungsschirm
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Bund-Länder-Treffen

Kein eigener Rettungsschirm für Stadtwerke und Kliniken

Schon seit Wochen schlagen die Kommunen Alarm wegen der in finanzielle Bedrängnis geratenen Stadtwerke und Krankenhäuser. Doch das Bund-Länder-Treffen zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und den Regierungschefs der Länder brachte nicht den erhofften Erfolg. Im Gegenteil. Das sind die einzelnen Beschlüsse!
Aktualisiert am 5. Oktober 2022

Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich für einen Rettungsschirm stark gemacht, um den Stadtwerken und Krankenhäusern in der Energiekrise zu helfen. Vielen dieser kommunalen Unternehmen droht die Insolvenz. Doch beim Bund-Länder-Treffen am Dienstag hat es dazu keine Einigung gegeben. Denn der Bund ist bislang dagegen. Im Beschluss, der KOMMUNAL vorliegt und der am Ende des Artikels als PDF zu finden ist, heißt es dazu: Mit den umfangreichen Entlastungsmaßnahmen, insbesondere den Energiepreisbremsen, dürfte vielfach die Notwendigkeit für gesonderte Maßnahmen für einzelne Zielgruppen entfallen.

Rettungsschirm für Stadtwerke und Kliniken gefordert

In Aussicht gestellt ist lediglich: Soweit sich weiterer Hilfebedarf  ergibt, werden Bund und Länder über zusätzliche Maßnahmen beraten - etwa für Industrie, kleine und mittlere Unternehmen, Handwerk und Einzelhandel. Das gelte auch für kommunale Energieversorger, vor allem Stadtwerke, Krankenhäuser sowie Universitätskliniken und Pflegeeinrichtungen sowie die soziale Infrastruktur und Bildungseinrichtungen und Kultur und Sport. Im Beschlusspapier ist explizit festgehalten, dass aus Sicht der Regierungschefs ohne eine nachhaltige Beeinträchtigung bei der Finanzierung der übrigen notwendigen Aufgaben Länder und Kommunen ihren Beitrag nur leisten können, wenn es zu einer deutlichen Entlastung der Länder und Kommunen durch den Bund kommt.

Strom- und Gaspreisbremse: Kommission arbeitet

Nach dem Bund-Länder-Treffen bleibt unklar, wie die geplante Strom- und Gaspreisbremse ausgestaltet und umgesetzt werden kann. "Die genaue Ausgestaltung wird unter Berücksichtigung der Arbeit der „ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme“ festgelegt werden", steht im Beschluss. "Sie wird zeitnah im Oktober ihre Vorschläge präsentieren." Dies soll früher als ursprünglich geplant passieren.

Verständigt haben sich Bund und Länder darauf, dass die Gaspreisbremse über den  Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) finanziert wird, der WSF wird vom Bund noch in diesem Jahr  mit zusätzlichen Kreditermächtigungen in Höhe von 200 Milliarden Euro ausgestattet werden.

Zufallsgewinne sollen abgeschöpft werden

Bund und Länder sind sich einig, dass zur Gegenfinanzierung auch im Energiesektor erzielte Zufallsgewinne abzuschöpfen sind. Der Bundeskanzler und die  Regierungschefs  begrüßen in diesem Zusammenhang die politische Einigung des Rates der Energieminister der Europäischen Union zur Einführung einer EU-Solidarabgabe für Unternehmen im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich.

Schutzschirm am Wohnungsmarkt

Bund und Länder halten Erleichterungen bei der Insolvenzantragspflicht sowie Maßnahmen im Wohnungswesen (z. B. durch Gewährleistung eines angemessenen Schutzes durch das soziale Mietrecht, Schutzschirm für die Wohnungswirtschaft und private Vermieter) für nötig. Bund und Länder stimmen darin überein, dass Regelungen zur Stundung von Steuern und die Aussetzung von Steuervorauszahlungen vorzusehen sind.

Nachfolge des 9-Euro-Tickets ungeklärt

 Zum Nachfolger des 9-Euro-Tickets gab es keine Verständigung.  Aus Sicht des Bundes sollte es eine Nachfolgeregelung für das sogenannte 9-Euro-Ticket geben. Aus Sicht der Länder ist neben einer Nachfolgeregelung für das Ticket zugleich auch eine Steigerung der Regionalisierungsmittel zur Qualitätsverbesserung sowie in Hinblick auf die massiven Energiepreissteigerungen erforderlich. Über den konkreten Weg und die jeweilige Finanzverantwortung bestehen unterschiedliche Vorstellungen bei Bund und Ländern, so die Formulierung. Die Verkehrsminister des Bundes und der Länder sollen zeitnah dazu verhandeln.

Flüchtlinge, Wohngeld - Entscheidung vertagt

Offen geblieben ist auch, wer die Zusatzkosten durch das neue Wohngeldgesetz übernimmt, mit dem der Kreis der Empfänger stark erweitert wird - und wie die Verfahren vereinfacht werden können. Außerdem wurde kein Beschluss zur Finanzierung im Zusammenhang mit der steigenden Zahl von Flüchtlingen gefasst. Dabei haben dies die Kommunen stark gehofft  Sie wissen nicht, wo sie die zu erwartenden Flüchtlinge unterbringen sollen. Schon jetzt müssen Turnhallen für sie bereit gestellt werden.  "Bund und Länder werden die vereinbarten Gespräche zur Flüchtlingsfinanzierung zeitnah zum Abschluss bringen und dabei auch über den Verlauf des Jahres 2022 sprechen", heißt es in dem Beschluss.

 Städte- und Gemeindebund: Wichtige Beschlüsse vertagt

"Wir hätten uns bei der Strom- und Gaspreisbremse gewünscht, dass klar bestimmt wird, was das bedeutet für die Krankenhäuser, die Stadtwerke und natürlich auch für die Bürger und die Wirtschaft", kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, das Ergebnis der Runde. "Der Winter steht vor der Tür, die ersten Abschlagsrechnungen kommen, wir müssen unsere Haushalte aufstellen." Er bedauerte, dass Bund und Länder sich weder auf eine Nachfolgelösung für das 9 Euro-Ticket geeinigt haben, noch zu dem notwendigen Flüchtlingsgipfel von Bund, Ländern und Kommunen bekannt hätten.. "Zwar werden zusätzliche Leistungen des Bundes in Aussicht gestellt – und das ist gut und richtig. Man hätte sich allerdings ein klares Bekenntnis der Bundesländer gewünscht, ihre Erstaufnahmekapazitäten weiter auszubauen", so Landsberg zu KOMMUNAL. Auch eine Absprache zu einer gerechteren Verteilung der aus der Ukraine kommenden Flüchtlinge, wäre notwendig. "Finanzielle Regelungen sind gut, lösen aber das Grundproblem alleine nicht", sagte der Vertreter der Kommunen.

Das beim Bund-Länder-Treffen verabschiedete Beschlusspapier: