Ein Teil des Dachauer Mooses soll wieder vernässt werden
Sonnenuntergang im Dachauer Moos
© Stefan Gerstorfer

Klimaschutz

Moore helfen bei Hitze und Starkregen

Mit Moor-Renaturierung für ein besseres Klima: Intakte Moore und Feuchtgebiete sind immens wichtige Kohlenstoffspeicher. In Bayern versucht der Verein Dachauer Moos eine Kehrtwende. Dafür müssen allerdings alle Beteiligten an einem Strang ziehen: Kommunen, Freistaat und Landwirte.

Seit 25 Jahren ist es die Aufgabe des Vereins Dachauer Moos, die heimische Landschaft zu pflegen und den Bewohnern der Region die heimische Flora und Fauna näherzubringen. Neben der Bildungsarbeit setzt sich der Verein für Renaturierungsmaßnahmen ein.  Eine wichtige Klimaschutz-Maßnahme wäre es nach Ansicht des Vereins, die Moore im oberbayerischen Landkreis Dachau wieder zu vernässen. "Das ehemalige Niedermoor wurde für den Torfabbau vor etwa 150 Jahren stark entwässert, fast flächendeckend abgetorft und der Grundwasserstand stark abgesenkt. In einer boomenden Metropolregion gelegen, folgte der Ausbau von Siedlungs- und Infrastrukt", erklärt Robert Rossa vom Verein Dachauer Moos.

Zudem werden 2.500 Hektar von ehemals 4.000 Hektar Moorboden  längst landwirtschaftlich genutzt. Von einem "natürlichen Moor" könne hier also schon lange nicht mehr die Rede sein. Im "Moorökologischen Gutachten östliches Dachauer Moos“ wurde die Moorfläche mit noch intakten Torfmoosen auf gerade einmal ein Promille geschätzt. Moor-Biotope, also zum Beispiel Pfeifengraswiesen und Moorwälder, gibt es noch ein wenig mehr. Die Renaturierung ehemaliger Moore gestaltet sich, obwohl wünschenswert, also als äußerst schwierig. In der Region Dachau soll es trotzdem versucht werden. 

Nasse Böden: Bauern ins Boot holen

Ohne die heimischen Bauern mit ins Boot zu holen, ist eine Wiedervernässung also kaum möglich. "Der ökonomische Ertrag ist bei einer Nassbewirtschaftung aber nur ein Bruchteil dessen, was der Landwirt etwa durch Biogasmais erlöst. Es müssen also jährlich Ausgleichszahlungen geleistet werden, da die Ackernutzung auf den Moorböden rechtlich eine ordnungsgemäße Landwirtschaft ist." Robert Rossas Zahlen machen deutlich, um welche Dimensionen es sich alleine in seinem Landkreis handelt: Der Verkehrswertverlust der Grundstücke sinken bei einem Übergang vom Acker zum Grünland. Während in der Region ein Quadratmeter Ackerland um die 20 bis 25 Euro wert ist, kommt nasses Grünland auf höchstens 5 Euro pro Quadratmeter. Robert Rossas Bilanz: "Bei einem Verkehrswertverlust von nur 10 Euro durch Umnutzung von Acker- auf Grünland sind das alleine 200 Millionen Euro." Aber das sind nicht die einzigen Probleme.

Bürgermeister unterstützt Renaturierung des Moors

Ein wichtiger Befürworter der Renaturierung ist Peter Felbermeier, Bürgermeister von Haimhausen im Kreis Dachau an der Amper, und erster Vorsitzender des Vereins Dachauer Moos. Für ihn hat die Wiedervernässung einen sehr hohen Wert, aber er ist zu sehr Realist, um eine umfangreiche Renaturierung tatsächlich als Ziel auszugeben. "Eigentumsrechte genießen in einer Demokratie - zu Recht - einen hohen Schutz", sagt der Bürgermeister und verweist auf die hohen Investitionskosten, die die Landwirte auf dem Moorgelände  getätigt haben.

Dachauer Moos nur zum Teil in öffentlicher Hand

"Natürlich wird eine Renaturierung realistischer, sofern sich das Gebiet in der öffentlichen Hand befindet, aber das trifft nur auf maximal fünf bis zehn Prozent des Dachauer Mooses zu und ob ausgerechnet in diesen Gebieten eine Wiedervernässung Sinn macht, ist auch noch nicht abzusehen. Ohne die bereits 2016 in Auftrag gegebenen Gutachten, können wir dazu noch gar  keine Angaben machen", sagt der Bürgermeister.  Derzeit habe er allerdings auch nicht das Gefühl, dass die beantragten Gutachten prioritär  behandelt würden. "Generell sind wir uns in der Region aber  schon einig, dass eine teilweise Renaturierung Sinn macht", erklärt Peter Felbermeier. Er verweist aber auch auf die vielfältigen Interessen, die die öffentliche Hand berücksichtigen müsse: "Natürlich haben die Kommunen auch jeweils eigene Interessen in einer Boomregion vor den Toren von München. Wenn in einer Nachbarkommune etwa die demokratische Entscheidung fällt, dass eine Umgehungsstraße quer durch das Vereinsgebiet realisiert werden soll, dann steht das natürlich im Zwiespalt mit unseren Bemühungen, dass Dachauer Moos wenigstens zum Teil wieder Moor werden zu lassen."    

Bayern will 25 Prozent renaturieren 

Die sogenannte Wiedervernässung der bayerischen Moore steht auf der Klima-Agenda des Freistaates ganz oben. Kein Wunder: Allein in Bayern emittieren nach Angaben der bayerischen Staatsregierung entwässerte Moore rund 5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr. "Moorschutz hat in Bayern eine herausragende Bedeutung. Moore sind einzigartige Ökosysteme und faszinierende Naturräume. Intakte Moore sind CO2-Tresore und damit für den Klimaschutz unverzichtbar. Unsere Moore sind wahre Alleskönner. Sie sind Schatzkammern der Artenvielfalt und sie helfen uns, Wasser in der Landschaft zu speichern. Wir wollen insgesamt 55.000 Hektar Moore von  220.000 Hektar Moorflächen in Bayern - als natürlichen CO2-Speicher renaturieren”, erklärte im Februar Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber und versprach 12,5 Millionen Euro für Maßnahmen im Bereich Moorschutz im neuen Haushalt. Eine Nachricht, die Bürgermeister Felbermeier und Robert Rossa vom Verein Dachauer Moos gerne gehört haben. Allerdings seien die Millionen, sagt Peter Felbermeier nur "ein Tropfen auf den heißen Stein". "Allein die laufende Entschädigung der Landwirte im Dachauer Moos wäre höher als die Gesamtsumme, die der Minister für die Wiedervernässung bayerischer Moore auszugeben gewillt ist."

Moore binden sechsmal mehr CO2 als Wälder 

Einst bedeckte eine Moorfläche von der Größe des Bundeslandes Sachsen deutsche Landschaften - etwa 1,5 Millionen Hektar. In den vergangenen Jahrzehnten wurden 95 Prozent der ehemaligen Flächen entwässert, der Torf abgeerntet, die Landschaft bebaut oder landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzt. Aus Sicht des Klimaschutzes ein katastrophaler Fehler. Moore sind nämlich ein enorm effektiver Kohlenstoffspeicher, effektiver noch als gesunder Wald. Ein Hektar Moor, sagen Fachleute, bindet sechsmal so viel CO2 wie eine gleich große Waldfläche - im Durchschnitt 700 Tonnen CO2 pro Hektar. Außerdem sorgen intakte Moore bei Hitze und Dürre für sinkende Temperaturen. Bei Starkregen dagegen fungiert ein Moor wie ein saugender Schwamm.

Um dieses Gebiet geht es: das Dachauer Moos

Welche Flächen kommen für eine Wiedervernässung infrage?

Robert Rossa vom Verein Dachauer Moos hält das für eine gute, aber derzeit nicht wirklich beantwortbare Frage: "Dafür brauchen wir Fachgutachten und die müssen von der oberbayerischen Regierung im Rahmen des Klimaprogramms Bayern Moore 2050 in Auftrag gegeben werden. Bislang warten wir darauf und das schon lange. Eines wissen wir aber schon jetzt: Durch die dichte Besiedlung, die vielen Straßen in Verbindung mit der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung auf stark entwässerten Böden mit tiefem Grundwasserstand haben wir hier Verhältnisse, die kaum vergleichbar sind mit denen der Moore im Alpenvorland oder in Niedersachsen.

Mit anderen Worten: Der Anteil vernässbarer Flächen ist derzeit nicht abschätzbar, dürfte aber im Westen des Dachauer Mooses höher liegen, als im Osten. Richard Rossa nennt - neben den entsprechenden Gutachten - weitere Voraussetzungen: rechtliche Genehmigungen zur Wiedervernässung auf der Grundlage der Gutachten, der Ausschluss von Nachbarschaftskonflikten, die Flächenverfügbarkeit, das noch nicht fertige Moorbauernprogramm des Freistaates - und einen langen Atem.  

Fotocredits: Stefan Gerstorfer