Das deutsche Gasnetz - ein Auslaufmodell?
Werden die deutschen Gasnetze schon vor 2045 überflüssig?
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Wärmwende

Gasnetze - ein Auslaufmodell für Kommunen?

Laut einem neuen Gesetzentwurf sollen Kommunen die Möglichkeit bekommen, aus der Gasversorgung auszusteigen. Eine gute Idee? Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hält den Schritt langfristig für unumgänglich, weiß aber auch, warum die Kommunen zögern.

Derzeit werden 48,2 Prozent der 40,6 Millionen Wohnungen in Deutschland mit Erdgas beheizt.  Lange galt das Heizen mit dem günstigen Energieträger als lohnendes Geschäft - auch für die kommunalen Energieversorger.  Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hat sich das geändert. Jetzt sieht ein Gesetzentwurf aus dem Bundeswirtschafts- und Energieministeriums vor, dass die Grundversorger, also auch die kommunen Stadtwerke, die Möglichkeit erhalten, aus der Gasversorgung auszusteigen. Alte Anschlüsse sollen gekündigt und neue Anschlüsse abgelehnt werden können. Die Versorgung mit Wärme muss natürlich zuvor durch alternative Energieträger sichergestellt sein. Damit will Robert Habeck die Wärmewende beschleunigen, damit spätestens ab 2024 klimaneutrales und CO2-freies Heizen die Regel ist.  

Gasnetze stilllegen: Anreize fehlen

Zeitnah die Netze aufgeben? Ist das eine gute Idee für Kommunen und ihre Stadtwerke? Immerhin wurden wurden laut der ernergie:bau, dem Portal für Architektur und Technik, alleine in 2023 weitere 1,1 Millionen neue Gasheizungen installiert. Zwei gute Argumente für den Ausstieg gibt es: Die zu erwartenden Preisschwankungen am Markt und die damit verbundenen Haushaltsrisiken für Kommunen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung konstatiert in einem in diesem Jahr erschienenen Bericht: "Die bestehenden Verteilnetze für Erdgas werden aufgrund der Dekabonisierung der Wärmeversorgung in großen Teilen stillgelegt werden müssen." Für die Gasnetzbetreiber, private und kommunale, bestünden allerdings dazu weder regulatorische noch wirtschaftliche Anreize für einen solchen Schritt. 

Gasnetze stattdessen rekommunalisieren?

Derzeit haben den deutschen Gasmarkt 16 Fernleitungsnetzbetreiber unter sich aufgeteilt. Laut DIW gibt es für die Kommunen zwei Möglichkeiten, die Gasnetze zurück in die Hände der Kommunen zu bringen. Zum einen mit einem eigenen Angebot durch einen kommunalen Betreiber bei der Neuvergabe der Konzessionen. Zum anderen können die Kommunen den Netzbetreiber auch kaufen. Aber wäre das sinnvoll, angesichts der angestrebten Abkehr vom Gas? Das DIW sieht zumindest Risiken: In der Übernahme der privatwirtschaftlichen Verpflichtungen des Betreibers und in der schwierigen Kalkulation der zukünftigen Entwicklung. "Die Entscheidung für die Rekommunalisierung sollte in jedem Fall in einen kommunalen Wärmeplan eingebettet sein, aus dem die verbleibenden Gasmengen nachvollziehbar hervorgehen und der so den Rahmen für den verbleibenden Netzbetrieb vorgibt. Der Wärmeplan sollte dabei die absehbar geringen Wasserstoffmengen und den Rückgang der Wärmenachfrage insgesamt berücksichtigen."

Wasserstoff in Gasleitungen - die Zukunft?

Gasnetze sind als Leitungen für Wasserstoff nutzbar zu machen. Wenn Wasserstoff tatsächlich ein wesentlicher Energieträger der Zukunft sein soll, dann wäre eine Stilllegung der Gasnetze in den kommenden Jahren eher kontraproduktiv. Das sieht das DIW anders. Es bestehe in der Wissenschaft ein weitgehender Konsens, dass Wasserstoff ungeeignet für den Einsatz in Heizungssystemen sei, da er knapp, teuer und ineffizient sei. Die wahrscheinlich besseren Alternativen: Wärmepumpen, Geothermie sowie Fern- und Nahwärmenetze.

Gasnetze: Schrittweise stilllegen

Das DIW plädiert für eine schrittweise Stilllegung der Gasnetze - im Gleichklang mit der Abwendung der Verbraucher von Gas als Energieträger. Der erste Schritt auf dem Weg dorthin: wieder einmal die kommunale Wärmeplanung. Allerdings zeige die Auswertung der ersten Wärmepläne, dass Kommunen die Zukunft der Gasnetze mit Verweis auf die großen Unsicherheiten ausklammern würden. 

Gas hat keine Zukunft - Wasserstoff zum Heizen allerdings auch nicht.

Das brauchen die Kommunen

Das DIW stellt klar: "Kommunen und Stadtwerke brauchen in Zukunft Unterstützungsangebote, um den Rückgang der Erdgasnachfrage adäquat aufzufangen. Dies kann zum Beispiel die Entwicklung neuer Finanzierungskonzepte für die Bereitstellung von Diensten der Daseinsvorsorge beinhalten." Zudem, heißt es in dem Report, "sollten die Kommunen ermutigt werden, einen klaren Fahrplan für die vorhandene Erdgasverteilnetzinfrastruktur zu entwickeln, auch wenn dies bisher nicht explizit im Wärmeplanungsgesetz gefordert wird". 

Den Bericht des DIW können Sie hier herunterladen.   

Fotocredits: DIW