Die Diskussion um das Vorkaufsrecht gewinnt an Fahrt - das Bauministerium hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt - was er für Kommunen bedeutet
Die Diskussion um das Vorkaufsrecht gewinnt an Fahrt - das Bauministerium hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt - was er für Kommunen bedeutet
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Recht Aktuell

Vorkaufsrecht für Kommunen: Was das für Städte, Mieter und Vermieter bedeutet

Es ist im Moment noch eine Referentenentwurf. Und wer den parlamentarischen Alltag in Berlin kennt, weiß, dass kaum ein Gesetz die Ausschüsse im gleichen Wortlaut verlässt, wie er eingebracht wurde. Und doch zeigen auch die Expertenanhörungen bereits, wohin die Richtung gehen wird. Eine Analyse der bisherigen Diskussion über die geplante Wiedereinführung des Vorkaufsrechts und die Auswirkungen für Kommunen.

Das Vorkaufsrecht für Kommunen gab es schon einmal. Bis es im November vergangenen Jahres vom Bundesverwaltungsgericht gekippt wurde. Der Grund: Das Gericht sah die Rechtslage für das Vorkaufsrecht als nicht ausreichend an. Konkret waren dem Gericht die Begründungen der Kommunen für das Nutzen des Vorkaufsrechts nicht ausreichend. Die hatten immer wieder argumentiert, dass beim Verkauf einer vermieteten Wohnung die Lage für Mieter geschwächt werde, vor allem durch dann steigende Preise beziehungsweise den Versuch, den Mieter aus der Wohnung zu drängen. Das Gericht meint aber, man dürfe nicht generell die Annahme zugrunde legen, dass der andere Käufer die Mieter verdrängen könnte. Das müsse rechtlich genauer definiert werden. Aktuell gilt daher die Regelung, dass das Vorkaufsrecht nur noch in sehr engen Grenzen anwendbar ist, etwa wenn ein Haus verwahrlost oder leer steht. Kommunenvertreter und Bauministerium wünschen sich aber umfassendere Vorkaufsrechte. 

Genau darauf zielte bereits Anfang des Jahres ein Gessetzesentwurf der Partei Die Linke im Bundestag. Nun hat das Bauministerium selbst einen Referentenentwurf erstellt, der künftig mehr Rechtssicherheit gewährleisten soll. Hauptziel: Das Vorkaufsrecht für Kommunen soll wiederkehren und künftig klarer definiert für städtische Bereiche mit besonders angespanntem Wohnungsmarkt gelten, den sogenannten Mileuschutzgebieten. 

Vorkaufsrecht soll Umwandlung in Eigentumswohnungen erschweren 

Der Gesetzesentwurf des Ministeriums hebt vor allem auf die Umwandlung von Mietwohnungen in Wohneigentum ab. Nach dem neuen Entwurf könnten diese künftig bis zu 20 Jahre ausgeschlossen werden. Auch der Zeitraum, in dem Wohnungen vom Käufer nur an die Mieter verkauft werden können, soll erweitert werden. Bisher ist das sieben Jahre lang möglich. Für Mieter würde somit der Gesetzesentwurf des Bauministeriums deutlich mehr Rechte bei einem Eigentümerwechsel vorsehen. Konkret heißt das: will ein privater Käufer abwenden, dass die Kommune die Wohnung selbst kauft, muss er sich verpflichten, die Mileuschutzsatzung für bis zu 20 Jahre anzuerkennen. Dabei muss er etwa zusagen, keine "Luxussanierungen" vorzunehmen. Der Gedanke dahinter: Das verlängerte Vorkaufsrecht soll vor allem für professionelle Investoren den Kauf unattraktiver machen.

Denn für Investoren würden die Hürden mit dem neuen Gesetz höher. Vor allem die sogenannten Anwendungsvereinbarungen sollen verschärft werden. Mit solchen Vereinbarungen können die Käufer das Vorkaufsrecht verhindern. Neben dem Mileuschutz steht vor allem das Thema "Luxussanierung" im Vordergrund. Was aber - laut Kritikern auch bedeutet - dass aufwändige energetische Sanierungen schwieriger werden. Der Umbau etwa in altersgerechte Wohnungen werde so massiv erschwert, heißt es etwa vom Immobilienverband Deutschland.  

Vorkaufsrecht - zu welchem Preis? 

Umstritten ist auch , zu welchem Preis die Kommune kaufen könnte. Wird der Marktwert angesetzt, ist der Kauf zwar sozialpolitisch zu begründen. Städten und Gemeinden dürfte es jedoch schwer fallen, die Summen aufzubringen und somit könnte das Vorkaufsrecht in vielen Fällen an der Finanzierung scheitern. Der Deutsche Mieterbund etwa fordert deshalb, dass Kommunen nur einen spekulationsbereinigten Verkehrswert zahlen müssen. Das würde aber faktisch bedeuten, dass der Staat gegen den grundgesetzlich garantierten Schutz des Eigentums verstößt. Juristisch mehr als heikel, weshalb diese Forderung im Gesetzesentwurf des Ministeriums bisher nicht auftaucht. In der jüngsten Anhörung zum Thema im Fachausschuss kamen sowohl Befürworter als auch Kritiker zu Wort, die Argumente und Forderungen fassen wir noch einmal stringent zusammen.

So läuft die Diskussion um das Vorkaufsrecht

Beim Bundesverband der kommunalen Spitzenverbände stößt der Gesetzesentwurf grundsätzlich auf Zustimmung, allerdings fordert der Verband, zusätzlich auch den Paragrafen 27 des Baugesetzbuches zu verändern. In ihm wird geregelt, wann der Käufer einer Immobilie das Vorkaufsrecht abwenden kann. Es müsse sichergestellt werden, dass es nur dann abgewendet werden kann, wenn der Erwerber sich verpflichtet, die von der Gemeinde festgelegten Erhaltunsgsziele einzuhalten. Der eingeladene Experte der Universität Augsburg, Professor Martin Kment empfahl zudem, den Paragrafen 172 neu zu definieren. Darin geht es um die Erhaltung baulicher Anlagen und der Eigenart von Gebieten (Erhaltungssatzung). Es müsse den Gemeinden darüber ermöglicht werden, mit den neuen Eigentümern milieuschützende Abwendungserklärungen zu vereinbaren.

Gegen die Pläne votieren die Immobilienverbände. Mieter würden bereits durch andere Regelungen, etwa die Erhaltungssatzungen und das Mietrecht, geschützt. Außerdem sei das kommunale Vorkaufsrecht „ein sehr teures Instrument“. Allein in Berlin seien dafür mehr als 500 Millionen Euro aufgewendet worden. „Dieses Geld hätte es besser zielgerichtet etwa in den Neubau von Sozialwohnungen investiert,", so der Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V., Dirk Salewski. Der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA) warnt, eine Ausweitung der Vorkaufsrechte behindere oder verhindere Neuinvestitionen. 

Bisher nutzen vor allem Großstädte das Vorkaufsrecht im Mileuschutz. Allein die Stadt Berlin hat es 84 Mal angewendet, München kaufte im Jahr 2020 21 Immobilen an. Mehr als je zuvor.