Klimatrainer Senioren mit dem Fahrrad im Wald
Klimatraining - warum nicht häufiger mal mit dem Fahrrad ins Grüne fahren?
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Ehrenamt

Personal Trainer für den individuellen Klimaschutz

Ehrenamtliche Klimatrainer helfen ihren Mitbürgern dabei, klimafreundlicher zu werden. Im westfälischen Münster nehmen die ersten sechs ihre Arbeit auf. Mit dem Fokus auf den individuellen Alltag, können schon kleine Schritte zum Erfolg der städtischen Klimaschutzstrategie beitragen. Ein Klimaprojekt zum Nachmachen? KOMMUNAL hat in Münster nachgefragt.

Beim Klimaschutz nicht immer nur die anderen machen lassen, sondern auch selbst aktiv werden. In Münster in Nordrhein-Westfalen können sich Bürger ab sofort von Klimatrainern dabei unterstützen lassen. Im November hat die Stadt ihre ersten sechs ehrenamtlichen Klimatrainer ausgebildet. Mit ihnen verfolgt die Kommune einen speziellen Coaching-Ansatz. Statt vorgefertigte Lösungen zu präsentieren, sollen die Klimatrainer den Bürgern dabei helfen, eigene Ansätze für einen klimafreundlicheren Alltag zu entwickeln. So wie es mit dem eigenen Alltag halt vereinbar ist.  Alleinerziehend, Single oder mit der Familie - die Ziele lassen sich dabei ganz individuell bestimmen. Das häufigere Nutzen des Fahrrads, geringerer Fleischkonsum oder der Umstieg auf erneuerbare Energien – all das könnte helfen, klimafreundlicher zu sein.

Das sind Münsters neue Klimatrainer

„Ein Klimatrainer ist so wie ein Personal Trainer beim Sport“, erklärt Claudia König von der Koordinierungsstelle für Klima und Energie der Stadt Münster die Idee. „Das ist die Person, die einen anleitet und an die Hand nimmt.“

Dabei versteht sich der Klimatrainer als Prozessbegleiter. „Das ist niemand, der mit seinem Wissen überzeugt“, sagt die Verwaltungsmitarbeiterin. Klimawissen und Umweltbewusstsein seien ohnehin schon weitgehend in der Gesellschaft angekommen.

Die Klimatrainer sollen ihre Trainees stattdessen dabei begleiten, ihr Wissen in die Praxis umzusetzen. „Auch durch kleinere Schritte, die sie in ihren Alltag integrieren können“, sagt König. So könnten die Menschen erfahren, dass sie wirklich etwas bewirken können.

Das beinhaltet das Klimatraining

Dafür erstellen die Trainees zunächst eine CO2-Bilanz, mit der sie sich selbst einschätzen. Die Bilanz umfasst Bereiche wie Konsum, Ernährung, Wohnen und Mobilität. Erstellen lässt sich die CO2-Bilanz mit einer Softwarelösung. „Unsere Stadtwerke haben sich dafür eine Webseite erstellen lassen, auf der die Trainees ihren ökologischen Fußabdruck berechnen können“, sagt König.

Die Trainees tauschen sich anschließend in einer Kleingruppe mit dem Klimatrainer aus und setzen sich Ziele. Diese sollten erste konkrete Maßnahmen sein, die sie umsetzen wollen. „Wir wollen nicht mit vorgefertigten Energie- und Klimaschutztipps um die Ecke kommen, sondern dass die Leute selbst überlegen“, erklärt König.

Ein Klimatraining dauert insgesamt vier Monate. Danach sollen die Teilnehmer allein weitermachen. „Das ist eine Herausforderung, weil wir nach so einer kurzen Zeit natürlich noch nicht sagen können, inwieweit sich zum Beispiel das neue Energieverhalten bemerkbar macht“, ist sich König bewusst. Bei Strom und Heizung müssten die Trainees auf die nächste Abrechnung warten. Auch Konsum- und Ernährungsverhalten ließen sich nicht eins zu eins in der Bilanz feststellen.

Cornelia König Klimatrainer Klimaschutz
Klimatraining per Videokonferenz: Caroline König schult mit einem Expertenteam die ehrenamtlichen Klimatrainer für die neue Aufgabe. Nachhaltigkeitsdezernent Matthias Peck begrüßt die Teilnehmer. (Foto: Stadt Münster/ Ute Schernau)

Den Erfolg der Klimatrainings will die Kommune aber nicht nur an der CO2-Bilanz messen. „Uns ist wichtig, dass die Menschen sich mit dem Klimaschutz auseinandersetzen“, betont Verwaltungsmitarbeiterin König. „Daraus soll sich etwas entwickeln, wodurch langfristig mehr eingespart wird.“

Die Idee entstand im Reallabor

Die ersten sechs Klimatrainer sind Bürger, die sich ehrenamtlich für das Thema Klimaschutz engagieren. Sie alle haben am Reallabor „Klimafreundliche Entscheidungen“ teilgenommen.

Das Thema klimafreundliche Entscheidungen ist eine von vier Säulen der städtischen Klimastrategie, mit der Münster bis 2030 klimaneutral werden will. Die anderen drei Säulen sind Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbare Energien.

Am Reallabor nahmen insgesamt zwölf Haushalte und zwölf lokale Unternehmen teil. Die Teilnehmer experimentierten ein Jahr lang mit neuen Produkten, Verhaltensweisen und Dienstleistungen. Sie wollten herausfinden, wie sich ihr Alltag klimafreundlicher gestalten lässt. Die hier entwickelten Ansätze haben die Teilnehmer in das Klimatraining überführt.

Auch das Umfeld soll klimafreundlicher werden

Die gute Zusammenarbeit mit den Unternehmen vor Ort spielt eine wichtige Rolle beim individuellen Klimaschutz. „Wir wollen das Umfeld für das klimafreundliche Entscheiden stärken“, fügt König hinzu. Damit dies möglich ist, müsse es nämlich auch entsprechende Angebote und Dienstleistungen geben. 

„Der Unverpacktladen ist so ein Beispiel. Ich kann nicht unverpackt einkaufen, wenn es so einen Laden in meiner Umgebung nicht gibt“, führt die Verwaltungsmitarbeiterin aus. Unverpacktläden verzichten auf sämtliche Verpackungen. Kunden bringen beim Einkauf ihre eigenen Mehrwegbehälter mit, was weniger Müll verursacht.

Ein Klimaprojekt zum Nachmachen

Warum das Klimatrainerprojekt auch für andere Kommune interessant ist? „Für mich ist es der Aspekt des Begleitens“, sagt König. Durch die kontinuierliche Begleitung könnten die Menschen beim Klimaschutz am Ball bleiben und miteinander in den Dialog treten. Trainer und Trainees könnten überdies auch weitere Menschen für klimafreundliche Entscheidungen begeistern. „Wie bei einem Schneeballeffekt“, sagt König.

Jetzt werde die Kommune fortlaufend Klimatrainer ausbilden und Klimatrainings durchführen. Schon bald könnte sich eine große Bewegung abzeichnen, sagt Verwaltungsmitarbeiterin König. Dann wäre Münster seinem Klimaschutzziel wieder einen Schritt näher.

Fotocredits: Stadt Münster/ Ute Schernau