Autokino - organisiert von der Kommune in Corona-Zeiten
Autokino - organisiert von der Kommune in Corona-Zeiten
© @Verbandsgemeinde Altenkirchen

Kultur

Praktische Tipps: Kommune kann Autokino

Motor aus, Film ab – mit Beginn der Coronakrise erlebte das Autokino in diesem Sommer ein Comeback. In zahlreichen Städten und Gemeinden war Filmegucken durch die Windschutzscheibe wieder angesagt. Denn die Menschen blieben im eigenen PKW, die Gefahr in der Menge andere anzustecken, bestand nicht.

Die neu eröffneten Autokinos bieten nicht nur Filmkunst an. Schauspieler auf der Leinwand wechseln sich mit Künstlern live auf der Bühne ab. Das Programm reicht von Konzerten, Comedy bis hin zu Gottesdiensten. Davon profitieren alle. Die Bürger, die während des Lockdowns gar nicht mehr ins Kino dürfen und die Kulturschaffenden, die wegen der Corona-Ansteckungsgefahr nicht vor Publikum auftreten dürfen.

Eine Gemeinde im Westerwald legt die Autokino-Blaupause vor 

Das „Wäller Autokino“ in Altenkirchen im nördlichen Westerwald zog in der vergangenen Saison 6.000 Besucher an. Rund 125.000 Euro kostete der von der Kommune ermöglichte Kinosommer. Finanzielle Unterstützung im vierstelligen Bereich bekam das Projekt unter anderem vom Kulturfonds „Kultursommer“ des Landes Rheinland-Pfalz.

Die Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld im nördlichen Rheinland-Pfalz arbeitete als Kommune mit den Veranstalterprofis vor Ort zusammen – dem Geschäftsführer eines regionalen Getränkehandels sowie dem einzigen Kinobetreiber in der Gemeinde. Der Kinobetreiber konnte zum Beispiel beim Antrag einer UKW-Frequenz bei der Bundesnetzagentur helfen, ohne die die Besucher im eigenen Auto keinen Audioempfang gehabt hätten.

Seien Sie mutig, denken Sie über den Tellerrand hinaus!"

Fred Jüngerich, Bürgermeister Altenkirchen

Schon früh war klar: Andere Kommunen und externe Veranstalter der Region sollten in das Projekt einbezogen werden. "In diesen ungewissen Zeiten war es der Kommune besonders wichtig, damit auch ein Zeichen für Öffentlich-Private-Partnerschaften und die kommunale Zusammenarbeit zu setzen“, betont Fred Jüngerich, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenkirchen. Der Namen des „Wäller“ Autokinos wurde bewusst gewählt. Denn die „Wäller“, das sind die Bewohner des gesamten Westerwalds. Und genau für diese sollte das Autokino auch sein – nämlich für alle Menschen in der Region.  Mit dem Programm wollte die Gemeinde ein „kulturelles Ausrufezeichen“ setzen, wie es Bürgermeister Fred Jüngerich es formuliert. In schwierigen Zeiten wollte sie den Menschen Abwechslung und Entspannung bieten.

Das Autokino-Projekt in Rekordzeit aus dem Boden gestampft...

Viel Planungszeit hatte das „Wäller Autokino“ nicht. „Normalerweise kann die Vorbereitung eines Marketingkonzepts schon mal ein halbes Jahr dauern“, so Rebecca Seuser, Sachbearbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit und Demografie bei der Verbandsgemeinde-Verwaltung. Was normalerweise einige Monate Planungszeit benötigt, bewerkstelligten die Verantwortlichen in nur wenigen Wochen – mit Erfolg! Nach Eingang der Projektgenehmigung Anfang Mai eröffnete die Kommune das Autokino in weniger als einem Monat.

„Wegen der Kürze der Zeit mussten wir sehr schnell agieren“, erinnert sich Projektleiter Eugen Schmidt aus Sicht der Verwaltung. Corona stellte die Verantwortlichen vor zusätzliche Herausforderungen. Mit einem Projektteam im Rathaus konnte die Verbandsgemeindeverwaltung immerhin eine wichtige Schnittstelle für die behördlichen Genehmigungen bilden.

Die Verantwortlichen des Autokino-Projekts in Altenkirchen sind mit der Resonanz hochzufrieden
Die Verantwortlichen des Autokino-Projekts in Altenkirchen sind mit der Resonanz hochzufrieden

Die Öffentlichkeitsarbeit koordinierte die Gemeinde, weil sie schneller handeln konnte. Dazu gehörte auch das zielgruppenorientierte Bespielen von sozialen Medien wie Facebook und Instagram – ersteres für ein vergleichsweise älteres, letzteres für ein vergleichsweise jüngeres Publikum. Zudem war es wichtig auf die Multiplikatoren der Region zuzugehen und die lokale Presse miteinzubeziehen.  

Ein Augenmerk legten die Verantwortlichen auch auf Bürgernähe. Durch ihre aktive Öffentlichkeitsarbeit förderte sie die Interaktion und etablierte damit eine Feedbackkultur. Das war wichtig, denn nicht jede Veranstaltung war erfolgreich. Aber auch das gehöre dazu.

„Vier Wochen muten wie ein Festival an. Flexibilität war gefragt“, so Bürgermeister Jüngerich. Die zusätzliche Arbeit haben sie und ihre Kollegen gerne gemacht. Für den Verwaltungsalltag war das Projekt eine gelungene Abwechslung.

Was die Kommune an Autokino-Tipps gesammelt hat...

Für die Planung eines kommunalen Autokinos empfiehlt die Verbandsgemeinde anderen Kommunen als ersten Schritt, den Dialog mit den regionalen Event-Veranstaltern und Kulturschaffenden zu suchen. „Was ist den Menschen vor Ort wichtig, und wie können sie sich den kulturellen Bereich in dieser besonderen Zeit vor Ort vorstellen? Und wie sähe deren Beteiligung daran aus?“, sind Fragen, die ihrer Meinung nach beantwortet werden müssen. „Partizipationsprozesse gemeinsam mit allen Akteuren gestalten und verwirklichen!“, betont der Bürgermeister.

Bürgermeister Fred Jüngerich rät anderen kommunalen Vertretern: „Seien Sie mutig, denken Sie über den Tellerrand hinaus! Gerade in der jetzigen Zeit ist es wichtig, Kulturarbeit vor Ort mit allen uns gegebenen Möglichkeiten zu unterstützen.“

So  sieht das gelungene Konzept des Wäller Autokinos aus:

  • Tickets können nur online über den Webshop gebucht werden. Die Preise variieren je nach Vorstellung. Der Erwerb von Speisen und Getränken ist nur online und nur in Verbindung mit einem gültigen Ticket möglich.
  • Im selben PKW dürfen 5 Personen aus maximal 5 Haushalten sitzen. 
  • Eine Platzreservierung ist aus technischen Gründen nicht möglich. Das Personal wird die Zuschauer vor Ort einweisen.
  • Über den Web-Shop können während der Veranstaltung Speisen und Getränke bestellt werden.
  • Laut der Corona-Verordnung des Landes Rheinland-Pfalz ist das Aussteigen aus dem Auto während des Autokinobesuchs nur zum Toilettengang und im Notfall gestattet. In diesem Fall muss eine Schutzmaske getragen werden.
  • Die Ticketkontrolle für die einzelnen Vorstellungen öffnet eine Stunde vor Beginn.
  • Das Auto darf nicht höher als 2,10 Meter und nicht breiter als 2,50 Meter sein. 
  • Hunde sind im Autokino erlaubt, solange sie im Auto bleiben.
  • Das Öffnen von Autotüren, Hupen und das Laufenlassen des Motors sind untersagt.
  • Der Ton wird über eine Radiofrequenz gesendet. Diese wird vor Vorstellungsbeginn auch nochmal auf der Leinwand angezeigt.
  • Versprochen wird: Die Autobatterie hält einen Radiobetrieb von wenigen Stunden locker durch. Ein Autoradio benötigt selbst bei einer Leistung von 30 W in 2 Stunden nur rund. 7 Ah. Sogar kleine Autobatterien verfügen über eine Kapazität von 45 Ah, die meisten über sehr viel mehr Leistung. Im Notfall wird Starthilfe gegeben.