Landleben Frau mit Hund im Garten
Das Landleben - davon träumen immer mehr Deutsche.
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Studie

Wie der Zuzug die Dörfer verändert

Immer mehr Menschen zieht es aufs Land. Experten geben Tipps, wie Kommunen dafür sorgen können, dass ein neuer Zusammenhalt entsteht. Das Berlin-Institut für Bevölkerungsentwicklung stellte jetzt eine neue Studie vor.

Auch jenseits des sogenannten Speckgürtels um die Großstädte gewinnen Kommunen an Einwohner dazu. Vor allem Familien entscheiden sich vermehrt für ein Leben in einem kleinen Ort. Es ist günstiger und selbst einen Garten können sich dort viele leisten. Zuweilen werden die Erwartungen enttäuscht, andere finden ihr Glück im Dorf, in einer kleinen Stadt im Ländlichen. Während die 18- bis 24-Jährigen zum Studium oder zur Ausbildung überwiegend in die großen Städte ziehen,  sind für die 25- bis 29-Jährigen die ländlicheren Regionen inzwischen ebenfalls attraktiv. Und es kommen vor allem die 30- bis 45-Jährigen, wenn sie Kinder haben.  Wanderungsgewinne verzeichnen aktuell rund zwei von drei Landgemeinden, vor zehn Jahren galt das nur für rund jede Vierte. Eine ähnliche Entwicklung erleben Kleinstädte. In Zeiten von Homeoffice und mobilem Arbeiten ist der Umzug aufs Land für viele keine Sackgasse mehr für die Karriere.

Wie verändert der Zuzug das Leben auf dem Dorf?

Wie verändert der Zuzug das Leben auf dem Dorf? Diese Frage beleuchtete das Berlin Institut für Bevölkerungsentwicklung gemeinsam mit der Wüstenrot-Stiftung. Die Experten haben dazu sechs Gemeinden besucht und die dortigen Erfahrungen ausgewertet.

Leben auf dem Land will gelernt sein

„Das wachsende Interesse am Landleben ist für die kleinen Gemeinden grundsätzlich eine gute Nachricht“, sagte die Leiterin des Instituts, Catherina Hinz, bei der Vorstellung der Studie. Junge Familien mit Kindern sorgten dafür, dass Kita und Schule erhalten blieben, zudem suchten ländliche Mittelständler dringend Fachkräfte. Doch das Leben auf dem Land will gelernt sein.

Dorfgemeinschaft kein Selbstläufer

 Der Zuzug stelle für kleine Gemeinden eine Herausforderung dar.  „Eine funktionierende Dorfgemeinschaft ist kein Selbstläufer“, betonte Hinz. Manche Zugezogene wüssten nicht, was sie erwartet und müssten das Zusammenleben auf dem Dorf erst lernen. Ein Beispiel: „Was als Indiskretion oder Dorftratsch wahrgenommen werden könnte, ist oft ein ehrliches Interesse an den Mitgliedern der Dorfgemeinschaft und Teil der „Informationsbörse“.  Was die Menschen sich beim Bäcker, auf dem Sportplatz oder beim Blumengießen auf dem Friedhof so erzählen, liefert die Basis, was so im Dorf passiert.“

Wie Zuzügler Kontakt finden

Was rät sie den Neuankömmlingen? Sport- und andere Vereine seien die beste Möglichkeit, um im Ort Fuß zu fassen und Menschen kennenzulernen  - und um sich einzubringen.  Das Ehrenamt hält das Dorf zusammen. Zugezogenen könnten sich in Vereinsvorständen mit neuen Ideen einbringen und so für frischen Wind sorgen. Die Experten haben aber auch Tipps für die Kommunen. Sie warnen davor, dass ein "Dorf im Dorf" entsteht. Denn oft ziehen die Zugezogenen in die Neubaugebiete.  Auch sollten Kommunen dringend Orte der Begegnung schaffen. Wenn Kneipen und Gasthäuser schließen, fehlten Möglichkeiten,  Feste zu feiern. Unbestritten ist: Veranstaltungen bringen die Dorfbewohner zusammen, egal ob alteingesessen und neu zugezogen. 

Wohnungen im Ort schaffen

Die Verantwortlichen in den Rathäusern sollten den Zuzug nachhaltig und zukunftsgerichtet gestalten. Statt Einfamilienhäuser auf der grünen Wiese auszuschreiben, sollten sie zuerst die Innenstadt-Entwicklung vorantreiben. Nötig seien passende Wohn- und Infrastrukturangebote für alle Alters- und Einkommensgruppen. Ältere Menschen benötigten barrierefreie Wohnungen, Jüngere Mietwohnungen. "Neben der Ortsentwicklung müssen die Verantwortlichen vor allem auch die sozialen Rahmenbedingungen im Blick behalten", sagt  die Direktorin des Instituts, Catherina Hinz.

Die von Dr. Frederick Sixtus, Catherina Hinz und Eva Eichenauer verfasste Studie „Neu im Dorf - Wie der Zuzug das Leben auf dem Land verändert“ steht  hier als Download zur Verfügung.