Junger Afrikaner beim Bewerbungsgespräch
Asylbewerber dürfen zunächst nicht in Deutschland arbeiten.
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Integration

Arbeitspflicht für Asylbewerber? Das sagen Kommunalpolitiker

Sollen Asylbewerber gemeinnützig arbeiten? Das fordern kommunale Verbände in Baden-Württemberg. Der Vorschlag wird kontrovers diskutiert - die Reaktionen aus den Kommunen!

Vor der Gemeinschaftsunterkunft im Luftkurort Waldkirchen, einer früheren Fabrik, sitzen Männer und Frauen und starren in ihre Handys. Die Kinder fahren mit dem Fahrrad auf dem kleinen Weg auf und ab. Die Zeit rumkriegen, nichts tun zu können, das ist für viele Asylbewerber ein quälender Zustand. Gleichzeitig fehlt in Deutschland dringend benötigtes Personal. Die kommunalen Verbände in Baden-Württemberg haben  in ihren 12-Punkte-Plan für eine realitätsbezogene Flüchtlingspolitik" eine Forderung geschrieben, die nun sehr kontrovers diskutiert wird: Schutzsuchende sollten dazu verpflichtet werden, auch gemeinnützige Arbeit anzunehmen. Asylbewerber sollten sich im kommunalen und gemeinnützigen Bereich engagieren, zum Beispiel in der Pflege. Heinz Pollak, der Waldkirchener Bürgermeister, findet den Vorschlag "sehr gut".  Er sagte zu KOMMUNAL: "Am sinnvollsten wäre es, wenn man sofort arbeiten darf und muss." 

Asylbewerbern Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen

"In Zeiten eines ausgeprägten Fach- und Arbeitskräftemangels ist es nicht nachvollziehbar, warum nach wie vor viele erwerbsfähige Geflüchtete weder einer  Erwerbstätigkeit nachgehen noch gemeinnützige Arbeiten verrichten (können) Dies dürfte auch nicht im Interesse der Geflüchteten liegen", heißt es in dem Papier der Verbände, das  bereits  vom März stammt und durch Medienberichte jetzt öffentlich diskutiert wird. Die Stuttgarter Erklärung wurde von den kommunalen Landesverbänden, dem Gemeindetag Baden-Württemberg, dem Landkreistag Baden-Württemberg und dem dortigen Städtetag veröffentlicht. "Allen, die auf Länder und Kommunen verteilt werden, sollte auch eine Integration in den Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Soweit dies nicht gelingt und erwerbsfähige Geflüchtete nicht erwerbstätig sind, sollten sie im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht grundsätzlich verpflichtet sein, einer Tätigkeit im öffentlichen Interesse nachzugehen", so die Verfasser.

12-Punkte-Programm - Stuttgarter Erklärung

Eine solche Verpflichtung lasse sich verfassungs- und völkerrechtskonform ausformen und sollte über die bisherigen rechtlichen Verpflichtungen zur Annahme auch von gemeinnütziger Arbeit hinausgehen. Die verpflichtende Ausübung einer Tätigkeit im öffentlichen Interesse sollte mit einem Sprachkurs verbunden werden, so die Forderung. Die Arbeit sollte im Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge, im Alten- und Pflegebereich oder in geeigneten Mangelberufung stattfinden. "Die Ausübung derartiger Tätigkeiten kann eine gute Basis für eine anschließende Berufsausbildung oder Berufstätigkeit und damit für eine gelingende Integration sein", so die weitere Begründung für den Vorschlag.

Gerd Landsberg: Bisherige Regelung hinterfragen

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindesbundes, Gerd Landsberg, sagte auf Anfrage zu KOMMUNAL: "Arbeitspflicht für Asylbewerber ist zur Zeit gar nicht umsetzbar. Personen im Asylverfahren dürfen nicht arbeiten. Damit will man so genannte Pull Effekte vermeiden." Menschen aus vielen Ländern sollten nicht durch Geld angezogen werden. Außerdem gibt er zu bedenken, dass eine Arbeitspflicht  erhebliche Bürokratie erfordern würde und im Zweifel nur schwer durchsetzbar wäre. Landsberg machte aber auch deutlich, dass er Veränderungsbedarf sieht:  "Im Hinblick darauf, dass es in Deutschland nicht nur einen Fachkräfte-, sondern an Arbeitskräftemangel gibt, sollte diese Regelung hinterfragt werden, insbesondere wenn der Betroffene voraussichtlich ein Asyl Anspruch haben wird." Eine deutliche Beschleunigung der Asylverfahren könnte hier sicherlich auch helfen. Nach unseren Erfahrungen ist die Mehrheit der Flüchtlinge durchaus bereit zu arbeiten,  dafür muss man Möglichkeiten schaffen. "Arbeit ist im Übrigen das beste Mittel zu Integration", so Landsberg.

Hannovers Oberbürgermeister warnt

Der Oberbürgermeister von Hannover, Belit Onay, sieht die Forderung nach eienr Arbeitspflicht an der Realität vorbeigehen. Er sagte der WELT, das System müsse stattdessen weiter liberalisiert werden, so dass Menschen mit Potenzial schneller qualifizierte Jobs übernehmen könnten. Er nannte die Forderungen mit Blick auf die aktuelle Stimmung im Land  "brandgefährlich". 

Innenexperte der Union: "Win-Win-Situation"

Von einer "Win-Win-Situation" spricht dagegen der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Alexander Throm in der WELT. Er fordere schon lange einen verpflichtenden Integrationsdienst.

Zum 12-Punkte-Papier.