Männer und Frauen: Selten profitieren beide Geschlechter zu gleichen Teilen.
Gender-Budgeting in einer Kommune: Den Bedürfnissen von Männern und Frauen gleich gerecht werden.
© Stadt Münster / Marie-Pascal Gafinen

Finanzen

Gender-Budgeting: Was ist denn das?

Eine Kommune im Westfälischen nimmt diese Aufgabe sehr ernst - ist aber noch lange nicht am Ziel. Wie können die unterschiedlichen Bedürfnisse und Verhaltensweisen der Geschlechter bei kommunalen Planungen berücksichtigt werden?

Gender-Budgeting: Ein Beispiel: Entsprechende Erhebungen zeigen, dass Männer eher mit dem Auto unterwegs sind und Frauen viele ihrer Wege mit dem öffentlichen Nahverkehr, zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigen. Eine Verwaltung, die Radwege vernachlässigt und stattdessen Umgehungsstraßen für den Autoverkehr baut, entscheidet mehrheitlich für die Bedürfnisse von Männern und gegen die Bedürfnisse von vielen Frauen. Gender-Budgeting stellt klar: Sowohl in der Planung als auch bei der Einstellung von Geldern müssen die Bedürfnisse beider Geschlechter gleich gewichtet werden. So erklärt den Begriff Julia von Hayn, zuständig für Gender Budgeting im westfälischen Münster.

Gender-Budgeting: Das sind die Aufgaben

Die studierte Juristin widmet sich zusammen mit Kolleginnen und Kollegen- vielen unterschiedlichen Fragestellungen, die zunächst einmal für statistische Daten sorgen sollen: Wie viele Mädchen und Jungen haben einen Büchereisausweis? Wer leiht mehrheitlich welche Bücher aus? Welche VHS-Kurse werden von Frauen belegt und welche eher von Männern? Wie viele Frauen arbeiten als Künstlerinnen und wie sind mehrheitlich die Jury besetzt? Julia von Hayn erläutert: "Erst wenn wir entsprechende Zahlen haben, aus denen wir Nutzungsverhalte und Bedarfe ableiten können, wird es einfacher, zu einer geschlechtergerechten Verteilung von Ressourcen und finanziellen Mitteln zu kommen." Braucht es so etwas in einer modernen Gesellschaft überhaupt? Davon ist die Juristin überzeugt: "Wenn es um echte Gleichstellung von Männern und Frauen, aber auch von Mitgliedern der LGBT- Community oder anderen Minderheiten geht, sind wir von echter Gleichstellung noch weit entfernt." Besonders aus der rechten Ecke wehe noch immer ein scharfer Wind. Folglich sei Ihre Arbeit nicht selten auch ein Kampf gegen Windmühlen.     

Auf dem Weg zu einer gerechteren Verteilung von Ressourcen und Mitteln.

Zahlen und Evaluation: Noch macht die Politik zu wenig draus

Julia von Hayn sieht die Herausforderungen im Gender-Budgeting weniger in Ihrer Arbeit, als vielmehr in der praktischen Umsetzung. Einige seien in diesem Bereich durchaus engagierter als andere. "Grundsätzlich registriere ich, dass nicht die Ziele und Kennziffern das Problem sind, sondern das die Politik die Ergebnisse noch mehr nutzen könnte, etwa als Werkzeug für die Steuerung ihrer politischen Entscheidungen." In Österreich, sagt sie, sei man da schon weiter. Erst kürzlich habe man eine Expertin aus Wien in Münster begrüßt. Dass unser Nachbarland in diesem Bereich schon weiter sei, liege im Wesentlichen daran, dass das Gender-Budgeting in Österreich in die Verfassung aufgenommen und damit verpflichtend geworden sei.

Sie sieht manche deutsche Kommune immerhin auf einem guten Weg: "Mit Berlin haben wir bereits eine gute Kooperation und auch mit Freiburg im Breisgau, München und 18 weiteren Kommunen stehen wir in einem guten Austausch. Für Münster wünsche ich mir, dass die Verwaltung noch mehr vorangeht." Immerhin hat erreicht Julia von Hayn Mitarbeitende im Rathaus für eine konstruktive Teilhabe an diesem Prozess gewinnen können. "Unser Slogan - FINANZfairTEILUNG - war der Vorschlag einer kommunalen Mitarbeiterin."

Gender-Budgeting: Teil einer europäischen Initiative

Gender-Budgeting ist ein Prozess innerhalb der Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene. Initiiert wurde die Charta vom Europäischen Rat der Gemeinden und Regionen Europas (CEMR) 2006. "Der Rat unterstützt Kommunen und Regionen dabei, die Gleichstellung der Geschlechter in ihr Handeln zu integrieren und zu verwirklichen. [..]  Sie gilt heute als wichtiges und wirksames Instrument in zahlreichen europäischen Kommunen, um die Gleichstellung von Frauen und Männern vor Ort zu fördern. Mittlerweile ist die Charta von mehr als 2.000 Kommunen in 36 europäischen Ländern unterzeichnet worden, darunter über 60 deutsche Kommunen", heißt es auf der Website des Rates. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.

Fotocredits: Stadt Münster / Marie-Pascal Gafinen