Kommunalpolitik
Kuriosum um Deutschlands kleinste Gemeinde
Aktualisiert am 6. Oktober 2022
Nachdem das Statistische Bundesamt jetzt bekannt gegeben hat, dass Dierfeld in Rheinland-Pfalz nach der jüngsten Erhebung die kleinste Gemeinde Deutschlands ist, kommt Bürgermeister Roderich von Greve-Dierfeld gar nicht mehr aus dem Telefonieren heraus. Auch KOMMUNAL will wissen, wie Kommunalpolitik in der Mini-Gemeinde funktioniert. Spannend ist allein, wie er zu seinem Amt gekommen ist. Seine wenigen Wähler, die sitzen nämlich im Gemeinderat. Es handelt sich noch dazu um seine eigene Familie und die polnischen Mitarbeiter seines Betriebs, die ihren ersten Wohnsitz in Dierfeld haben.
Kleinste Gemeinde Deutschlands
"Es gibt so viele schlechte Nachrichten in diesen Krisenzeiten", sagt der ehrenamtliche Bürgermeister von Dierfeld zu KOMMUNAL. "Da bekommen die Menschen jetzt mal eine kleine Kuriosität geboten". 41 Jahre ist er alt - und steht seit 2020 an der Spitze der kleinen Gemeinde. Er ist am Ort aufgewachsen, Hof und Land des Hofguts Dierfeld sind im Privatbesitz seiner Familie, und das schon in dritter Generation.
Bei einer Fläche von 1,55 Quadratkilometern betrug die Bevölkerungsdichte Ende 2021 in der Gemeinde im Landkreis Bernkastel-Wittlich weniger als sechs Menschen pro Quadratkilometer. In Dierfeld lebten zum Zeitpunkt der Datenauswertung der Kommunen in Deutschland laut Statistischem Bundesamt neun Menschen: Roderich von Greve-Dierfeld, seine Frau und die drei Kinder, seine Schwester und die Mitarbeiter.
Wähler wählten sich in den Gemeinderat
Und wer hat den Bürgermeister gewählt? "Na, die Erwachsenen am Ort", sagt er. Und die Gemeindevertretung? "Die besteht aus sechs Personen." Seine Frau, seine Schwester Alexandra und vier Mitarbeitern. Vor ihm hatte sein Vater Gerhard von Greve-Dierfeld das Amt inne, als er starb, wurde der Sohn als Nachfolger gewählt. Der Gemeinderat trifft sich ein- bis zweimal im Jahr - im Wohnzimmer. Der ehrenamtliche Bürgermeister nimmt zudem an den Oberbürgermeisterdienstbesprechungen und der Verbandsgemeinderatssitzung teil. Dierfeld gehört zur Verbandsgemeinde Wittlich-Land.
Die kleine Gemeinde steht gut da: "Wir haben einen ausgeglichenen Haushalt", sagt der Bürgermeister. "Die Einnahmen kommen aus dem Gemeindewald und durch die Gewerbesteuer." Der einzige Betrieb am Ort ist der Familienbetrieb. Roderich von Greve-Dierfeld ist Geschäftsführer des forst- und landwirtschaftlichen Betriebs. Im Nebenerwerb betreibt er zudem Garten- und Landschaftsbau.
Gemeindekasse gut gefüllt
Interessenskonflikte sieht der Bürgermeister nicht. "Die Gemeindekasse ist prall gefüllt, das liegt daran, dass wir nicht mehr ausgeben als wir zur Verfügung haben", betont er. "Daran könnte sich unsere Bundesregierung ein Beispiel nehmen."
Dierfeld hat aber auch keine Schule, keine Kita. Also keine finanziellen großen Verpflichtungen. Die Ortsgemeinde hat seit Jahren mit einem Gewerbesteuer-Hebesatz von 900 Prozent den höchsten Gewerbesteuerhebesatz Deutschlands mit den geringsten Einnahmen. Der Bürgermeister hat den Hebesatz mitbeschlossen.
Der nächste Ort mit Einkaufsmöglichkeit ist etwa ein Kilometer entfernt. Aber eine Kirche gibt es, genauer gesagt, eine Kapelle. Für den Bürgermeister der Mini-Gemeinde zeigt die ungewöhnliche kommunalpolitische Konstruktion vor allem eins: "Es ist von Vorteil, wenn Menschen sich selbst verwalten. Das befördert das ehrenamtliche Engagement und die Menschen haben ein hohes Interesse, dass das Landleben fortbesteht."
Dierfeld und das Jagdhaus
Der Ort Dierfeld wurde erstmals im Jahr 1251 urkundlich erwähnt, als der damalige Herr von Manderscheid ein Stück Land mit dem Namen Derenfeld an den Abt des Klosters Echternach verpachtet. "Im 16. Jahrhundert bauten die Manderscheider Grafen schließlich ein Jagdhaus in Dierfeld, das bis zur französischen Revolution Teil der Grafschaft Manderscheid bleibt. Das Wohn-Schloss, das in Teilen aus dem 16. Jahrhundert stammt, sowie die übrigen historischen Gebäude
Zweitkleinste Gemeinde Wiedenborstel
Die zweitkleinste Gemeinde war zum Jahresende 2021 wie im Vorjahr Wiedenborstel im Kreis Steinburg in Schleswig-Holstein mit elf Einwohnern. Eine Person mehr lebte in der Gemeinde Gröde auf der gleichnamigen Hallig im Kreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein. Ende 2020 war Gröde mit elf Einwohnern noch die kleinste Gemeinde Deutschlands. Zur aktuellen Mitteilung des Statistischen Bundesamt geht es hier.