Das Sparschein hat in Kommunen noch lang nicht ausgedient. Keine spekulativen Geldanlagen, sondern solide Anlageformen.
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Greensill-Pleite

Wie Kommunen ihr Geld anlegen

Die Greensill-Pleite hat auch einige Städte und Gemeinden getroffen. Doch die Regel ist das nicht. Abgesehen davon, dass es oft nicht viel anzulegen gibt, sind viele Kommunen eher zurückhaltend, wie unsere Analyse ergab.

Für Deutschlands Kommunen war es Anfang März eine Schockwelle: Die Bremer Greensill-Bank meldete Insolvenz an. Und da kommunale Einlagen anders als die Geldanlagen privater Anleger nicht vom Einlagensicherungsfonds profitieren, haben bis zu 50 Städte und Gemeinden, aber auch Bundesländer Vermögenswerte verloren. Allein in der reichsten deutschen Kommune, der Stadt Monheim am Rhein, könnten Anlagen in Höhe von 38 Millionen Euro verlorengegangen sein, im Fall von Osnabrück waren es 18 Millionen Euro. Und der Freistaat Thüringen hatte rund 50 Millionen Euro bei Greensill angelegt.

Sparkassen oder Raiffeisenbanken statt Greensill

Viele Kommunen allerdings verzichten schon seit Jahren auf die Anlage bei Privatbanken. „Wir haben zuletzt 2020 einen Beschluss unseres Gemeinderats erneuert, der regelt, wie wir unser Geld anlegen können“, sagt André Schneider, Kämmerer der Gemeinde Pullach im Isartal. „Wir legen nur noch bei öffentlichen, institutsgesicherten Banken an – also bei Sparkassen, Landesbanken oder Raiffeisenbanken.“ Zinsen gibt es darauf derzeit nahezu keine, im Gegenteil, die Kommune muss Verwahrentgelte bezahlen, die sich auf bis zu 0,5 Prozent der Anlage beziffern. Aber das Geld bleibt im Großen und Ganzen erhalten. „Um die Entgelte etwas zu umgehen, nehmen wir pro Quartal 10 Millionen aus dem angelegten Vermögen heraus und legen diese dann wieder neu an“, sagt Schneider. Insgesamt hat die Gemeinde rund 100 Millionen Euro in der allgemeinen Rücklage, dazu komme die Kasse – da sei es wichtig, die Verwahrentgelte niedrig zu halten.

Von derart hohen Rücklagen kann der Bürgermeister von Niedereschach im Schwarzwald, Martin Ragg, nur träumen. „Bei uns geht es oft nur um Tagesgelder, die wir kurzfristig anlegen“, sagt Ragg. Denn die Gemeinde habe in den letzten Jahren viel investiert. „Aber wir haben auch schon vor Jahren einen Beschluss gefasst, dass wir unser Geld nur bei Sparkassen und Volksbanken anlegen“, sagt Ragg. „Wir wollten einfach dem Sicherheitsgedanken Rechnung tragen.“ Denn am Ende handele es sich bei den Anlagevermögen der Kommunen immer auch um die Steuergelder ihrer Bürger. „Da wollen wir auf Nummer sicher gehen“, sagt Ragg. Weswegen über Geldanlagen auch nie allein entschieden werde: Mindestens drei Personen, darunter der Bürgermeister und die Leiterin des Rechnungsamtes, seien immer daran beteiligt. „Im Moment zahlen wir für unsere Anlagen Verwahrentgelte“, sagt auch Ragg. „Aber wir nehmen das im Blick auf die Sicherheit der Anlage in Kauf.“

Geld sicher anlegen

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, verweist darauf, dass es in einigen, allerdings noch nicht allen Bundesländern „landesrechtliche Vorgaben für Kommunen, um Geld anzulegen“, gibt. Darüber hinaus haben auch viele Städte klare Richtlinien, um städtisches Vermögen sicher und wirtschaftlich anzulegen und das Risiko zu streuen. Und der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, Christof Sommer, macht deutlich, dass der Eindruck falsch sei, dass Kommunen mit den ihnen anvertrauten Geldern spekulieren. „Der Eindruck, dass Kommunen regelmäßig hohe Millionenbeträge bei Banken anlegen und Vermögen vermehren wollen, geht weit an der Wirklichkeit vorbei“, so Sommer. „Der Trend geht in die andere Richtung: In immer mehr Städten und Gemeinden sind die letzten Rücklagen aufgebraucht.“

Klare Vorgaben, wie Kommunen ihr Geld anlegen dürfen, gibt es etwa in Schleswig-Holstein. Hier gilt seit 2017 ein Runderlass, wonach die „Sicherheit der Geldanlage Vorrang vor der Rentabilität“ haben soll. Traumzinsen, die dem Kämmerer Freudentränen in die Augen treiben, sind damit im Grunde nicht mehr erzielbar – zumal es noch zahlreiche weitere Einschränkungen für die kommunale Geldanlage gibt. So ist eine Verwaltung der kommunalen Gelder durch Vermögensverwalter ebenso explizit ausgeschlossen, wie eine Geldanlage in Aktien. Eine Anlage in Fonds ist nur im streng geregelten Fall von Geldmarktfonds zulässig, eine Anlage in festverzinsliche Wertpapiere nur, wenn Kursverluste nicht zu befürchten sind.

Mehr Hintertürchen lässt das Rundschreiben allerdings bei der Auswahl der Banken offen, bei denen Kommunen ihre Gelder parken können. „Anlagen bei deutschen Kreditinstituten, die durch ein Einlagensicherungssystem oder durch ein institutsbezogenes Sicherungssystem geschützt sind, sind zulässig“, heißt es dort. In allen anderen Fällen verweist die Landesregelung lediglich auf die Informationspflicht der Gemeinde: Bei Anlagen bei allen anderen Kreditinstituten habe sich die Gemeinde besonders sorgfältig zu unterrichten. Zudem wird bei der Anlage von Rücklagemitteln zu einer Verteilung der Gelder auf verschiedene Kreditinstitute geraten. Doch auch im nördlichen Bundesland gab es am Ende Kommunen, die Geld bei „Greensill“ angelegt hatten.

Ökologie auch bei der Geld-Anlage zunehmend wichtig

Doch mit der Art und Weise ihrer Geldanlagen können Kommunen zuweilen auch politische Zeichen setzen. Schon seit Jahren etwa koordiniert etwa die Umweltlobby-Organisation „Greenpeace“ lokale Bürgerinitiativen, die Städte und Gemeinden auffordern, ihre Geldanlagen aus Unternehmen, die etwa Braunkohletagebaue oder fossile Kraftwerke betreiben, abzuziehen. Und eine Reihe von Kommunen in Nordrhein-Westfalen hat in den letzten Jahren etwa ihre Anteile am Energieversorger RWE verkauft – wobei dort vielfach weniger ökologische, als vielmehr ökonomische Gründe maßgeblich waren. Leitfäden für die ethisch verantwortliche Geldanlage institutioneller Anleger finden sich auch bei den Kirchen. So hat der „Arbeitskreis kirchlicher Investoren“ Empfehlungen ausgesprochen, die etwa darauf verweisen, dass nicht alle Staatsanleihen ethisch unbedenklich seien: Kriterien wie die Pressefreiheit, das Vorhandensein der Todesstrafe oder die in einem Land geltenden Menschenrechtsstandards sollten berücksichtigt werden, bevor eine Institution unter dem Dach der Kirche dort ihr Geld anlegt. Und in der Stadt Stuttgart gilt seit 2015 ein Stadtratsbeschluss, wonach kommunale Gelder nicht in Unternehmen angelegt werden dürfen, die in den Bereichen Atomenergie, Rohstoffabbau oder der gentechnischen Veränderung von Pflanzen und Saatgut tätig sind. Auch die Zulassung von Kinder- oder Zwangsarbeit gilt dort seitdem als Ausschlusskriterium. Ähnliche Richtlinien hat sich auch die Stadt Münster für ihre Geldanlagen gegeben.

Für viele Kommunen dürften solche Anlagen wegen der strengen Ländervorschriften aber ohnehin nicht in Betracht kommen. Doch in seiner Broschüre „Stadtfinanzen 2020“ verweist auch der Deutsche Städtetag auf den Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeitszielen und Kommunalfinanzen. „Besonders beim Abruf von staatlichen Fördermitteln und mit Blick auf die Fremdmittelfinanzierung bei kommunalen Investitionen wird die Frage nach Umsetzung und Maßgabe von erklärten Nachhaltigkeitszielen in den Fokus rücken“, ist dort die vertretene Meinung.