Senioren im Pflegeheim und Internet
Senioren ohne Internet? Geht gar nicht!
© adobeStock

Kommentar

Pflegeheime dürfen keine Offline-Orte bleiben

Nach zwei Jahren Pandemie ist es in vielen Einrichtungen immer noch nicht möglich, auf einen vernünftigen Internetanschluss zurückzugreifen. So ist ein Videochat mit den Enkelkindern oft unmöglich. Damit verhindern wir Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, kritisiert Franz-Reinhard Habbel.

In den rund 12.000 Alten- und Pflegeheimen in Deutschland leben 820.000 Menschen. Viele von ihnen sind offline, weil die notwendige Infrastruktur wie WLAN fehlt. Diejenigen, die über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, können sich vielleicht für den Zugang zum Internet eine Mobilfunkverbindung leisten. Für die meisten ist dies aber keine Alternative. Deshalb sind die Betreiber der Häuser gefordert. Dazu zählen die Kommunen, auch wenn ihr Anteil bei den Altenheimen unter vier Prozent liegt.

Digitales Netzwerk unterstützt Senioren

44 Prozent der Altenheime befinden sich derzeit in privater Trägerschaft. Der Anteil der freigemeinnützigen Träger, wie die großen Wohlfahrtsverbände, sinkt. Vereinzelt beginnen die Betreiber nun, ihre Häuser aufzurüsten. Mit einer digitalen Infrastruktur sind auch weitere Dienstleistungen im Bereich Telemedizin und Pflege möglich. Nicht zuletzt geht es um Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Immer mehr Gottesdienste und Kulturveranstaltungen werden inzwischen online übertragen, der Onlinezugang zu Bibliotheken ist vielfach möglich. Auch der wöchentliche Einkauf wird verstärkt über das Netz abgewickelt. Pflegebedürftige könnten mit Pflegediensten besser kommunizieren, wenn entsprechende Netzverbindungen vorhanden sind. Mit einem digitalen Netzwerk kann ein Internet of Things im Pflegeheim etabliert werden. Durch die Einbringung von Sensoren kann Alarm ausgelöst werden, wenn ein Bewohner stürzt. Bei aller Euphorie für urbane Datenplattformen, dürfen wir eine umfassende Vernetzung auf einer Plattformbasis im Bereich Gesundheit und Pflege nicht vergessen.

Die Evangelische Heimstiftung, die den Ausbau ihrer Heime vorantreibt, hat errechnet, dass eine komplette Ausstattung einer kleinen Einrichtung samt Verkabelung rund 90.000 Euro kostet und eine Bauzeit von sechs Wochen anfällt. In einem größeren Haus würde die Ausrüstung etwa drei Monate in Anspruch nehmen und rund 270.000 Euro kosten.

Wie wäre es, in einer konzertierten Aktion aller Betreiber, Verbände, Bund, Länder und Kommunen bis Ende 2022 eine Versorgung aller Bewohner von Alten- und Pflegeeinrichtungen in Deutschland sicherzustellen?

Franz-Reinhard Habbel

Einschlägige Startups sollten in eine solche Aktion mit eingebunden werden. Das Jahr 2022 muss ein Jahr des Handelns werden. Der Videochat aus den Alten- und Pflegeheimen muss endlich zur Normalität werden!