Deutsche Kommunen sollen vor Ort in Nahost helfen

Kommunales Wissen für Nahost

Entwicklungshilfeminister Müller hat ein Programm mit deutschen Kommunen gestartet. Das Ziel: die Situation der Flüchtlinge in Syrien und den Nachbarländern verbessern. Mit deutschem Know-How. Christian Erhardt im Gespräch mit Gerd Müller über reelle Hoffnungen und die Möglichkeiten für deutsche Kommunen, mitzugestalten.

Herr Müller, Sie wollen das Wissen von 2,2 Millionen kommunalen Experten nutzen. Was konkret erhoffen Sie sich von Deutschlands Kommunen?
Wir brauchen die  Kommunen in Deutschland als unsere Partner!
Ich setze vor allem auf Know-how Partnerschaften. Gemeinsam können deutsche Kommunen mit Städten und Gemeinden aus Entwicklungs- und Schwellenländern einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten: sei es in der Stadtplanung, im Klimaschutz, in der Sicherstellung der kommunalen Daseinsvorsorge oder in der Versorgung von Flüchtlingen oder im Aufbau einer bürgernahen Verwaltung – um nur einige Beispiel zu nennen.
Das Projekt kann nur funktionieren, wenn viele Kommunen mitmachen. Angesichts der Herausforderungen vor Ort in der Flüchtlingspolitik – wie wollen Sie die Bürgermeister und Abgeordneten überzeugen?

Gerd Mueller, CSU, Bundesentwicklungsminister,

In meinen Gesprächen höre ich von immer mehr Bürgermeistern, dass sie sich international engagieren wollen. Deutsche Kommunen nehmen Flüchtlinge auf, sie erleben hautnah, dass globale Krisen unmittelbare Auswirkungen auf die lokale Ebene haben. Hier sehen sie sich in der Pflicht, einen Beitrag zur global nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Dies begrüße ich ausdrücklich! Und genau hier setzt auch unsere neue Initiative „Kommunales Know-how für Nahost“ an. Der Bedarf ist groß, das Wissen und die Erfahrungen deutscher Kommunen werden momentan insbesondere von den Aufnahmekommunen syrischer Flüchtlinge nachgefragt. In Jordanien, im Libanon und in der Türkei haben 90 Prozent der Geflüchteten Schutz gefunden. Die dortigen Kommunen geraten durch den schnellen Zuzug aber an ihre Belastungsgrenzen.  Wir vermitteln Projektpartnerschaften mit Kommunen in diesen Ländern. Oder organisieren in einem ersten Schritt Workshops, in denen kommunale Fachleute von beiden Seiten konkret an der Lösung eines Problems arbeiten – bspw. beim Abfallmanagement. Dafür stellen wir schnell und unbürokratisch finanzielle Mittel zur Verfügung.  Pioniere der neuen Initiative sind übrigens die Städte München und Mardin in der Türkei.
Welchen konkreten Vorteil haben Kommunen, die sich an dem Projekt beteiligen? Auch direkte finanzielle oder materielle Vorteile?
Wir wissen: Aller Anfang ist schwer. Darum bieten wir für Einsteiger Unterstützung an, wenn sie Partner suchen -  beispielsweise für Reisen zum ersten Kennenlernen im Rahmen einer möglichen neuen Partnerschaft. Wenn sich Partnerschaften etabliert haben, bieten wir zudem ein attraktives Förderangebot zur Umsetzung von Projekten. Während des ganzen Prozesses berät die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt bei der Engagement Global in unserem Auftrag interessierte und motivierte Kommunen.
Geplant ist auch die Möglichkeit für Menschen, sich in Deutschland zu qualifizieren oder ausgebildet zu werden – das ist bisher mit den bereits hier lebenden Geflüchteten nur bedingt gelungen. Worauf fußt Ihre Hoffnung?
Beim Wiederaufbau der Herkunftsländer von Geflüchteten spielt der Aufbau funktionierender Kommunalverwaltungen eine bedeutende Rolle. Deutsche Kommunen könnten hier schon frühzeitig unterstützen, indem sie Geflüchteten, natürlich unter Berücksichtigung aufenthaltsrechtlicher Fragen, eine Qualifizierung in der Kommunalverwaltung anbieten. Auch bei uns im Haus sind aktuell fünf Geflüchtete beschäftigt.
Dahinter steht die Hoffnung auf einen langfristigen Wiederaufbau der syrischen Kommunen. Ihre Vision für die Zeit nach einem hoffentlich baldigem Ende des Krieges: Wie schnell kann so ein Wiederaufbau gelingen? Was kann Deutschland noch tun, um die Fluchtursachen zu bekämpfen?
Christian Erhardt im Gespräch zu den Möglichkeiten für Kommunen, vor Ort in Nahost zu helfen.

Es wird Jahre dauern, um die zerstörte Infrastruktur wieder herzustellen. Und es wird möglicherweise noch länger dauern, bis wieder Vertrauen in der Gesellschaft für ein friedliches Zusammenleben vorhanden ist.
Deutschland tut bereits eine ganze Menge, um kurz-, mittel- und langfristig Perspektiven für die Menschen vor Ort zu schaffen.
Die Krise in Syrien hat massive Auswirkungen auf die Nachbarländer Jordanien, Libanon und die Türkei. Hier unterstützen wir Flüchtlinge und aufnehmende Gemeinden insbesondere in den Bereichen Bildung, Berufsbildung und Beschäftigung. Aber auch in Syrien selbst sind wir noch in der Lage - über die Vereinten Nationen und über Nichtregierungsorganisationen - Maßnahmenpakete in lebenswichtigen Bereichen wie Landwirtschaft und Ernährungssicherung, Wiederherstellung von Basisinfrastruktur und soziale Dienstleistungen zu unterstützen. Sobald der  Wiederaufbau möglich ist, ließen sich diese Maßnahmen schnell ausbauen.
Weitere Informationen: http://initiative-nahost.de/de/

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