Tante Emma 2.0.
Dorfladen per Drohne: Lieferdienste im ländlichen Raum als Supermarkt der Zukunft?
Wie kommt der Supermarkt aufs Dorf? Lieferdienste sind bisher meist nur in urbanen Regionen verfügbar, auf dem Land lohnt sich die Zustellung für viele Händler nicht. Doch durch den Online-Boom gehen Experten davon aus, dass sich auch die Zahl der Supermärkte weiter reduzieren wird. Denn noch werden nur rund ein Prozent der Lebensmittel im Internet bestellt - das wird sich aber bald ändern. Nach den Warenhausketten werden auch die Lebensmittelketten aus den Innenstädten verschwinden. Trotzdem müssen die Waren weiter zeitnah bei den Menschen ankommen.
In urbanen Räumen sind Lieferdienste auch für Lebensmittel bereits auf dem Vormarsch. Im ländlichen Raum hingegen schließen die Supermärkte meist aus Kostengründen. Und damit sind vor allem die Personalkosten gemeint. Bei wenigen Kunden lohnt sich der Betrieb mit Mitarbeitern einfach nicht. Oder es fehlen schlicht die Mitarbeiter. Erfolgreiche Dorfläden haben daher schon heute oft eine digitale Komponente. So gibt es mehrere Dorfläden, die rund um die Uhr geöffnet haben. Eingekauft, eingescannt und bezahlt wird dort digital. Wir haben ein solches Projekt etwa in einem kleinen Dorf in Thüringen schon im Jahr 2021 vorgestellt:
Der Lieferdienst kommt per Drohne
Seit wenigen Tagen nun gibt es einen neuen, vom Bundesverkehrsministerium geförderten Versuch, Lebensmittel an die Menschen in ländlichen Regionen zu bringen. Per Drohne.
In der Odenwaldgemeinde Michelstadt werden Lebensmittel und andere Waren aus dem Supermarkt per Flug geliefert. "Das Land, wo Milch und Honig fliegen" lautet der selbsironische Werbespruch der Vermarkter dazu.
Und so funktioniert er:
Die Drohne mit ihren 8 Rotoren hat eine Spannweite von 2 Metern. Transportieren darf sie bis auf Weiteres maximal Waren mit einem Gewicht von bis zu 4,5 Kilogramm (Gesamtgewicht pro Lieferung). Allerdings keine frischen Waren, denn bei nur 50 Metern Flughöhe würde die Kühlkette unterbrochen.
Soweit die Rahmenbedingungen. In der Praxis beteiligen sich an dem Modellprojekt, das vorerst nur bis kurz vor Weihnachten laufen wird, 2 Supermärkte. Kunden können per Internet bestellen, die Firma dazu nennt sich griffig: "Liefermichel" Ist die Ware bestellt, setzt der Liefermichel die bestellten Waren (wie gesagt maximal 4,5 Kilo, der Wocheneinkauf muss also in viele Chargen geteilt werden) auf die Drohne und dann fliegt die kleine Maschine per Knopfdruck los. Kommt nichts dazwischen - und die Regularien sind hart (mehr dazu gleich) dann landet die Drohne mit dem Lieferdienst wenige Minuten später vor Ihrer Haustür oder in ihrem Garten. Milch oder Honig frei Haus, ein Tante-Emma-Laden mit Flügeln oder "Einkläufe fly Haus" so die Werbesprüche des Lieferdienstes. Und der Nutzen wird ebenfalls per lustigem Spruch erklärt: "Zum Kaffee mit Uschi den Kuchen aus der Luft", heißt es da etwa.
Deutscher Bürokratie-Wahn macht das Projekt zum Mini-Projekt
Klingt wie ein Versuch, der bald in weiten Regionen etwa von Sachsen-Anhalt oder Rheinland-Pfalz Realität werden könnte. Doch natürlich hat der Drohnen-Lieferdienst die Rechnung ohne die deutsche Bürokratie gemacht. Immerhin handelt es sich hier um ein Pilotprojekt von Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Und so waren die Sondergenehmigungen deutlich einfach zu bekommen, als sonst vielleicht zu erwarten. Trotzdem klingt die Liste der bürokratischen Hürden wie ein Lieferdienst-Verhinderungs-Versuch.
So darf die Drohne aus Sicherheitsgründen nur bei sehr gutem Wetter fliegen - regnet es, ist es essig mit dem Honig, ist es zu bewölkt bleibt die Milch auch ein wolkiger Traum und wenn es dunkel ist, dann verdunkelt sich auch die Stimmung beim Lieferdienst, dann darf nicht geliefert werden.
Genehmigt wurden am Ende auch nur vier festgelegte Teststrecken und das erst mal nur bis Ende des Jahres, also für insgesamt 10 Wochen. Dass ein immerhin 600 Meter breiter Korridor festgelegt werden konnte, war ebenfalls einer monatelangen Abstimmung mit diversen Behörden zu verdanken. Nachmachen und Losfliegen wird also anderswo in Deutschland erst mal nicht gehen.
Immerhin: Ab Januar will das Ministerium dann die gesammelten Daten auswerten. Wenn dann alles klappt, soll zunächst das Projekt im Odenwald verlängert werden und längefristig können somit auch andere REgionen auf ähnliche Projekte hoffen. Immerhin 430.000 Euro lässt sich das Ministerium den Test kosten in der Hoffnung, dass es dann in anderen Regionen schneller und einfacher umgesetzt werden kann.