Windräder Grafik
Die neuen Gesetze schaffen neue Bedingungen für den Windkraftausbau.
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Erneuerbare Energien

Das ändert sich für die Kommunen bei der Windkraft

Die neuen Gesetze rund um die erneuerbaren Energien sind als ambitionierter Systemwechsel zu verstehen, sagt KOMMUNAL- Gastautorin Marianna Roscher vom Städte- und Gemeindebund. Doch es wird auf die Regelungen in den einzelnen Ländern ankommen.

Verstärkt durch den Ukraine-Krieg soll der Ausbau erneuerbarer Energien in den kommenden Jahren ambitioniert vorangetrieben werden, um einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Energieversorgungssicherheit zu leisten. Anfang Juli 2022 hat die Bundesregierung mit dem „Osterpaket“ eine Vielzahl an Gesetzen rund um die erneuerbaren Energien, den Netzausbau und die Energiesicherheit beschlossen.  So soll der Strombedarf Deutschlands bis 2030 aus 80 Prozent und bis 2035 fast vollständig aus erneuerbaren Energien bestehen. Zentraler Aspekt dieses Gesetzespaketes ist die Windenergie an Land. Bis 2030 ist hierfür eine installierte Leistung von 115 Gigawatt avisiert.

Windkraftanlagen auf  2 Prozent  der Landesfläche

Doch der Windenergieausbau ist in den letzten Jahren deutlich ins Stocken geraten. Genehmigungsverfahren sind nicht nur vielfach beklagt, sondern nehmen im Schnitt fast zwei Jahre in Anspruch; bei Regionalplänen liegt diese Zahl bei über fünf Jahren. Diese müssen nun dringend Fahrt aufnehmen.  Das Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land ist eines der maßgeblichen Gesetze, das vor allem die planungsrechtlichen Regeln novellieren und entsprechende Verfahren beschleunigen soll. Die
bislang rund 0,8 Prozent der ausgewiesenen Bundesfläche sollen auf 2 Prozent für die Windenergienutzung erhöht werden.

Ausbauziele festgeschrieben

Die Bundesländer haben zu diesem Zweck nach dem Windflächenbedarfsgesetz konkrete Ausbauziele erhalten, die sie schrittweise bis zum 31. Dezember 2027 erfüllen sollen. Diese Ziele können die Länder selbst erfüllen oder ihn auf regionale oder kommunale Bauleitplanung „herunterbrechen“. Sofern die gesetzten Werte erreicht sind, ist die Windenergieplanung auf der verbleibenden Fläche nur noch als sonstige Vorhaben und damit nur noch ausnahmsweise zugelassen. Werden die Zielwerte verfehlt, dann kann Windenergie grundsätzlich überall im Außenbereich errichtet werden. Auch die Abstandsregelungen der Länder auf Grund der Länderöffnungsklausel würden dann aufgehoben.

Planungsverfahren sollen schneller werden

Damit Planungsverfahren entsprechend schneller ablaufen, wurde insbesondere die Planungssystematik im Rahmen des Baugesetzbuches und des Raumordnungsgesetzes maßgeblich modifiziert. Im Wege sogenannter Positivplanung müssen sich Kommunen und Regionalplaner nunmehr nur noch mit den Flächen auseinandersetzen und der Prüfaufwand für Planungsträger soll entsprechend deutlich sinken.

Um auch Genehmigungsverfahren und damit die Projektrealisierung zu beschleunigen, wurden zudem das Bundesnaturschutz- und das Bundesimmissionsschutzgesetz novelliert. Insbesondere im Bereich des Natur- und Artenschutzes gab es umfassende Anpassungen. Sie sehen eine Öffnung von Landschaftsschutzgebieten für die Windenergie sowie verbindliche Standards und Abstände im Rahmen des artenschutzrechtlichen Tötungsverbotes vor und soll die  Genehmigungsbehörden bei ihren Entscheidungen entlasten.

Akzeptanz vor Ort

Zentrale Veränderungen zur Stärkung des Windenergieausbaus gibt es zudem im Erneuerbare-Energien-Gesetz. Explizit klargestellt wird, dass alle erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse stehen. Dies soll im Rahmen von Planungs- und Genehmigungsabwägungen relevant werden. Auch werden die Ausbaupfade und Ausschreibungsmengen unter anderem auch für die Windenergie signifikant angehoben und liegen bei der Windenergie an Land bei 10 Gigawatt pro Jahr. In diesem Kontext spielt auch die Akzeptanz vor Ort eine wichtige Rolle.

Bürgerenergiegesellschaften werden zukünftig von den Ausschreibungen ausgenommen und können damit unbürokratischer umgesetzt werden. Auch ist flankierend hierzu ein neues Förderprogramm für die Bürgerenergie angekündigt worden.

Gleichzeitig wird die finanzielle Beteiligung der Kommunen an Wind- und Solarprojekten zumindest teilweise weiterentwickelt, sodass auch Anlagen in der Direktvermarktung sowie Bestandsanlagen von diesem Instrument profitieren können.

Die finanzielle Beteiligung ist damit grundsätzlich für alle vorhandenen und neuen Windenergievorhaben möglich. Um auch die verpflichtende Beteiligung erfolgreich zu implementieren, sind nun die Länder gefragt, nach dem Vorbild von Mecklenburg-Vorpommern entsprechende Pflichten auf Basis der Bundesverfassungsentscheidung aus Mai 2022 auszubauen.

Förderprogramm vereinfacht

Am Ende des „Osterpaketes“ hat der Gesetzgeber eine Vielzahl von Vorgaben geschaffen, die den Windenergieausbau aus unterschiedlichsten Perspektiven adressieren. Im Hinblick auf die Akzeptanz von Windenergievorhaben sind Regelungen zur finanziellen Beteiligung hier bedauerlicherweise nur teilweise verändert und insbesondere die verpflichtende Beteiligung unterlassen worden. Die Vereinfachungen und insbesondere ein Förderprogramm für Bürgerenergievorhaben können hingegen einen wirklichen Gewinn in Fragen der Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern und damit auch für Kommunen darstellen.

Ambitonierter Systemwechsel

Auch die Anpassungen im Bereich der Planungs- und Genehmigungsverfahren sind durchaus als ambitionierter Systemwechsel zu bewerten. Ob sie vor Ort in ihrer Umsetzung auch ihre gewünschte Wirkung entfalten, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen. Der wahre Erfolg der Regelungen wird sich insbesondere dann einstellen, wenn durch die flankierenden Landesregelungen und eine ausreichende Behördenausstattung diesem Themenfeld wirklicher Aufwind verliehen wird.

Marianna Roscher ist als Referentin beim Deutschen Städte- und Gemeindebund unter anderem für den Klimaschutz zuständig.