Wald
Natur und Ruhe - das verspricht der Naturfriedhof "Stille Wald", der ab 2025 am Ruselabsatz in Betrieb sein soll.
© Stadt Deggendorf

Vorzeige-Beispiel

Letzte Ruhe im Stillen Wald – Trend zu Naturbestattungen

Ein Grab unter Bäumen, naturnah und pflegeleicht: Das versprechen die Stillen Wälder, eine alternative Form der Naturfriedhöfe. Was brauchen solche Friedhöfe, wie können Kommunen solche stillen Wälder gemeinsam mit Partnern planen? Wir haben uns ein Projekt in Bayern angesehen, das auch als Vorbild für andere Kommunen dienen kann.

Für viele Bürger ist es eine schöne Vorstellung: Die letzte Ruhe finden unter Bäumen und friedvoll zurückkehren in den Kreislauf der Natur. Möglich ist dies in den sogenannten Stillen Wäldern, die von den Bayerischen Staatsforsten als Naturfriedhöfe aufbereitet werden. Einer davon soll im Bereich des Ruselabsatzes in der Stadt Deggendorf entstehen.

Stiller Wald ergänzt Angebot der Stadt

„Wir haben festgestellt, dass es im Bereich der alternativen Bestattungen ein steigendes Interesse gibt, sowohl in der Stadt als auch in der Region“, sagt Sandro Pfeiffer, der in Deggendorf als persönlicher Referent des Oberbürgermeisters auch Fachbereichs-übergreifende Spezialprojekte betreut. So betreibt die Stadt Deggendorf zwar bereits mehrere Friedhöfe, darunter einen zentral in der Stadt gelegenen und verschiedene kleinere in den einzelnen Stadtteilen, und dort seien jeweils auch genügend Grabplätze frei. Die Entwicklung der vergangenen Jahre aber zeige deutlich, dass nicht nur mehr Urnenbestattungen gewünscht würden, sondern auch mehr alternative Bestattungsplätze. „Im Stadtfriedhof gibt es bereits einige Baumgräber und die Nachfrage danach ist so groß, dass dieser Bereich bereits erweitert wurde“, so der Referent.

Ein gewachsener Wald, neu genutzt

Entsprechend groß war das Interesse der Stadt Deggendorf an der Schaffung eines Naturfriedhofs in unmittelbarer Stadtnähe unter dem Dach der Bayerischen Staatsforsten. Konkret handelt es sich bei den „Stillen Wäldern“ um Waldflächen, die bereits vorhanden und seit vielen Jahrzehnten gewachsen sind und auch bereits über ein elementares Wegenetz verfügen. Diese wird für den Friedhofsbetrieb entsprechend aufbereitet, wobei die Eingriffe überschaubar sind. So werden die Wege optimiert, ein Parkplatz sowie Sanitäranlagen angelegt und eine Gedenkstätte gebaut. Die biologisch abbaubaren Urnen aus heimischem Holz werden schließlich unter den Bäumen beigesetzt, ein Schild am Baum erinnert an den Verstorbenen, die Grabpflege übernimmt die Natur. Ursprünglich waren in Bayern nur drei solcher „Stille Wälder“ geplant. Dass Deggendorf nun als vierter Standort hinzukommt, hat mit dem Einsatz der Stadt zu tun.

Kooperationsvereinbarung zwischen Bayerischen Staatsforsten und Stadt

Damit der Stille Wald in Niederbayern schon bald genutzt werden kann, haben die Bayerischen Staatsforsten und die Stadt Deggendorf Ende 2022 eine Kooperationsvereinbarung geschlossen, in der die Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb des Naturfriedhofes geregelt sind. Die Bayerischen Staatsforsten werden den Naturfriedhof unter der Bezeichnung „Stiller Wald Rusel“ vorbereiten und betreiben. Trägerin des Friedhofs ist die Stadt Deggendorf, die laut Pfeiffer später auch die Grabplätze vergeben und verwalten wird, wobei sich die Kosten für eine Beisetzung im „Stillen Wald“ an der Gebührensatzung örtlicher Friedhöfe orientieren werden. „Der Wald bleibt im Staatsbesitz und erhält eine andere Nutzung“, so der Referent. Für die Stadt sei das eine attraktive Möglichkeit.

Unterzeichnung Kooperationsvereinbarung
Deggendorfs OB Christian Moser (v.l.), Bernd Vetter als Vertreter der Bayerischen Staatsforsten und Forstbetriebsleiter Jürgen Völkl bei der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung

Naturfriedhof am Ruselabsatz geplant

Als Ort für den Naturfriedhof in Deggendorf wurden die Staatswälder „Winterleite“ und „Steinberg“ am Ruselabsatz gefunden. 50 Hektar groß, liegt die Fläche etwa 8 Kilometer vom Deggendorfer Ortskern entfernt und ist in unregelmäßigen Abständen auch mit dem ÖPNV erreichbar. Der mit Parkmöglichkeiten, Andachtsplätzen und Ruhebänken ausgestattete Friedhof wird den Angehörigen ebenso wie allen anderen Waldbesuchern zur Verfügung stehen, wobei er aufgrund der hohen Lage laut Pfeiffer vor allem in den Sommermonaten nutzbar sein wird und im Winter durch den Schnee womöglich schwer begehbar.

Vorbereitungen und Ausgestaltung vor Ort

Noch laufen die Genehmigungsverfahren, in Anschluss wird der Naturfriedhof am Rusel vorbereitet werden. Parkplätze und Sanitäranlagen sind durch das nebenan gelegene Wanderzentrum bereits vorhanden; der Wald selbst wird nun laut Pfeiffer „aufbereitet, um ihn für Bestattungen nutzbar zu machen“, zudem werden die Wege optimiert und eine Gedenkstätte für Andacht und Aussegnung erbaut werden. Auf Wunsch der örtlichen Pfarreien wird es auch ein Kreuz auf dem Gelände geben, so dass auch Pfarreimitglieder ihre letzte Ruhe unter den Bäumen finden können, wenn sie das wünschen. All dies aber soll so unaufdringlich wie möglich platziert werden. „Der neue Naturfriedhof soll maximal schlicht und naturnah sein, deshalb gibt es auch keinerlei persönliche Gestaltung der einzelnen Grabplätze“, so Pfeiffer, sondern sei da letztlich „einfach nur ein schöner Wald“.

Wald
Staatswald Winterleite - der zukünftige "Stille Wald"

Ausblick

Noch laufen die Vorbereitungen, spätestens Anfang 2025 soll der Friedwald in Deggendorf eröffnet werden. „Für die Stadt Deggendorf ist der Friedhof eine wichtige Erweiterung des Angebots und eine Reaktion auf den Wunsch der Bürgerinnen“, sagt Pfeiffer und betont gleichwohl, dass der neue Naturfriedhof nicht nur Deggendorfern, sondern den Menschen aus der gesamten niederbayerischen Region zur Verfügung stehen soll. Die Reaktionen auf die Schaffung eines naturnahen Friedhofs seien bislang ausschließlich positiv. „Zum einen ist ein Grab auf so einem Friedhof denkbar pflegeleicht und fällt hier keine Verantwortung für die Angehörigen an“, so Pfeiffer. Zum anderen sei es für viele Menschen „ein schöner Gedanke, in die gewachsene Natur zurück zu kehren und Teil der natürlich gewachsenen Struktur des Waldes zu werden.“

Fotocredits: Stadt Deggendorf