Rechtsextreme wenigstens finanziell austrocknen? Wie kann das gelingen?

Rechtsextreme: Keine einfachen Lösungen vorgaukeln

Die Stadt Büdingen im Wetteraukreis darf der rechtsextremen NPD nicht die Fraktionsgelder streichen. Das hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof beschlossen. Das Urteil ist bedauerlich, war aber erwartbar. Christian Erhardt auf der Suche nach Lösungsansätzen.

So betrachtet war der Versuch in Büdingen, der NDP die Fraktionsgelder zu streichen, mutig. In einer Demokratie gilt aber auch der Gleichheitsgrundsatz - niemand darf wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt werden. Ein hohes Gut!

Urteil anfechtbar aber richtungsweisend

Das Urteil lässt sich leicht zusammenfassen: Die Stadt Büdingen darf der Partei NPD nicht die Fraktionsgelder streichen. Rechtsextreme von den finanziellen Zuwendungen auszuschließen sei unwirksam, urteilte der Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel. Der Senat begründete dies mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Bereits das gewählte Unterscheidungskriterium sei unzulässig. Geklagt gegen das Vorgehen hatte die vierköpfige NPD-Stadtverordnetenfraktion. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ist eine Revision zulässig.

Erste Reaktionen auf das Urteil

Der Deutsche Städte und Gemeindebund hat das Urteil bedauert. "Wir hätten es begrüßt, wenn es den Kommunen gestattet worden wäre, Fraktionen oder Gruppierungen von Parteien, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, öffentliche Gelder zu verweigern", erklärte das Geschäftsführende Präsidialmitglied des DStGB, Gerd Landsberg. Eine wehrhafte Demokratie müsse die Möglichkeit haben, Gruppierungen oder Vereinigungen mit verfassungsfeindlichen Zielen nicht noch mit öffentlichen Geldern zu fördern,

Was tun gegen Rechtsextreme in den Parlamenten? Unser Kommentar!

Jetzt sind Bundestag und Bundesrat am Zug, die Parteienfinanzierung insgesamt zu prüfen. Zumindest einen befristeten Entzug von Staatsgeldern für Parteien, die eindeutig verfassungsfeindlich sind, halten einige Staatsrechtler für machbar. Strittig wird aber bleiben, wer

337 Rechtsextreme der NPD gibt es in deutschen Kommunalparlamenten - 337 zu viel, meint Christian Erhardt

darüber entscheiden soll. Der Bundestagspräsident? Oder doch besser der Bundespräsident? Dadurch würde immerhin der Ausnahmecharakter einer solchen Entscheidung deutlich, was die Sache verfassungsrechtlich „sicherer“ machen könnte. Die bisher vorliegenden Gesetzesentwürfe lassen diese und viele weitere Fragen leider offen. Sicheren Erfolg garantieren die bisherigen Initiativen also nicht. Schon deshalb sollten parallel die Länder weiter rechtlich prüfen lassen, welche Möglichkeiten es über Änderungen in der Gemeindeordnung der Länder geben könnte.
Und was können die betroffenen Kommunen tun? Von den 337 NPD-Abgeordneten sind nur wenige mit Fraktionsstatus ausgestattet. Hier ermöglichen die Ortssatzungen natürlich, die „persönliche Aufwandsentschädigung“ möglichst niedrig zu halten und lieber den Fraktionen höhere Entschädigungen zu zahlen. Was jedoch Einzelkandidaten und andere kleine Parteien ebenfalls treffen würde. Sie leisten vor Ort häufig sehr wertvolle Arbeit. Einfache Lösungen wird es also auch hier nicht geben. Allen Beteiligten vor Ort sollte aber klar sein: rechtsextremes Gedankengut lässt sich sowieso nicht verbieten. Der Kampf dagegen ist eine Daueraufgabe – vor Ort bei uns in den Gemeinden. Gerade in der Flüchtlingsfrage haben wir gelernt, wie wichtig es ist, die Menschen frühzeitig „mitzunehmen“, das Handeln immer wieder zu erklären, aufzuklären. Und aufzustehen gegen Rechts. Das ist anstrengend. Aber nötig! Verbotsversuche würden uns nur vorgaukeln, dass es eine einfache Lösung gibt. Die gibt es aber nicht!
Hintergrund: 
Die Stadt Büdingen hatte Ende Januar durch eine Satzungsänderung beschlossen "Fraktionen aus Vertretern erkennbar verfassungsfeindlicher Parteien oder Vereinigungen" und somit rechtsextreme Parteien von den sogenannten Entschädigungszahlungen auszunehmen. Büdingen hat damit auf das NPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts reagiert. Das Verfassungsgericht hatte entschieden, dass die rechtsextreme NPD zwar verfassungsfeindlich sei, ein Parteienverbot aber aufgrund der aus Bundessicht unbedeutenden Rolle der NPD verworfen. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich auf andere Reaktionsmöglichkeiten, wie den Entzug der Parteienfinanzierung hingewiesen. Die Stadt Büdingen hat hierauf mit ihrer Satzungsänderung reagiert.

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