Schnelles Internet für den ländlichen Raum - Studie von Berlin Institut für Bevölkerung
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Schnelles Internet als Chance für den ländlichen Raum

13. August 2019
Eine neue Studie zeigt, wie digitales Arbeiten eine neue Klientel aufs Land zieht. Und: Wieso sich Menschen für einen Umzug von der Stadt ins Dorf entscheiden.

Der ländliche Raum verliert vielerorts an Bevölkerung. Insbesondere die jungen Menschen ziehen dorthin, wo sie Hochschulen, Arbeitsplätze und Kulturangebote finden: nämlich in der Großstadt. So siedeln sich auch junge Unternehmen immer wieder in den Städten an und halten ihre Mitarbeiter in den urbanen Regionen. Und das, obwohl es die Digitalisierung in vielen Berufen möglich macht, von überall aus zu arbeiten.

Allerdings ist in den letzten Jahren auch eine interessante Gegenbewegung entstanden. Kreative, Akademiker und digital affine Städter, wie beispielsweise Architekten, Journalisten oder Grafiker, können häufig ortsunabhängig arbeiten und tun sich zusammen, um in kleine Dörfer zu ziehen und dort gemeinsam zu leben und den Beruf auszuüben.

Einige Kommunen haben diesen Trend erkannt und werben die digitalen Arbeiter gezielt an. In der Studie "urbane Dörfer -wie digitales Arbeiten Städter aufs Land ziehen kann" hat sich der Verein Neuland21 gemeinsam mit dem Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung 18 solcher Projekte rausgesucht, anhand derer bestimmt werden soll, für wen der Umzug aufs Land interessant ist und was es dafür eigentlich braucht.

Bei den Projekten handelt es sich zum Beispiel um Co-Working Spaces und Gemeinschaftshäuser für Kreative auf dem Land. Die meisten der Projekte finden in Brandenburg statt, einige jedoch auch im Leipziger Umland.

Klar war den Studienautoren jedoch von Anfang an, dass 18 Projekte kein Beweis für eine Trendwende sind. Doch sie glauben, dass sie mit der Untersuchung zeigen können, "wie das Landleben neuerdings in den Fokus eines traditionell urban geprägten Milieus rückt."

Studie: Wer würde sich für einen Umzug aufs Land entscheiden?

Die Studienautoren sehen das größte Potenzial bei Menschen jenseits der 30, die bisher ganz typisch in einer Zweizimmerwohnung in Berlin-Friedrichshain gelebt haben und eine größere bräuchten - denen der Umzug in eine größere Wohnung aber zu teuer wäre. Gleichzeitig bleibt aber auch die Frage, ob sie sich allein deshalb in die soziale Isolation in Brandenburg begeben wollen. Schließlich fühlen sie sich meist dem urbanen Leben verbunden und haben ein gutes Netzwerk in der Stadt.

Die Studie vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung zeigt, dass sich bei den Projekten typischerweise nicht eine einzelne Familie für den Umzug aufs Land entscheidet - sondern der Schritt gemeinsam mit Freunden, Kollegen oder Gleichgesinnten gewagt wird. Denn das soziale Umfeld kann später nicht nur bei alltäglichen Fragen und Problemen unterstützen, sondern auch helfen, sich in das neue Leben richtig einzugewöhnen.

HIER haben wir bereits über eines der Projekte berichtet

Außerdem entstehen aus der Gemeinschaft neue Initiativen. Denn viele Zuzügler eröffnen in ihrem neuen Wohnort kleine Cafès oder Restaurants und schmieden Ideen für die Mobilität oder Nahversorgung mit Lebensmitteln. Und sobald sich solche Initiativen entwicklen, so zeigt es die Erfahrung, ziehen andere Städter häufig nach. "Es ist so, dass Menschen Menschen aufs Land ziehen", ist sich Silvia Hennig, die Geschäftsführerin von Neuland21 sicher.

Wichtig sei bei alledem aber auch, dass Zuzügler die Alteingesessenen nicht mit einer Arroganz verschrecken, indem sie mit einer Einstellung dorthin ziehen, wie etwa: "Wir wissen, wie man richtig lebt und arbeitet und zeigen Euch das."

Positiv an diesen Projekten ist auch, dass dafür keine Neubauten am Stadtrand entstehen, sondern bestehende Leerstände im Ortskern neu genutzt werden. Und das kommt anscheinend bei der Bevölkerung auch gut an. Denn diese müssen so nicht dem langsamen Verfall von stillgelegten Fabriken, Mühlen, Krankenhäusern oder Landgütern zusehen, sondern können hautnah miterleben, wie daraus Seminar- und Wohnräume oder Co-Working Spaces entstehen. Und diese wiederum ziehen neues Leben in den Ort.

Ohne schnelles Internet? Haben viele Orte schlechte Chancen!

Doch obwohl das Internet allein kein Umzugsgrund ist, läuft bei den 18 Projekten ohne Internet nichts. Denn wenn die Internetverbindungen nicht schnell und zuverlässig genug sind, werden die Städter den Umzug nur ungern wagen, attestieren die Studienautoren. Denn: Egal, ob es sich bei der Zielgruppe um eine Gruppe von digitalen Nomaden handelt oder um Menschen, die auf dem Land ihr eigenes Gewerbe gründen wollen - ohne Internet kann das eigene Projekt kaum gelingen.

Das bedeutet also auch, dass Orte ohne schnelles Internet auch weiterhin schlechte Zukunftsprognosen haben, wenn sie diese Zielgruppe anlocken wollen.