Familiennachzug
Muss eine Kommune eine Unterkunft bei einem Familiennachzug stellen?
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Familiennachzug - Gemeinde zieht vor Verfassungsgerichtshof

Die Gemeinde Eichenau im Landkreis Fürstenfeldbruck zieht vor den Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Der konkrete Fall: Ein Familiennachzug. Die Familie sollte in einer Obdachlosenunterkunft untergebracht werden. Bürgermeister Peter Münster geht es nicht nur um diesen Fall, sondern um eine grundsätzliche Klärung, wie er sagt. Denn Menschen ohne festen Wohnsitz können sich aussuchen, in welcher Kommune sie leben wollen.

Anerkannte Flüchtlinge dürfen Familienmitglieder nach Deutschland nachholen. Sie gelten dann nicht als Asylbewerber, sondern als obdachlos. Und da greifen die Regelungen für Obdachlose. "Wer obdachlos ist, kann sich aussuchen, wo er wohnen will. Er kann zum Beispiel sagen: In München will ich nicht mehr bleiben, ich ziehe nach Nürnberg", erläutert Peter Münster, der Bürgermeister der bayerischen Gemeinde Eichenau. Doch muss die Kommune dann eine Unterbringung besorgen? Das will die Kommune nun vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof klären lassen. Der Gemeinderat hat nach einer teils emotionalen Debatte mit einer knappen Mehrheit von 13:11 Stimmen zugestimmt, den juristischen Weg zu gehen.

Familiennachzug in die Obdachlosigkeit?

Anlass war der jüngste Fall eines Familiennachzugs. "Die Bundesrepublik hat für die Einreise mehrere Visa erteilt und den Einreisenden mitgeteilt, dass sie weder eine Wohnung noch eine Versorgung erhalten", berichtet der Bürgermeister KOMMUNAL. Doch das Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, kurz LStVG, ermöglicht dann doch eine Unterbringung.  "Obdachlosigkeit gilt als eine Frage der öffentlichen Sicherheit und Ordnung", so der Bürgermeister.  Er verweist auf den Artikel 7, wonach Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen sind, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen. "Wir wollen vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof geklärt haben, ob diese sicherheitsrechtliche Auffangnorm zum Regelfall wird", sagt Münster. Er wünscht sich eine spezialgesetzliche Regelung.

Kommune scheiterte vor Verwaltungsgerichtshof

Die Gemeinde hatte sich bereits vor dem Verwaltungsgericht dagegen wehren wollen, im Rahmen des Asyl-Familiennachzugs die Familie aufzunehmen, der die Obdachlosigkeit drohte. Ein anerkannter Asylbewerber hatte seine Frau und die zwei Kinder nach Deutschland nachholen wollen. Die Gemeinde sah sich dafür nicht zuständig. Die Klage wurde abgewiesen, auch beim Verwaltungsgerichtshof scheiterte die Gemeinde damit. Die Kommune musste auch den später nachgezogenen Familienangehörigen des Flüchtlings eine Obdachlosenunterkunft zuweisen. "In unserer Gemeinde gibt es derzeit rund 80 Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind", sagt der Bürgermeister. "Das übersteigt die Aufnahmekapazität bei weitem."