Wohnraum
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Wohnraum

Die Zukunft des Wohnens - ein Zukunftsforscher blickt nach vorn!

Die Nachfrage nach kleineren Wohneinheiten und gemeinschaftlichem Wohnen wird steigen, auch weil sich die Menschen nach Corona nach mehr Gemeinschaft und Schutz sehnen, sagt Zukunftsforscher Daniel Dettling. Eine neue Wohnbewegung setzt auf Sicherheit und Nachbarschaften.

Die Immobilienpreise und Mieten in den großen Städten für Wohnraum steigen auch in der Coronakrise weiter. Eine Ursache ist die Zunahme von Single-Haushalten. Ihre Zahl ist in den letzten 30 Jahren bundesweit um 46 Prozent gestiegen. In Städten wie München oder Berlin wohnt fast jeder Zweite in einem Ein-Personen-Haushalt. Zunehmen wird auch die Zahl der älteren Menschen. Werden die größeren Städte zu Orten von Singles und Senioren? Die Nachfrage nach kleineren Wohneinheiten und gemeinschaftlichem Wohnen wird in Zukunft steigen, auch weil sich die Menschen nach Corona nach mehr Gemeinschaft und Schutz sehnen. Gefragt sind innovative und Antworten und neues Denken.

Mietkosten sinken nur, wenn Wohnflächen verkleinert werden

Mehr Singles und Senioren führen zu neuen sozialen Herausforderungen: Die Einsamkeit nimmt vor allem unter den Jüngeren und den Älteren zu. Betroffen sind vor allem die um die 30-Jährigen und die über 80-Jährigen. Wohnen wird zur doppelten sozialen Frage: neben bezahlbaren Mieten geht es um attraktive Quartiere und Nachbarschaften. Eine Reduktion der Miet- und Grundstückskosten geht in den Städten nur über eine Verkleinerung der Wohnflächen. So stehen in Berlin pro Einwohner im Schnitt 38,8 Quadratmeter zur Verfügung, in Warschau sind es 24,5, in Tokio nur 15. Gefragt sind soziale und ökologisch nachhaltige Innovationen, die auf weniger, dafür vernetzte Wohnfläche setzen.

Eine Antwort auf den Trend der Single-Haushalte ist verdichtetes und vernetztes Wohnen. „Tiny-Living“ begann in den 90er Jahren in den USA. Es geht um kleine, flexible Wohneinheiten mit großer Lebensqualität. Die Generationen Y und Z, aber auch die Babyboomer wollen anders wohnen und leben. Ihnen geht es um mehr Gemeinschaft, Sharing-Angebote, Möglichkeiten, etwas zu teilen. Aus Büros wird Co-Working, aus Autobesitz Co-Mobility, aus Gärtnern Co-Gardening und aus Küchen und Wohnzimmern Co-Living. 

Dieser Ansatz setzt auf inklusives Wohnen

Ein ähnliches Projekt baut Hannover. In der niedersächsischen Hauptstadt entsteht Europas größte Siedlung für ökologisches, minimalistisches und inklusives Wohnen. 

Damit setzt sich die Idee der Circular City durch: Menschen und Dinge zu verbinden, die auf den ersten Blick nicht zusammengehören. Es geht um sozialen Austausch und um die Weiter- und Wiederverwendung von Dingen. Der „Clash of Spaces“ zwischen den unterschiedlichen Lobby-Gruppen (Wohnbau, Kleingärtner, Tourismus) soll vermieden werden, indem das Ziel „Weniger Raum, mehr Lebensqualität“ konsequent umgesetzt wird. Aus Bewohnern werden Nachbarn.

Gemein ist den neuen Projekten, dass es ihnen nicht in erster Linie um „gutes Wohnen“, sondern um den Aufbau guter Nachbarschaften geht. Bisherige Wohnkonzepte sind introvertiert und nach innen gerichtet und wollen die äußere Welt in der privaten Wohnung abbilden: „Meine Garage, mein Auto, meine Familie, mein Garten.“ Die neuen Konzepte sind eine Antwort auf das Bedürfnis nach Nachbar- und Gemeinschaft und den Trend, die Welt zu erobern, indem man die eigenen vier Wände verlässt.

Alleine wohnen innerhalb einer Gemeinschaft

Der Erfolg der neuen Projekte und Quartiere liegt im „Cluster- und Co-Living“: alleine Wohnen innerhalb einer Gemeinschaft. Es ist erst die Vielfalt an Wohn- und Lebensformen, die eine Großstadt lebenswert und attraktiv macht. Co-Living wird zum neuen Wohnmodell, nicht nur für Studierende und junge Leute. Populärer werden auch WGs für Berufstätige und Ältere sowie Mehrgenerationenhäuser. Alters-WGs verbinden das Bedürfnis der Älteren, möglichst lange in den eigenen vier Wänden und nicht in einem Heim zu leben, mit der Notwendigkeit, sie gut und effizient zu betreuen.

„Die Menschen, nicht die Häuser machen die Stadt“ sagte Perikles, als er vor mehr als 2000 Jahren die Akropolis in Athen neu bauen ließ. Beim Bau von Wohnungen geht es immer auch um Beziehungen. Nachbarschaften und Gemeinschaften entstehen, wenn sie gelingen.

Den kompletten Gastbeitrag von Daniel Dettling finden Sie in seiner Kolumne in der aktuellen Printausgabe der KOMMUNAL. Hier schreibt der Zukunftsforscher regelmässig über kommunale Themen der Zukunft. HIER gehts zum kostenfreien Probeabo: 



 

Der Autor ist Zukunftsforscher und leitet das von ihm gegründete Institut für Zukunftspolitik. Sein neues Buch heißt: „Zukunftsintelligenz. Der Corona-Effekt auf unser Leben“ (LangenMüller).