Wirtshaus: Stühle auf den Tischen, Wir haben geschlossen
Immer mehr Gasthöfe, Restaurants und Cafés machen dicht.
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Kommunen in Sorge

Konzepte gegen das Wirtshaussterben

Um den gastronomischen Betrieben über die Krise hinwegzuhelfen, wird der ermäßigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen bis zum 31. Dezember 2023 verlängert. Auf die Abgabe von Getränken trifft das nicht zu. Die politische Entscheidung soll es der Gastronomie erleichtern, ihre Betriebe fortzuführen. Doch reicht das? Die Kommunen beklagen ein Wirtshaussterben. Welche Konzepte bereits geholfen haben.

Der Bürgermeister der Kleinstadt Waldkirchen, Heinz Pollak, hat am Wochenende in den sozialen Medien gepostet, wie viele Restaurants und Cafés in seiner Kommune keinen Betreiber mehr haben. Die Liste ist lang: Die bei Touristen beliebten knapp 11.000 Einwohner zählenden Kommune sucht derzeit beinahe verzweifelt Pächter für gleich sieben Lokale: Es betrifft die Pizzeria, die Eisdiele, ein Pub, ein Restaurant am See, dazu einen Imbiss, eine Vinothek und ein  Café. Dabei unterstützt die Stadt mit ihrem Leerstandsprogramm neue Pächter, indem sie ihnen sechs Monate - bis zu 3600 Euro insgesamt  - bezahlt. Der jeweilige Eigentümer der Immobilien übernimmt zusätzlich für zwei Monate die Pacht.

Wirthäuser und Cafés schließen

In Wangen im Allgäu schließt Medienberichten zufolge das über die Gemeindegrenzen hinaus bekannte Café Haug. Am 4. Dezember soll  Schluss sein. Nach 167 Jahren macht der Landgasthof in Reinbek das Restaurant zu, nur der Hotelbetrieb bleibt. Nach knapp 380 Jahren Familienbetrieb hat der Brauerei-Gasthof Hümmer in Breitengüßbach im oberfränkischen Kreis Bamberg aufgegeben. Solche Beispiele finden sich quer durch Deutschland. Erst legten die Lockdowns in der Corona-Pandemie alles lahm, dann folgte die Personalnot und nun geben die rasant steigenden Energiepreise vielen gastronomischen Betrieben den Rest. Zahlreiche kleine Gemeinden müssen seit Jahren ohne Gaststätte auskommen - und finden trotz immenser Bemühungen nun noch schwieriger interessierte Unternehmer.

Gastgewerbe vor schwierigem Winter

Die Verteuerung bei den Energiepreisen steht laut einer aktuellen Umfrage des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA bei 89,0 Prozent der Betriebe ganz oben im Problem-Ranking. 56,3 Prozent der Unternehmer berichten von angekündigten Preissteigerungen bei Strom, die durchschnittlich 103,8 Prozent betragen. Bei 60,8 Prozent der Betriebe werden sich die Gaspreise um durchschnittlich 152,4 Prozent erhöhen. „Der Kostendruck im Gastgewerbe nimmt weiter zu“, sagt der Präsident des Verbandes, Guido Zöllick. Dabei sei zu beachten, dass rund 40 Prozent der Betriebe noch keine Information ihres Energieanbieters erhalten haben. „Das Gastgewerbe steht vor einem schwierigen Winter“, sagt Zöllick. Umso mehr zählten die richtigen politischen Weichenstellungen.

„Die Gewährleistung der Energiesicherheit und konkrete Maßnahmen zur Eindämmung der Preisexplosion bei Gas und Strom müssen jetzt oberste Priorität haben", fordert Zöllick. Die aktuelle DEHOGA-Umfrage belege , dass die Energiekosten bereits jetzt bei fast der Hälfte der Betriebe (48,8 Prozent ) auf 10 Prozent und mehr des Umsatzes gestiegen seien, bei 10,7 Prozent machten die Energiekosten zwischen 15 und 20 Prozent des Umsatzes aus, bei 8,7 Prozent betragen die Kosten mehr als 20 Prozent des Umsatzes.

Entlastungspaket mit Hilfe für Gastronomie

Das jüngst beschlossene dritte Entlastungspaket der Bunderegierung sieht vor, dass die  Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie auf sieben Prozent verlänger wird. Hiermit soll die Gastronomiebranche entlastet und die Inflation nicht weiter befeuert werden. Weitere Informationen um das Entlastungspaket.

„Das Beibehalten des reduzierten Mehrwertsteuersatzes ist das richtige und dringend benötigte Signal für die Branche in herausfordernden Zeiten, das Mut und Hoffnung macht“, kommentierte der GEHOGA-Präsident die aktuelle politische Entscheidung.

Konzepte gegen das Wirtshaussterben

Was aber tun, wenn wieder ein Wirtshaus schließt? Häufig betreibt die Kommune das Gasthaus dann selbst, wie die bayerische Marktgemeinde Frontenhausen. Sie hat 2014 ein denkmalgeschütztes Haus aus dem Jahr 1905  in der Nähe des Rathauses gekauft, nachdem es seit 2013 ungenutzt leer stand. Es wurde aufwändig saniert. Der Gasthof zur Post beinhaltet jetzt nach dem Umbau, der Sanierung und Erweiterung  ein Gemein­de­zen­trum mit Wirts­haus.

Die Gemeinde Wolfram-Eschenbach in Franken hat 2012 ein großes Gebäude mit einem Gasthaus im Zentrum gekauft und rettete es so vor dem Verfall. Nachdem sich in der Finanzkrise kein Investor fand, ließ sie das Haus herrichten und umbauen. 2017 war die Sanierung des Hotel Gasthof "Alte Vogtei" abgeschlossen und der Hotel Gasthof "Alte Vogtei" wurde eröffnet. Der Gasthof war rasch verpachtet, berichtet Bürgermeister Michael Dörr.

In einer Schwarzwaldgemeinde haben die Einwohner unter dem Dach einer Genossenschaft ihr Dorfgasthaus wiedereröffnet. Im Januar 2012 kaufte die Genossenschaft das Gebäude im badischen Todtnau-Geschwend. Die Genossenschaft „das-rößle eG“  räumte die bisherige Wirtschaft komplett leer und sanierte das 230 Jahre alte Haus. Das Dorfgasthaus verfügt über sieben komplett neue Komfort-Zimmer. Das sind nur drei Beispiele für gelungene Aktionen, um das Gasthaus im Ort zu retten. Doch nicht immer hat die Kommune das Geld und nicht immer finden sich so beherzte Bürgerinnen und Bürger.