Mit dem Bundesteilhabegesetz werden Kommunen entlastet, sagt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles. ©BMAS

„Wir achten darauf, Kommunen zu entlasten“

Das Bundesteilhabegesetz hat starke Auswirkungen auf die Kommunen. Ein Verhandlungserfolg oder neue Risiken? Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles im Interview.

KOMMUNAL: Im neuen Bundesteilhabegesetz ist von Leistungsverbesserungen die Rede. Wie teuer wird das für Kommunen? Nahles: Natürlich nehmen wir mit dem Bundesteilhabegesetz - kurz BTHG - Verbesserungen vor, aber wir achten auch darauf, Länder und Kommunen zu entlasten, wie durch die Trennung der Fachleistungen von den Leistungen zum Lebensunterhalt. Mehrausgaben aufgrund der vorgesehenen Leistungsverbesserungen schultert weitgehend der Bund. Gleichzeitig entlasten wir die Kommunen um 5 Milliarden Euro jährlich. Durch Prävention wollen wir erreichen, dass künftig weniger Menschen überhaupt in die Lage kommen, auf die Eingliederungshilfe angewiesen zu sein. Kurz gesagt: Wir gehen davon aus, dass sich das Bundesteilhabegesetz für Länder und Kommunen ab 2020 nahezu kostenneutral entwickelt, weil der Bund auch seinen Anteil hat.

Andrea Nahles stammt aus der Eifel und bewohnt in Weiler einen Bauernhof. Die 46-Jährige war zunächst Bundesvorsitzende der Jusos, später Generalsekretärin der SPD und bis 2009 stellvertretende Bundesvorsitzende. In der großen Koalition ist sie im Kabinett Merkel Arbeits- und Sozialministerin. ©spdfraktion.de (Susie Knoll/Florian Jänicke)

KOMMUNAL: Droht aber nicht die Gefahr, dass der Kreis der leistungsberechtigten Personen ausgeweitet wird und somit doch neue Kosten für die Kommunen entstehen? Nahles: Der Gesetzentwurf beinhaltet eine Neuregelung der Frage, wer Eingliederungshilfe erhalten soll. Dies ist durch die Neufassung des Behindertenbegriffs im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention begründet. Die Regelung wird erst mit dem zweiten Reformschritt ab 2020 eingeführt. Ziel ist es, den Kreis der Leistungsberechtigten weder einzuengen noch ihn auszuweiten. Ich verstehe, dass die neue Systematik für Fragen sorgt. Deshalb lassen wir den Trägern vor Ort bewusst Zeit für Umstellung und mögliche Pilotphasen. KOMMUNAL: Sie sprachen die fünf Milliarden Euro Entlastung für die Kommunen bei den Soziallasten an. Wie stellen Sie sicher, dass das Geld auch bei den Kommunen ankommt und nicht bei den Ländern versickert? Nahles: Klar ist: Die Mittel, die der Bund für Leistungsverbesserungen im Bundesteilhabegesetz einstellt, werden hiervon nicht abgezogen. Auch über den Verteilungsweg hat man sich geeinigt: Das Geld kommt teils über die Umsatzsteuer und teils über eine erhöhte Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft im SGB II bei den Kommunen an. Unsere föderale Verfassung ist strikt und gibt vor, dass der Bund nicht direkt kommunale Leistungen finanzieren darf. Ich freue mich sehr darüber, dass wir mit dem Bundesteilhabegesetz auch diese Baustelle endlich gelöst haben.