Windräder werden in Deutschland immer seltener genehmigt - Grund sind neben umständlichen Anträgen auch die Proteste von Bürgern
Windräder werden in Deutschland immer seltener genehmigt - Grund sind neben umständlichen Anträgen auch die Proteste von Bürgern

Einnahmen als Schlüssel

Akzeptanz für die Windenergie erhöhen

Zum Erreichen der deutschen Klimaschutzziele ist der Windkraftausbau an Land ein unverzichtbarer Bestandteil der Energiewende. Lange Genehmigungsverfahren, Klagen für den Artenschutz und Flächenknappheit sind einige Gründe für den Stillstand beim Ausbau. Insbesondere die Akzeptanz ist in der Bevölkerung während der letzten Jahre zurückgegangen. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) erarbeitet deshalb in einem Fach-Workshop Modelle für eine bessere finanzielle Beteiligung der Kommunen. Die Ergebnisse sollen noch Anfang 2020 in einem eigenständigen Gesetz verabschiedet werden. Vorzugswürdig ist ein kombiniertes Modell zur besseren Beteiligung an der Wertschöpfung.

Hinweis: Der Text ist eine Co-Produktion des Autors Timm Fuchs mit dem Referatsleiter beim DStGB, Finn-Christopher Brüning

Die Windenergie ist ein wichtiger Baustein beim Klimaschutz. Im November 2016 verabschiedete die Bundesregierung den Klimaschutzplan 2050, um bis zum Jahr 2050 weitgehend Treibhausgas neutral zu werden. Hintergrund hierfür war Deutschlands Zustimmung zum Pariser Klimaschutzabkommen der Vereinten Nationen. Als Zwischenziel verfolgt die Bundesregierung, bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energien auf bis zu 65 Prozent auszubauen. Die Windenergie ist ein zentraler Baustein zur Erreichung der Klimaschutzziele. Heute stehen fast 31.000 Windräder in Deutschland. Ihr Anteil an der Nettostromerzeugung liegt nach Angaben des Fraunhofer Instituts Anfang 2020 bei rund 35 Prozent. Windkraft liefert somit den größten Anteil am deutschen Strom, wenn die konventionelle Stromerzeugung, Atom- bzw. Kohleverstromung, einzeln betrachtet wird. Jedoch steht die Windkraftbranche vor enormen Herausforderungen.

Nach einem durch die Verbände BWE und VDMA Power Systems in Auftrag gegebenen Bericht ist der Ausbau der Windenergie an Land nahezu zum Stillstand gekommen. Der Bruttozubau betrug im Jahr 2019 in den ersten sechs Monaten 287 Megawatt bzw. es wurden 86 Anlagen errichtet. Somit ergibt sich ein Rückgang um 82 Prozent bezogen auf das bereits schwache Vorjahr. Nach Abzug der zurückgebauten Windenergieanlagen beträgt der Nettozubau 231 Megawatt bzw. es wurden 35 Anlagen errichtet.

Die Gründe hierfür dürften vielfältig sein. Die im Jahr 2000 eingeführte EEG-Umlage läuft aus, was sich entscheidend auf die Rentabilität vieler Anlagen auswirkt. Ab 2021 entfällt die lukrative staatliche Einspeisevergütung in Höhe von ungefähr neun Cent pro Kilowattstunde. Gleichzeitig ist die Genehmigungsdauer von 3 auf 18 Monate je Anlage gestiegen. Ursache dürfte die schwindende Akzeptanz in der Bevölkerung, aber auch das eingeführte Verbandsklagerecht sein. Damit geht eine Klageflut vor den Verwaltungsgerichten durch Verbände (60 % Natur- und Umweltverbände) und Bürger, die sich inzwischen in rund über 1.000 Bürgerinitiativen professionell organisiert haben, einher. Es tritt hinzu, dass ein Kampf um freie Flächen in den Kommunen begonnen hat, der sich auch weiter verschärfen dürfte. Städte und Gemeinden stehen der Errichtung von Anlagen besonders dann kritisch gegenüber, wenn wenige Einnahmen der Kommunen zu erwarten sind und ein erheblicher Widerstand bei großen Teilen der örtlichen Bevölkerung. 

Möglichkeiten zur Akzeptanzsteigerung der Windenergie 

Bund und Länder sehen durch die Krise bei der Windkraftenergie an Land die Ziele für den Klimaschutz bis 2030 gefährdet. Wirtschaftsminister Peter Altmaier hatte daher zu einem Krisengipfel Anfang Oktober 2019 Vertreter der Branche, der Länder und Verbände sowie der Bürgerinitiativen eingeladen, um die Probleme zu identifizieren. Der DStGB war daran beteiligt und hat sich unter anderem für eine bessere Wertschöpfungsbeteiligung der Kommunen ausgesprochen, pauschale Mindestabstände für Windkraftanlagen dagegen abgelehnt. Im Anschluss daran hatte das Bundeswirtschaftsministerium Ende November Akteure des öffentlichen Sektors zu einem Fach-Workshop zur finanziellen Beteiligung von Kommunen an EE-Anlagen mit dem Fokus auf die Windenergie an Land eingeladen. Ziel war es, die im Zuge der Grundsteuerreform getroffene Regelung und Fragen zu ihrer Umsetzung, aber auch weitere Möglichkeiten der Wertschöpfungsbeteiligung zu diskutieren. Grundlage der Erörterung war der Untersuchungsbericht eines Expertengremiums, in dem fünf mögliche Beteiligungsmodelle für die Kommunen erläutert und bewertet werden.

Nach Ansicht der Experten hat ein gesonderter Grundsteuerhebesatz viele Vorteile wie z.B. eine hohe finanzielle Beteiligung der Kommunen, einen guten Gestaltungsspielraum durch örtlich individuelle Hebesätze sowie eine leichte rechtliche Ausgestaltung, da lediglich geltendes Grundsteuerrecht angepasst werden muss. Die Höhe der Steuereinnahmen ist hingegen unsicher, da bislang offen bleibt, wie sich die Steuer auf die Investitionsbereitschaft der Betreiber auswirkt. „Verhinderungshebesätze“ sind ebenfalls ausgeschlossen, da die Länder entsprechende Verordnungen mit Festsetzungsspielräumen festlegen können.  

Auch wurde ein freiwilliger Schenkungsvertrag mit der Kommune untersucht. Zwar ist der Gestaltungsspielraum für die Kommunen bei diesem Modell relativ hoch, da alles auf Freiwilligkeit beruht und die rechtliche Umsetzung durch Musterverträge erfolgen kann. Jedoch hängt die Einnahmehöhe vom Verhandlungsgeschick der Kommune ab. Dies führt gleichsam zu Planungsunsicherheit bei den Betreibern aufgrund der stark abweichenden Investitionskosten bzw. Folgekosten.

In der Beurteilung der Gutachter schneidet eine Sonderabgabe besonders gut ab. Für die Kommunen bietet diese die Möglichkeit einer hohen, planbaren und langfristigen finanziellen Beteiligung, während für die Betreiber die Berechnung der Betriebskosten weiterhin kalkulierbar bleibt. Insbesondere können die Zahlungen direkt an die Standort- sowie die Nachbarkommune erfolgen. Auch wird die rechtliche Umsetzung mit Verweis auf Windenergieanlagenabgabengesetz (BbgWindAbgG) des Landes Brandenburg als praktikabel angesehen. Das größte Risiko wird in der verfassungsrechtlich möglicherweise unzulässigen Aufgabenübertragung des Bundes an die Kommunen gesehen. Zudem birgt die Rechtfertigung für eine Sonderabgabe ein gewisses rechtliches Risiko.

Auch wurde eine Außenbereichsabgabe untersucht. Hierbei wird die Mittelweitergabe an die Kommunen als zu aufwendig eingestuft wird, da die Ertragskompetenz bei den Ländern liegen würde. 

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Vorteile eines kombinierten Modells

Unter den Beteiligungsmodellen sind aus kommunaler Sicht besonders jene vorzugswürdig, welche auf die örtlichen Gegebenheiten der jeweiligen Kommunen sind. Sowohl die Entscheidung, Beteiligungsinstrumente zu nutzen, als auch ihre konkrete Anwendung muss Aufgabe der Selbstverwaltung bleiben. Deshalb erscheinen insbesondere die Grundsteuer D sowie die Sonderabgabe als taugliche Instrumente. Eine steuerliche Komponente hat den Vorteil, dass davon auch bestehende Anlagen erfasst werden. Damit hätten alle Standortgemeinden die Möglichkeit, zu profitieren. Die Kombination mit einer Sonderabgabe würde sicherstellen, dass eine Beteiligung nicht nur für Standortgemeinden, sondern auch für Nachbarkommunen möglich wäre. Voraussetzung wäre eine Regelung, wonach alle Gemeinden, die in einem bestimmten Umkreis um die Anlage belegen sind, einen Anspruch haben, so wie dies im entsprechenden Brandenburgischen Gesetz vorgesehen ist. Dies hätte den weiteren Vorteil, dass die tatsächlichen Lasten besser abgebildet werden können, etwa bei Anlagen in der Nähe von Gemarkungsgrenzen. 

Klimaschutz und Windenergie brauchen Akzeptanz!

In der Diskussion wird gegenüber Beteiligungsmodellen auf der Grundlage gemeindlicher Hebesätze immer wieder eingewandt, dass der Ausbau der Windenergie an Land durch eine die erdrosselnde Wirkung verhindert würde. Dies verkennt, dass nicht einzelne Komponenten den Windenergieausbau fördern oder behindern, sondern die Schaffung von Akzeptanz ein komplexer Aushandlungsprozess ist. Dabei spielen viele Aspekte eine Rolle, angefangen vom Planungs- und dem Naturschutzrecht, über die Eigentümerschaft bei den Anlagen bis hin zu finanziellen Beteiligungen der Gemeinden. 

Erfolgreich wird eine Ansiedlungsstrategie am ehesten dann sein, wenn ein größtmöglicher Konsens erzielt wird. Dieser ist am wenigsten im Gerichtssaal und am ehesten in den Gemeinden vor Ort erreichbar, durch die Akzeptanz der örtlichen Gemeinschaft. Konkret müssen aus Betroffenen Akteure und bestenfalls Profiteure werden. Hierzu gehört, dass nicht nur die Belastungen des Ausbaus der erneuerbaren Energien offen und ehrlich diskutiert, sondern auch deren Vorteile spürbar werden. Dies ist am ehesten durch eine kollektiv wirkende Beteiligung der Gemeinden erreichbar. Individuelle Entschädigungen, beispielsweise durch ein „Windbürgergeld“ sind dabei nicht zielführend, weil sie nur zugunsten Einzelner und nicht im Sinne der Allgemeinheit wirken. Neben Schwierigkeiten bei der Abgrenzung die extrem streitanfällig vor Ort sein dürfte (Wie ist Belastung messbar und was sind taugliche Kriterien dafür? Wer ist betroffenen und wer nicht mehr?) droht die Gefahr eines Dominoeffekts durch immer neue Forderungen nach der Ausweitung dieses Instruments auf andere belastende Infrastrukturprojekte wie Autobahnen, Bahn- oder Stromtrassen. 

Wie geht es weiter?

Bis Mitte Dezember 2019 schien die bessere finanzielle Beteiligung der Kommunen am Windkraftausbau zum Greifen nah zu sein. Die geplante Einführung der Grundsteuer D (oder auch „Wind“ genannt), sollte nach Aussage des Bundesfinanzministeriums Anreize für die Kommunen schaffen, neue Flächen für den Windkraftausbau auszuweisen, fand aber im Rahmen des Vermittlungsausschusses zum Klimapaket keine politische Mehrheit. Die Bundesregierung plant gegenwärtig, im ersten Quartal 2020 unabhängig vom Kohleausstiegsgesetz, ein eigenständiges Gesetz für eine Akzeptanzsteigerung und bessere Wertschöpfungsbeteiligung mit allen Akteuren auszuarbeiten und zu beschließen. Die Kommunen stehen dabei für konstruktive Lösungen bereit, erwarten aber auch den klaren Willen der Politik, diese zu schaffen!