Wasserknappheit spielt in immer mehr Kommunen eine Rolle
Wasserknappheit spielt in immer mehr Kommunen eine Rolle
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exklusive Umfrage

Wasserknappheit in Deutschland "eine zunehmende Bedrohung"

KOMMUNAL und das ARD Politmagazin Report München haben eine große Umfrage unter Kommunen und Wasserzweckverbänden gestartet. Ziel war es herauszufinden, wie die aktuelle Wassersituation nach dem Hitzesommer ist. Die Ergebnisse zeigen eine zunehmend problematische, aber nicht flächendeckend dramatische Lage.

Die Wasserknappheit hat die Kommunen erreicht. Die Dürre lässt in hunderten Städten und Gemeinden in Deutschland das Wasser knapp werden. Das zeigt das größte Stimmungsbild, das bisher zu diesem Thema erstellt wurde – 1.480 Kommunen und deren Zweckverbände schilderten KOMMUNAL in einem gemeinsamen Projekt mit dem ARD-Politikmagazin report München ihre teils dramatische Lage. 57 Prozent der Befragten stellen demnach in ihrer Kommune Wasserknappheit fest, 18 Prozent sehen Handlungsbedarf, bei drei Prozent der befragten Kommunen ist die Lage nach eigenen Angaben so angespannt, dass nicht mehr alle Akteure ausreichend versorgt werden können. Ein kommunaler Mitarbeiter aus einer Gemeinde in Brandenburg schreibt: "Die Wasserknappheit stellt eine zunehmende Bedrohung dar".

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Wasserknappheit betrifft Ostdeutschland stärker als den Westen 

Besonders stark betroffen ist der Osten Deutschlands. Hier berichten 67 Prozent der Befragten – und damit 10 Prozent mehr als im Durchschnitt der befragten Kommunen deutschlandweit von Wasserknappheit. Im Osten Deutschlands wurden der Umfrage zufolge daher auch besonders häufig Gegenmaßnahmen ergriffen, 24 Prozent der Kommunen haben dort etwa die Bewässerung privater Gärten oder die Befüllung privater Pools eingeschränkt oder ähnliche Vorgaben erlassen, im Bundesschnitt sind es 16 Prozent.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen gibt es in Mitteldeutschland deutlich mehr Menschen, die noch nicht an die Wassernetze angeschlossen sind und über Brunnen versorgt werden. Insgesamt sind die Leitungen noch immer nicht überall auf dem neuesten Stand, stammen noch aus der Mangelwirtschaft der DDR. Zum anderen sind hier viele Gemeinden in den vergangenen Jahren (Stichwort: Herzkranzgefäße der Großstädte) stark gewachsen, teils hat sich die Einwohnerzahl in Gemeinden rund um Berlin mehr als verdoppelt. Entsprechend stark ist der Wasserbedarf gestiegen. Zudem gibt es in Ostdeutschland Regionen, in denen es im Vergleich zur restlichen Republik deutlich weniger regnet. 

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Wasserknappheit: Das berichten uns die Kommunen konkret 

Kommunen berichten von ausgetrockneten Bächen, Flüssen und Brunnen und von sinkenden Grundwasserspiegeln. Einem Mitarbeiter aus der Wasserwirtschaft einer Kleinstadt in Niedersachsen zufolge etwa sind die "Wasserpegelstände der Tiefbrunnen in den letzten 10 Jahren kontinuierlich um insgesamt drei bis vier Meter gefallen".

Aber auch das Trinkwasser wird in manchen Gemeinden knapp, "einige Gemeinden müssen mit Wassertankfahrzeugen versorgt werden", schreibt ein Mitarbeiter eines Zweckverbandes aus Thüringen. Mittelfristig müsse mehr für ein Wassermanagement und sinnvolle Wasserverwendungen getan werden, so der Bürgermeister einer größeren Stadt in Niedersachsen.

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Kommentare und Antworten der Umfrage im Details 

Besonders spannend und hilfreich waren für die Auswertung neben den rein statistischen Daten die zahlreichen Antworten, die Sie uns in den Kommentarspalten hinterlassen haben. Darüber ergibt sich ein deutlich detaillierteres Bild, als über das reine Zahlenmaterial. So zeigen die Antworten etwa, dass viele Kommunen durchaus das Problem von sinkendem Grundwasser erkannt haben. Hier einige Zitate von Bürgermeistern und Zweckverbänden, die wir natürlich anonymisiert haben. 

So sagt etwa ein Bürgermeister: "Die Grundwasserstände der Brunnen sind stark gefallen". Ein anderer Mitarbeiter einer Kommune sagte uns: "Manche Brunnen sind ausgetrocknet". Es gibt jedoch auch schon Kommunen, für die diese Situation ganz konkrete Auswirkungen hat. So schrieb uns eine Kommune: "Sinkende Grundwasserpegel veranlassen die Inbetriebnahme eines Notbrunnens". Aus einer anderen Kommune erhielten wir den Hinweis: "Die Wasserpegelstände der Tiefbrunnen sind kontinuierlich in den letzten 10 Jahren um insgesamt 3-4 Meter gefallen". 

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Wasserknappheit und der Zusammenhang mit dem Oberflächengewässer 

Und auch das Thema Oberflächengewässer ist in einigen Kommunen akut. Hier weitere Zitate von Ihnen aus der Umfrage, die zeigen, dass für viele das Problem beim Austrocknen der Oberflächengewässer liegt. So schreibt uns ein Bürgermeister: "Trinkwasser ist genug vorhanden, aber die Natur trocknet aus." Ein anderer schreibt uns: "Oberflächennahe Quellen versiegen", ein anderer Mitarbeiter eines Zweckverbandes erklärt konkret: "Der Elzbach ist schon seit vier Wochen ausgetrocknet". 

Besonderen Einfluss hat die Situation offenbar auf die Landwirtschaft. So sagt uns ein Teilnehmer der Umfrage: "Kritisch ist der fehlende Regen für den Weinbau und die teilweise versiegten Quellen". Und über die Folgen berichtet uns ein Vertreter einer Kommune aus seiner Gemeinde: "Vor allem landwirtschaftliche Erträge fallen geringer aus, es gibt nicht ausreichend Futter für den Winter". 

 

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Wo Kommunen konkrete Einschränkungen wegen Wasserknappheit anordnen müssen 

Konkret gefährdet ist dadurch auch die Trinkwasser und Brauchwasserversorgung. "Unsere Bürger wurden zu sparsamen Umgang mit Trinkwasser angehalten", sagt uns ein Teilnehmer der Umfrage. Dramatischer die Situation in einer Kommune in Hessen: "Derzeit haben wir einen Wassernotstand ausgerufen, mit Sperrzeiten nachts", sagt er. Anderswo setzt man auf freiwilliges Einschränken: "Die Bürger wurden bereits aufgefordert freiwillig das Rasensprengen, das Poolbefüllen, das Blumengießen, das reinigen mit dem Hochdruckreiniger, sparsam mit Wasser im Haushalt umzugehen". Wieder ein anderer erklärte uns: "Sämtliche quellengespeiste Brunnen mussten abgestellt werden, diese wurden zur Garten - und Grundstücksbewässerung genutzt." Der Bürgermeister einer kleinen Gemeinde in Baden-Württemberg berichtete uns: "Die sinkenden Grundwasserpegel veranlassen die Inbetriebnahme eines Notbrunnens". Nicht ganz so dramatisch die Situation nebenan in einer kleinen Gemeinde in Rheinland-Pfalz, von dort meldet uns ein Bürgermeister: "Wir rufen öffentlich zum Wassersparen auf, wo es nur geht. Noch haben wir die Situation im Griff". Eine Situation, die auch ein Mitarbeiter einer Kleinstadt aus Rheinland-Pfalz bestätigt: " Die Knappheit ist seit mehreren Jahren ein Problem. Es sind keine Reserven mehr vorhanden, bei Ausfall einer Gewinnung wird es kritisch".

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Vereinzelt wurde die Entnahme wegen Wasserknappheit auch konkret eingeschränkt 

Neben dem Aufruf zum Wassersparen gibt es erste Kommunen und Landkreise, die konkret die Entnahme von Wasser einschränken. Bekanntestes Beispiel, über das auch KOMMUNAL schon berichtet hat, ist hier die Region rund um den Wasserverband Strausberg-Erkner. Hier wurde der Wasserverbrauch für neu zuziehende auf 105 Liter am Tag begrenzt. Wer mehr verbraucht, muss eine Art Strafzahlung leisten. Ein Weg, der auch für andere Kommunen offenbar angedacht wird. So schreibt uns ein Teilnehmer der Umfrage: "Es gibt schon eine Allgemeinverfügung vom Landkreis, dass keine Wasserentnahme mehr aus Gewässern erfolgen darf." Ein anderer schreibt uns: "Wir haben eine allgemeine Einschränkung der Wasserentnahme zur Gartenbewässerung". 

Anderswo setzt man vor allem darauf, dass die Landwirtschaft ihre eigenen Anlagen errichtet, wie uns ein Bürgermeister schrieb. 

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Die Gründe sind aber sehr vielfältiger, wie weitere Kommentare zeigen

Dass vergleichsweise wenige Kommunen bisher konkrete Maßnahmen ergreifen mussten, hängt natürlich vor allem mit der sehr unterschiedlichen Situation in verschiedenen Regionen zusammen. Um Ihnen einen kleinen Einblick zu verschaffen, haben wir hier weitere Zitate für Sie zusammengestellt, die einen Aufschluss über die Situation in verschiedenen Regionen geben.

"Gefahren drohen uns durch die vermehrten Bohrungen von Geothermiebrunnen in unserenTrinkwasserleiter"

"Hätten wir nicht in den letzten zwei Jahren sehr intensiv in unsere Wasserversorgung investiert(Neubau Hochbehälter, Neubau einer Verbundleitung an das Netz der WBW), hätten wir bereits wieder massive Probleme. Maßnahmen wurden nach 2018 eingeleitet, nachdem uns das Wasser sprichwörtlich ausging. Wir mussten damals kurzfristig eine Notleitung verlegen undmit Tankwägen Zuspeisen um die Versorgung aufrecht erhalten zu können."

"Die Landwirtschaft muss auf Wasserentnahmen aus dem städtischen Netz zurückgreifen. Die Löschwasserversorgung ist an manchen Stellen kritisch, wenn Bäche und Teiche Niedrigwasser führen oder gar ganz trocken fallen. Der Missbrauch von Wasserentnahmen,z.B. für das Befüllen von Pools an der legalen Entnahme aus den Netz vorbei wird stärker kontrolliert und sanktioniert. Investitionen in Wasserrückhaltung zur Bewässerung inTrockenzeiten ist auf der einen Seite dringend notwendig geworden. Auf der anderen Seite sinddie dafür notwendigen Investitioen kaum finanzierbar. Hier braucht es gut ausgestattete Förderprogrammen, nicht nur für Privathaushalte, sondern z.B. auch für Vereine, damit z.B. ein Fußballplatz über die gesamte Saison für eine Spielgemeinschaft bespielbar gehalten werden kann"

"Bis zum Jahr 2002 war ein Wechsel von Nass- und Trockenjahren zu verzeichnen. Ab 2003 konnten trockene Jahre mit geringer Grundwasserneubildung beobachtet werden. Vor allem die Jahre 2018, 2019, 2020 waren sehr trocken und die Grundwasserneubildung ist deutlich zurückgegangen"

"Die Trends zeigen sich schon seit ca. 15 Jahren und sind seit ca. 5 Jahren problematisch"

ARD zeigt ausführlichen Beitrag zum Thema und zur Umfrage: 



 

Wasserknappheit Christian Erhardt
Ausschnitt aus der ARD Sendung Report München im Interview mit Christian Erhardt 

Die ARD hat am Dienstag um 21.45 Uhr in der Sendung "Report München" einen ausführlichen Beitrag zum Thema Wasserknappheit mit zahlreichen Beispielen aus dem In- und Ausland gesendet. Darin wurde auch die Umfrage vorgestellt. 

HIER können Sie den etwa 12-minütigen Beitrag noch einmal im Original ansehen: 

 

Medienecho auf den Beitrag zur Wasserknappheit von KOMMUNAL 

Der Informationskanal des Südwestrundfunks hat am 30. August über die Umfrage berichtet. HIER finden Sie den rund drei minütigen Beitrag, in dem auch unser Chefredakteur Christian Erhardt zu Wort kommt: 

Auch die Tagesschau hat heute über die KOMMUNAL-Umfrage berichtet: HIER FINDEN SIE DEN BERICHT! 

Der RBB berichtet HIER über das Thema: 

Dem Bayerischen Rundfunk war die Umfrage dieser Bericht wert: