Brennender Wald, davor Einsatzkräfte
Ohne den unermüdlichen Einsatz ehrenamtlicher Kräfte wäre ein Waldbrand wie jener rund um Bad Schandau nicht mehr zu besiegen.
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Waldbrände

Horror Waldbrand: Wie Kommunen vorbeugen können

Im Berliner Grunewald kämpft die Feuerwehr weiterhin gegen die Flammen, nachdem sich in einem Munitionslager Explosionen ereigneten und der Wald in Brand geriet. Im Kampf gegen das Feuer bei den Waldbränden rund um Bad Schandau in der Sächsischen Schweiz gehen ehrenamtliche Feuerwehrkräfte an ihre Grenzen. Ingolf Höntsch, der stellvertretender Vorsitzende des Landesfeuerwehrverbands Sachsen e.V., spricht im Interview mit KOMMUNAL über die Schwerstarbeit in den Wäldern und darüber, wie sich Bürger und Kommunen verhalten sollen - und wie auf keinen Fall.

Herr Höntsch, aktuell laufen rund um Bad Schandau intensive Feuerwehreinsätze zur Eindämmung der Waldbrände. Wie viele ehrenamtliche Kräfte sind dort aktuell im Einsatz?

Von den Einheiten, die für den Katastrophenschutz und die Feuerwehr aus den umliegenden Landkreisen ins Gebiet Bad Schandau gekommen sind, arbeiten etwa 95 Prozent ehrenamtlich. Derzeit sind rund 550 Einsatzkräfte auf sächsischer Seite tätig.

Wie läuft der Einsatz für die ehrenamtlichen Feuerwehrkräfte aktuell ab?

Wir arbeiten mit einem Schichtsystem von jeweils etwa  20 Einsatzkräften pro Löschzug - der Landkreis Bautzen zum Beispiel hat hierfür ein Bus-Shuttle-System aufgestellt. Die Feuerwehrangehörigen werden voralarmiert und sammeln sich innerhalb von zwei Stunden, dann fahren sie mit dem Einsatzfahrzeug nach Bad Schandau. Dort starten sie in den frühen Morgenstunden los, legen Leitungen aus und befördern Löschwasser von der Elbe in die hohen Lagen. Parallel dazu bekämpfen Kollegen in den Wäldern die Brände. Dabei haben sie den ganzen Tag über einen rund 30 Kilo-Wasserrucksack auf dem Rücken und einen Spaten oder eine Axt dabei, graben sich durch den völlig ausgetrockneten Waldboden und versuchen, die Glutnester rund um die Fichten zu löschen. Andere Kollegen schlagen währenddessen mit Kettensägen Schneisen in die Wälder, damit das Feuer stoppt. Diese Einsätze gehen bis 22 Uhr in der Nacht, dann ist man am Ende dessen, wozu ein Mensch in der Lage ist. Um fünf Uhr morgens geht der Einsatz dann wieder weiter. Parallel dazu sind Löschflugzeuge auf der tschechischen Seite und Hubschrauber unterwegs.

Feuerwehrmann im brennenden Wald
Extrem gefährlicher Einsatz im brennenden Wald.

Wann war klar, dass es diesmal so ernst werden würde?

Das war eigentlich schon im vergangenen Jahr klar, als es in der Region mehrfach heftige Brände gab, die sich sehr schnell ausgebreitet haben. Sie konnten zwar noch mit einheimischen Kräften gelöscht werden, aber es war klar: Wenn es hier mal brennt, ist die Gefahr groß. In diesem Jahr sind dann Brände in der Böhmischen Schweiz aus dem Ruder gelaufen. Durch den starken Wind, das viele Totholz und die schwere Zugänglichkeit des Gebiets hat sich das Feuer rasend schnell ausgebreitet und schnell auch die sächsische Seite erreicht.

Warum ist speziell diese Region so gefährdet?

Das Sandsteingebirge in der Sächsischen Schweiz ist stark durchklüftet und es wachsen dort vorwiegend Nadelhölzer. Zudem gibt es einen starken Tourismus. Das ist an sich kein Problem, so lange sich alle an die Regeln halten. Aber das ist leider nicht immer der Fall, vor allem in den Abendstunden und in der Nacht. Obwohl es verboten ist, gibt es Leute, die im Nationalpark campen, dort Lagerfeuer machen und rauchen.

Wie sollen sich die Bewohner jetzt am besten verhalten - und was gilt es dringend zu unterlassen?

Grundsätzlich soll sich außer den Einsatzkräften im Moment niemand in den betroffenen Wäldern aufhalten. Die Leute sollen auf keinen Fall einfach hinfahren und mal schauen. Dabei blockieren sie teilweise noch die Waldeinfahrten, so dass keine Einsatzfahrzeuge mehr durchkommen. Natürlich ist nicht die gesamte Sächsische Schweiz von den Bränden betroffen und ist in einigen Teilen durchaus Tourismus möglich. Aber auch dort gilt unbedingt: nicht die Waldwege verlassen, kein Camping, kein offenes Feuer, nicht rauchen – und besser das Handy mitnehmen, damit im Notfall ein entdeckter Brand gleich gemeldet werden kann.

Und was können die Kommunen tun?

Im Moment können Kommunen nicht viel tun. Wir Feuerwehrler brauchen jetzt schlicht die Zeit und Ruhe, um das Feuer in den Griff zu bekomme und unsere Arbeit zu machen. Hierzu muss die Zusammenarbeit zwischen den Forstämtern, der Polizei, dem THW und der Bundeswehr reibungslos funktionieren. Außerdem ist es wichtig, dass die Einsatzstäbe in Ruhe planen können, ausreichend Kommunikationsmittel vorhanden sind und die Verpflegung steht. Das ist im Moment alles gegeben. Aber für die Zukunft gibt es viel zu tun.

Was heißt das konkret?

Die Kommunen müssen sich in Abstimmung mit den Landkreisen, den Forstbehörden und auch dem Tourismusverband dringend intensiver mit dem Thema „Schutz der Wälder“ befassen. Die Gefahr von Waldbränden wird definitiv zunehmen und damit die Abstimmung im Ernstfall gut funktioniert, braucht es schon im Vorfeld eine enge Zusammenarbeit. Es gibt viele ganz praktische Dinge, die man tun kann. Feuerlöschteiche anlegen, Schneisen freihalten, auf die Waldbesitzer einwirken, damit sie sich um ihre Grundstücke kümmern und Defizite beseitigen. Außerdem muss die Wachsamkeit in der Bevölkerung erhöht werden. Hierzu könnte man Informationsveranstaltungen organisieren, bei denen die Einwohner noch genauer aufgeklärt werden über das richtige Verhalten im Wald.

Und: Wir brauchen dringend andere Einsatzschutzbekleidung. Die Kleidung, die wir bei sonstigen Einsätzen haben, ist bei Waldbränden hinderlich. Sie ist viel zu schwer, man schwitzt darunter extrem und kommt schlecht vorwärts. Wir behelfen uns aktuell mit anderer Einsatzkleidung, aber für die Zukunft bräuchten wir bessere, leichtere Einsatzkleidung, damit wir noch schneller vorankommen und länger durchhalten. Auch ein Zusammenwirken der Kommunen mit den Landes- und Bundesbehörden ist notwendiger denn je. Über die Vorhaltung von Hubschraubern mit entsprechenden Abwurfbehältern und der Beschaffung von größeren Tanklöschfahrzeugen, konkret die Katastrophenschutzzüge Waldbrand in besonders betroffenen Gebieten Sachsens darf nicht mehr nur gesprochen werden, hier erwarten wir Taten.

Was macht einen Waldbrand für die Feuerwehr besonders anstrengend?

Ein Waldbrand ist in keiner Hinsicht mit einem „normalen“ Brand in einer Wohnung, einem Haus, einer Fabrikhalle oder einem Tunnel vergleichbar. Die Brennwerte (Brandlasten) bei einem Waldbrand sind um das Vielfache höher und es gibt keine Mauern. Dadurch hat das Feuer eine extreme Dynamik und wird angetrieben durch viele schwer kalkulierbare Faktoren, den Wind, die Thermik, die Hanglage des Waldes… Dieses unbegrenzte Eigenleben eines Waldbrandes ist extrem gefährlich und wenn das Feuer dann von Baumwipfel zu Baumwipfel springt, ist das so ziemlich das Schlimmste, was Sie als Feuerwehrmann erleben können.

Brennender Wald
Der Waldbrand: Feuer mit ungebremster Eigendynamik

Was ist Ihre Prognose – wann werden die Waldbrände besiegt sein?

Das wird noch dauern und die Schläuche werden sicher noch an die vier Wochen dort liegen. Das jetzige Ereignis ist nur noch mit viel Manpower und hohem Technikeinsatz zu bewältigen. Aber für die Zukunft muss man vorplanen, damit sich eine solche Katastrophe nicht wiederholt.

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