Lesen üben
Ein Vorlese-Hund für die Stadtbibliothek
Einmal die Woche - immer dienstags von 16 bis 16.45 Uhr bezieht Milow, ein Irish Setter, seinen Arbeitsplatz in der Stadtbibliothek im City-Center von Troisdorf. Er sitzt dabei auf einer Decke und ist umringt von Kindern, die ihm vorlesen wollen. Seine Aufgabe ist also ganz klar umrissen: Da sein, sich streicheln lassen und vor allem: zuhören. "Die Kinder lesen dem Hund etwas vor und es scheint ihnen große Freude zu machen", sagt Bibliotheksleiter Philipp Maaß.
Vorlese-Hund Milow
Milow hat den Job nicht angetreten ohne vorherige Ausbildung. Er ist ein Therapie- und Begleithund. Halterin von Milow ist die zertifizierte Mediatorin Claudia Palumbo. Sie kommt auch immer mit, wenn Milow arbeitet. Er darf dabei auch schlafen. "Irgendwann ist das auch der Fall", erzählt Maaß.
Troisdorf ist nicht die einzige Stadt, die einen solch tierisch guten Leseförder-Service anbietet - und mit den Ergebnissen sehr zufrieden ist. Das erste Programm startete 1999 dazu im amerikanischen Salt Lake City und fand immer mehr Anhänger. Eine Krankenschwester war dort auf diese Idee gekommen. 2008 begann in München das erste Lesehund-Projekt in Deutschland.
"Der Hund hört geduldig zu und wertet nicht, wodurch Unsicherheiten und Ängste abgebaut werden. Erfolgserlebnisse stärken das Selbstvertrauen der Kinder. Sie lernen spielerisch flüssiger zu lesen und gewinnen eine neue Lesefreude", wirbt die Kommune im Rhein-Sieg-Kreis in Nordrhein-Westfalen um die Teilnahme. Und Hunde verbreiten eine ruhige, entspannte Atmosphäre, so dass es den Kindern besser gelingt, ruhig zu sitzen. Sie genießen die Situation und sind beim Lesen weniger aufgeregt. Viele Kinder freuen sich, Zeit mit einem Hund zu verbringen und es kann ihnen auch Ängste nehmen.
Zehn Minuten Vorlesezeit pro Kind
Wie läuft die Milow-Stunde ab? Die Kinder beziehungsweise ihre Eltern melden sich per e-mail an. Betreff: Vorlese-Hund Milow. Voraussetzung: Die Kinder müssen einen kostenfreien Bibliotheksausweis haben. Damit sich die weiteren Besucher der Bücherei und die Kinder beim Vorlesen nicht gegenseitig stören, wird die Vorleserunde mit einer Akkustikstellwänden abgeschirmt.
Das Angebot für die Kinder ist kostenlos. Und was zahlt die Stadt dafür? Milow und seine Halterin nehmen den Kostensatz eines Handwerkes zwischen 40 und 60 Euro, so Maaß.
Und wie nimmt Milow die Geschichten auf? "Der Hund hört am liebsten das, was die Kinder gerne mögen", sagt Maaß und schmunzelt. "Das geht von Conni über Detektivgeschichten wie Die Drei Fragezeichen bis zum Magischen Baumhaus."
Der Arbeiter-Samariter-Bund in Schleswig-Holstein zum Beispiel führt ebenfalls Vorlese-Veranstaltungen in Grundschulen, VHS, Büchereien, Schulen und Jugendgruppen durch. Einer der Vorlesehunde dort ist Felix, ein Betreuungshund der Rasse Russisch Laika.
