Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner
Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner: "Das Vertrauen vor Ort variiert stark nach Partei-Anhängern."

Corona-Krise

Große Unterschiede beim Vertrauen in die Politik

Vom gewachsenen Vertrauen in der Corona-Krise profitieren auch die politischen Institutionen vor Ort – allerdings nicht überall in gleichem Maße, wie Forsa-Chef Manfred Güllner in seinem Gastbeitrag für KOMMUNAL resümiert.

Durch die schwierige und langwierige Regierungsbildung nach der Bundestagswahl 2017, die heftigen Konflikte zwischen CDU und CSU und dem permanenten Zwist in der Großen Koalition war das Vertrauen in die politischen Institutionen vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie spürbar gesunken. Doch in der Corona-Krise ist das Vertrauen zu den politischen Institutionen wieder deutlich gestiegen.

Vertrauen: Politik verhält sich in Corona-Krise wie es die Bürger erwarten

Zur Bundeskanzlerin haben jetzt 72 Prozent (ein Plus von 22 Prozentpunkten im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit), zur Bundesregierung 60 Prozent (plus 26 Prozentpunkte) und zum Bundestag 54 Prozent (plus 13 Prozentpunkte) großes Vertrauen. Dieser Zuwachs an Vertrauen kommt dadurch zustande, dass sich die Politik in der Corona-Krise endlich wieder so verhält, wie es die Bürger erwarten. Sie kümmert sich wieder um das, was die Mehrheit der Bürger wirklich bewegt und besorgt (nämlich Corona und die daraus resultierenden negativen Folgen), und reagiert nicht mehr wie leider bislang zu oft auf von Minoritäten lautstark artikulierte Randprobleme.

Von diesem generellen Vertrauenszuwachs in die Politik haben auch die politischen Institutionen auf kommunaler Ebene profitiert: In ihren Bürgermeister beziehungsweise Oberbürgermeister haben jetzt 58 Prozent (ein Plus von 10 Prozentpunkten im Vergleich zur „Vor-Corona-Zeit“), zur jeweiligen Gemeindevertretung 57 Prozent (plus Prozentpunkte) und zur Gemeinde-, beziehungsweise Stadtverwaltung 56 Prozent (ebenfalls ein Plus von 9 Prozentpunkten) großes Vertrauen.

Auf kommunaler Ebene starke Unterschiede  beim Vertrauen

Dass der Vertrauenszuwachs zu den kommunalen politischen Institutionen in der Corona-Krise nicht ganz so groß ausgefallen ist wie bei den politischen Institutionen auf Bundesebene, dürfte daran liegen, dass die schon vor Corona festzustellenden, zum Teil deutlichen Vertrauensunterschiede in den einzelnen Regionen der Republik auch in der Corona-Krise weiterhin festzustellen sind. So ist das Vertrauen zum Bürgermeister, zur Gemeindevertretung und zur Gemeindeverwaltung in Bayern mit 72 beziehungsweise jeweils 68 Prozent deutlich größer als im gesamtdeutschen Durchschnitt.

Grafik Vertrauen in den Ländern

Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen aber ist das Vertrauen zu den lokalen Institutionen wie schon in den Vorjahren deutlich niedriger. Das geringste Vertrauen in die Stadtspitze, die parlamentarische Vertretung und die Verwaltung haben jedoch auch in der Corona-Krise wieder die Bürger der beiden Stadtstaaten Bremen und Berlin, während die Hamburger zur Politik in ihrer Stadt deutlich größeres Vertrauen als die Bremer und Berliner haben.

Die Unterschiede im Grad des Vertrauens in die kommunalen politischen Institutionen sind in den einzelnen Alters- und Bevölkerungsgruppen nicht sehr groß. Deutliche Diskrepanzen aber zeigen sich im Vertrauen zur Politik vor Ort bei den Anhängern der einzelnen Parteien. So haben die Anhänger der CSU (wie alle Bayern) ein sehr hohes, die Anhänger der AfD nur extrem geringes Vertrauen zum Bürgermeister, zur Gemeindevertretung beziehungsweise zur Stadt-, oder Gemeindeverwaltung.

Bürger trauen Parteien mehr Lösungskompetenz zu

In der Corona-Krise ist auch das Zutrauen zur Lösungskompetenz der Parteien insgesamt deutlich angestiegen. Hatten vor Corona noch 55 Prozent aller Bundesbürger keiner Partei zugetraut, mit den Problemen in Deutschland fertig werden zu können, ist dieser Anteil in der Corona-Krise auf 37 Prozent zurückgegangen. Allerdings hat von diesem Vertrauenszuwachs nur die Union profitiert. Die Parteien vor Ort können deshalb nicht davon ausgehen, dass ihnen das in der Corona-Krise größer gewordene Vertrauen zur Politik generell zugutekommt.

Grafik Vertrauen in Parteien in Corona-Krise

Vielmehr unterscheiden die Bürger nach wie vor deutlich zwischen den verschiedenen Politikebenen und fällen ihr Urteil – auch bei den bevorstehenden Kommunalwahlen an Rhein und Ruhr – nicht aufgrund der politischen Großwetterlage, sondern aufgrund der jeweiligen Situation vor Ort und des Erscheinungsbildes der lokalen Parteien mit ihren Repräsentanten. So zeigt eine aktuelle forsa-Untersuchung für die RuhrNachrichten in Dortmund, dass die Bürger zwar mit der Arbeit der Verwaltung generell und auch in der Corona-Krise weitgehend zufrieden sind.

Doch bei der Wahlentscheidung spielt das Urteil über das inhaltliche und personale Angebot der Parteien auf den jeweiligen Politikebenen die entscheidende Rolle. So würde die SPD im Sommer 2020 bei einer Kommunalwahl in ihrer einstigen „Herzkammer“ nur noch 30 Prozent der Stimmen erhalten. Doch die Bundes-SPD würde bei einer Wahl zum Bundestag im Sommer mit 22 Prozent (!) noch deutlich schlechter abschneiden.

Das Vertrauen der Bürger vor Ort müssen sich also die Repräsentanten der Parteien auch in der Corona-Krise weiter unabhängig von der jeweiligen Großwetterlage immer aufs Neue selbst erarbeiten.