Die Umsatzsteuerpflicht für Kommunen wird erneut verschoben
Die Umsatzsteuerpflicht für Kommunen wird erneut verschoben
© adobe

Bürger verwirrt, Verwaltungen verärgert

Rolle rückwärts bei der Umsatzsteuerpflicht für Kommunen

"Ein riesiger Aufwand für nichts!" Das ist die häufigste Reaktion, fragt man bei Kämmerern zur erneut verschobenen Umsatzsteuerpflicht für Kommunen nach. Ursprünglich schon für das Jahr 2017 geplant und mehrfach verschoben sollte die Pflicht ab dem 1. Januar kommenden Jahres gelten. Am 16. Dezember nun hat auch der Bundesrat einer erneuten Verschiebung um zwei Jahre zugestimmt. Vor wenigen Tagen hatte der Bundestag selbiges beschlossen. Nun ist die Verwirrung komplett, einige Kommunen wollen ab Januar trotzdem starten, andere verschieben die Plänen wieder eilig. Am Ende des Textes finden Sie den Beschluss im Original zum Herunterladen!

Die Umsatzsteuerpflicht für Kommunen wird erst ab dem Jahr 2025 greifen. Das ist nach dem Beschluss des Bundesrates nun offiziell. Konkret hat der Bund eine Verlängerung der Optionsregelung für das alte Umsatzsteuerrecht für zwei weitere Jahre beschlossen. In den Städten und Gemeinden sorgt die gesamte Diskussion nur noch für Kopfschütteln. Denn fast überall wurden schon neue Verträge rausgeschickt, in den vergangenen Monaten in Eilverfahren die Satzungen angepasst. Betroffen: Sportvereine, Kleingärtner und viele mehr. Für sie bedeutet die Umsatzsteuerpflicht der Kommunen, dass sie 19 Prozent mehr zahlen müssen als bisher. Beispiel Turnhallenvermietung durch die Kommune. Der Gesetzgeber sagt, Kommunen dürfen hier keinen unlauteren Wettbewerbsvorteil gegenüber der privaten Wirtschaft haben. 

Das ist der Grund für die Umsatzsteuerpflicht 

Werden Leistungen einmal von einem öffentlichen Anbieter und einmal von einem privaten Anbieter erbracht, musste bisher  beim öffentlichen Anbieter - also oft der Kommune - keine Umsatzsteuer gezahlt werden. Die EU sieht darin eine Wettbewerbsverzerrung und entschied schon im Jahr 2015, dass bestimmte von öffentlichen Anbietern erbrachte Leistungen denen der Privatwirtschaft gliechzusetzen sind. Zur Umsetzung wurde den Mitgliedsstaaten eine mehrjährige Frist gesetzt, die läuft zum Ende des Jahres ab. 

Für Kommunen bedeutete das, dass die Finanzbehörden prüfen mussten, welche Leistungen künftig mit Umsatzsteuer zu belegen sind. Entstanden sind lange Kataloge mit Leistungen, für die nun eine Umsatzsteuerpflicht besteht. Und natürlich haben die Kommunen gehandelt, bis vor 2 Wochen schien klar, dass die Umstellung zum Jahreswechsel erfolgen muss. 

Die Stadt Neubrandenburg ist stinksauer 

Beispiel Neubrandenburg. Die dortige Verwaltung hat sich fast ein Jahr lang intensiv auf diesen Tag vorbereitet. Alle Verträge wurden geprüft und angepasst. So berichtet die Stadt der örtlichen Tageszeitung Nordkurier davon, dass neue Verträge an die Bootschuppenpächter mit den 19 Porzent höheren Pachten verschickt wurden. Nun müssen die Pächter in der kommenden Woche erneut angeschrieben werden - mit einem neuen Bescheid, wonach sie den alten Betrag weiter zahlen müssen. Als "maximal unglücklich" bezeichnet ein Stadtsprecher die Situation. Allein in Neubrandenburg sind rund 750 Garagennutzer, 500 Bootsschuppenbesitzer und mehr als 100 Mieter und Pächter von Grünflächen, Parkplätzen und Stegen betroffen, die nun alle erneut angeschrieben werden müssen. Viele Bürger der Kreisstadt in Mecklenburg-Vorpommern sind daher nun sauer auf ihre Kommune - verstehen die Rolle rückwärts nicht. Und die Stadt fürchtet den bürokratischen Alptraum ohnehin. Denn jede Vertragsveränderung muss vom Nutzer wieder bestätigt und zurückgeschickt werden. Die Stadt diskutiert nach der heutigen Entscheidung im Bundesrat daher nun, ob sie die neue Frist vollständig ausreizen will. 

Diese Kommune hält trotz Fristverlängerung an der Einführung zum Jahreswechsel fest 

Eine Entscheidung, die in der 4000 Einwohner Stadt St Blasien im Landkreis Waldshut in Baden-Württemberg schon gefallen ist. "Wir stellen zum Jahreswechsel auf die neue Regelung um, bestimmte Leistungen der Kommune sind dann umsatzsteuerpflichtig", sagt Bürgermeister Adrian Probst. Schon am Montag hatte die Kommune in der Gemeinderatssitzung über das Thema beraten. Fast alle Umstellungen seien inzwischen erfolgt, zitiert die Badische Zeitung den Bürgermeister aus der Sitzung. Angesichts der komplexen Vorarbeiten, die vom Rechnungsamt zusätzlich zum üblichen Tagesgeschäft erledigt worden seien, mache eine Umstellung auf das neue Umsatzsteuerrecht ab Januar Sinn, argumentierte Probst in der Sitzung. Zu groß sei der Aufwand, jetzt zunächst alles wieder zurück abzuwickeln, um dann später erneut alle nötigen Daten im Rechenzentrum zu hinterlegen. Der Gemeinderat beschloss daraufhin einstimmig die Umstellung zum 1. Januar. Auch, weil man durchaus Vorteile dadurch sieht, dass die Stadt dann vorsteuerabzugsberechtigt ist. Das werde sich etwa bei der Abrechnung der aktuellen Bauprojekte Feuerwache und Rettungswache positiv auswiren, erklärte Rechnungsamtsleiter Michael Spitz laut der Badischen Zeitung in der Sitzung. 

Welche Kosten die Umsatzsteuer verändert und welche nicht 

Doch nicht überall geht man davon aus, dass man die Umsatzsteuer wirklich an die Bürger weitergeben kann. In der Kleinstadt Gudensberg in Hessen mit seinen gut 9000 Einwohnern etwa geht man davon aus, dass die Preise etwa bei Veranstaltungen im Bürgerhaus für die Bürger gleich bleiben. So findet Anfang Januar im dortigen Bürgerhaus eine Veranstaltung eines Kabarettisten statt. Der Preis für eine Karte bleibt - wie bisher auch - bei 20 Euro. Obwohl hier bereits mit 7 Prozent Mehrwertsteuer gerechnet wurde. Ob die Gemeinde nun wirklich zum Januar umstellt, ist aber noch nicht entschieden. Vermutlich wird auch Gudensberg die Option nutzen, und erst im Jahr 2025 umstellen. Obwohl es nach Angaben der Stadt auch hier mehr als 1000 Leistungen gab, die steuerlich geprüft und in einem Katalog festgehalten wurden. So ist klar, dass mit der Umstellung bei Veranstaltungen im Bürgerhaus 7 Prozent fällig werden, bei Angeboten im Rahmen der Generationenarbeit aber der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent fällig wird. Weitere Leistungen, die in der Gemeinde dann der Steuerpflicht unterliegen, sind etwa die Konzessionsabgabe, das Anfertigen von Kopien und der Verkauf von Speisen und Getränken.

Wie überall gilt aber: Öffentlich-Rechtliche Leistungen wie beispielsweise die Gebühren für einen Personalausweis oder eine Beerdigung bleiben weiterhin umsatzsteuerfrei. 

Was genau im Beschluss zur Umsatzsteuer für Kommunen steht - den Original-Antragstext, der im Bundesrat beschlossen wurde, finden Sie HIER zum Herunterladen: