Die Mehrheit der Stadtbevölkerung will aufs Land umziehen - und das sowohl in Deutschland als auch in ganz Europa
Die Mehrheit der Stadtbevölkerung will aufs Land umziehen - und das sowohl in Deutschland als auch in ganz Europa
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Europaweiter Trend

Umfrage: Mehrheit der Stadtbevölkerung will aufs Land ziehen

Die Flucht aus den Städten in Deutschland hält nun schon seit dem Jahr 2014 an - die Corona-Krise hat den Trend weiter beschleunigt. Eine neue Umfrage des renommierten Kantar-Instituts (früher Emnid) zeigt nun, wohin die Richtung in den nächsten zwei Jahren gehen könnte. Und das europaweit.

Die Stadtbevölkerung flüchtet in Scharen aufs Land. Diese tollkühne Behauptung ist keineswegs mehr Zukunftsmusik. Im Gegenteil. Schon in der vergangenen Woche hatte KOMMUNAL eine Studie präsentiert, die den positiven Wanderungssaldo aufs Land aufzeigt. Demnach profitieren 284 der 294 Landkreise seit Jahren von Zuzug. Nur ganz wenige Regionen kommen demnach nicht zum Zuge. Die Städte hingegen verlieren Einwohner, vor allem Menschen zwischen 30 und 50 Jahren. 

Nun gibt es eine spannende, neue Umfrage zu den Wohnwünschen der Deutschen und der Europäer. Für Deutschland zeigt sie: Mehr als die Hälfte der deutschen Stadtbevölkerung, nämlich 53 Prozent kann sich vorstellen, in den nächsten eins oder zwei Jahren aufs Land zu ziehen. Das Meinungsforschungsinstitut Kantar (Fürher Emnid) hat die Zahlen im Auftrag eines Mobilfunkunternehmens erhoben. Und das mit derselben Frage europaweit. 

Landbewohner sind europaweit zufrieden mit ihrem Wohnort 

Auffallend dabei ist, dass es den Trend tatsächlich in ganz Europa gibt. Einzig in den - ländlich geprägten - Niederlanden ist der Wunsch der Menschen in den Städten, aufs Land umzuziehen mit 36 Prozent nicht so ausgeprägt. In allen anderen Ländern ergeben sich - ähnlich wie in Deutschland - Werte um 50 Prozent. Ein Grund dürfte auch sein, dass überall in Europa die Landbevölkerung besonders zufrieden ist mit ihrer Wohnsituation. Nur ein Drittel der Landbewohner in Europa denken ernsthaft darüber nach, eventuell in eine Stadt zu ziehen. Und auch hier sind es vor allem Menschen deutlich unter 30, die am ehesten bereit sind zum Umzug. Das hat offenbar viel mit Ausbildung und Studium zu tun, denn es profitieren auch in Deutschland von dem Zuzug fast nur Städte, die auch Hochschulstandort sind. Bleibt die Frage, ob diese jungen Menschen freiwillig oder aufgrund der Alternativlosigkeit in eine der Städte ziehen. Zumal der Trend deutlich ist, dass viele nach dem Studium die Städte wieder verlassen. 

Mieten und Kaufpreise sind NICHT der Hauptgrund für den Umzug der Stadtbevölkerung  

Häufig behauptet wird, viele Menschen könnten sich die Mieten in den Städten nicht mehr leisten und die Stadtbevölkerung sei daher zum Umzug "gezwungen". Die Umfrage von Kantar widerlegt diese These einmal mehr. Als größter Vorteil eines Umzugs aufs Land ist für die europäischen Städter tatsächlich die Nähe zur Natur. 69 Prozent geben das als Grund an. Nur jeder Dritte sieht überhaupt in den günstigeren Mieten und Kaufpreisen einen Vorteil des Landlebens. 

Es gibt aber gleichzeitig eine Grundvoraussetzung für die Bereitschaft, aufs Land zu ziehen. Und auch die ist in fast ganz Europa bleichgroß. Drei von 4 Städtern nennen eine gute Internetanbindung die wichtigste Voraussetzung für einen Umzug. Der Wert in Deutschland liegt hier mit 70 Prozent im etwa im Schnitt. Höher fallen die Werte mit 77 bis 87 Prozent in Irland und Estland aus - zwei Länder, die in Sachen Internet als Vorreiter in Europa gelten. Nicht ganz so wichtig scheint den Menschen in Frankreich schnelles Internet zu sein - hier nannten "nur" 62 Prozent eine schnelle Anbindung als absolutes Muss. 

Für die Studie wurden in 15 europäischen Ländern mehr als 15.000 Menschen befragt. 

Spannend ist noch, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie in Deutschland zwar den Trend beflügelt haben, er ist aber nur Beschleuniger, nicht Hauptauslöser. Von der Stadtbevölkerung in Deutschland sagten weniger als 30 Prozent der Teilnehmer, die Corona-Pandemie habe ihren Blick auf das Landleben verändert.