Stichwahlen haben ihre eigenen Regeln - Kandidaten dürfen sich daher vor allem nie zu sicher sein, ergab eine Studie (Hier Vorbereitung der Wahl in Ottersbach)
Stichwahlen haben ihre eigenen Regeln - Kandidaten dürfen sich daher vor allem nie zu sicher sein, ergab eine Studie (Hier Vorbereitung der Wahl in Ottersbach)

Stichwahlen

Studie: Wie Außenseiter Bürgermeisterwahlen gewinnen

Amtierende Bürgermeister schaffen es nicht selten gleich im ersten Wahlgang, erneut mindestens 50 Prozent der Stimmen zu bekommen. Doch grundsätzlich gilt: Je mehr Kandidaten antreten, desto unwahrscheinlicher ist eine Wiederwahl im ersten Wahlgang. Immer wieder kommt es bei Stichwahlen aber zu handfesten Überraschungen. Eine Studie hat diese Fälle nun genauer untersucht und spannende Parallelen gefunden.

Da ist der amtierende Bürgermeister im ersten Wahlgang mit haushohen Abstand vorn, verpasst aber die absolute Mehrheit. In der Stichwahl der Bürgermeisterwahlen kommt es dann zur faustdicken Überraschung. Nicht der im ersten Wahlgang vorne liegende wird gewählt, sondern derjenige, er vorher noch chancenlos zu sein schien. Eine Situation, die viele Bürgermeister in Deutschland fürchten. Denn immer wieder werden auf diese Weise amtierende Bürgermeister völlig überraschend aus dem Amt gewählt. Doch woran liegt das? 15 Studenten der Hochschule für Öffentliche Verwaltung in Ludwigsburg haben sich das in einem Projekt mal genauer angesehen. 182 Stichwahlen aus den vergangenen Jahren haben sie dafür untersucht. In 36 dieser Wahlen kam es bei der Stichwahl jeweils zu einer handfesten Überraschung. Als bei jeder fünften Bürgermeisterwahl. Die Überraschung ist somit zwar die Ausnahme und nicht die Regel, aber eben auch nicht völlig ausgeschlossen.

Die Stichwahlen haben eigene Regeln 

Wichtigste Erkenntnis der Studenten: Es ist unerheblich, wie lang der Zeitraum zwischen den beiden Wahlen ist. Ob zwischen Wahl und Stichwahl zwei, drei oder vier Wochen vergehen, scheint unwichtig zu sein. Unterschiede stellten die Forscher hier nicht fest. Viel wichtiger ist hingegen, ob die Kandidaten in der Stichwahl ihre Strategie beibehalten haben. 88 Prozent der Außenseiter, die die Stichwahlen dann gewannen, hatten ihre Wahlkampfstrategie 1:1 beibehalten. In Gesprächen mit den Studenten gab zudem die große Mehrheit der im zweiten Wahlgang erfolgreichen Bewerber an, der Sieger aus der ersten Runde sei sich zu siegessicher gewesen. 

Neben dieser Siegessicherheit scheint es vor allem der persönliche Einsatz zu sein, der die Kandidaten in der Stichwahl erfolgreich machte. So gaben 71 Prozent der Befragten an, sie hätten in der Stichwahl ihren Wahlkampf noch deutlich intensiviert. 70 Prozent gaben an, dass dies aus ihrer Sicht ein wichtiger Faktor für die Wahl durch die Bürger war. 

Und noch ein Tipp: Fehler in der heißen Phase rächen sich. Es bleibt keine Zeit, die Fehler zu korrigieren oder zu erklären. Vor allem die zuvor Zweitplatzierten profitieren von Fehlern amtierender Bürgermeister und auch noch in der ersten Wahlrunde Führenden. Studienleiter Vinzenz Huzel meint: "Wer in der Stichwahl die wenigsten Fehler macht, gewinnt".

So überraschend enden Stichwahlen in Einzelfällen 

Die größte Aufholjagd unter den untersuchten Bürgermeistern hatte übrigens Marcus Oliver Schafft in Riedlingen (Kreis Biberach). Der heute immer noch amtierende Bürgermeister der Stadt trat im Jahr 2013 erstmals als Kandidat an. Die erste Runde der Wahlen war für ihn jedoch nicht sonderlich erfolgreich. Er landete nur auf Platz 3. Gut 23 Prozent der Stimmen fielen auf ihn. Vor ihm lag der damalige Amtsinhaber Hans Petermann, der damals schon 15 Jahre lang im Amt war. Der Erstplatzierte hatte aber sogar 44 Prozent der Stimmen, die Mehrheit schien zum Greifen nah. Er verpasste aber die absolute Mehrheit. Marcus Oliver Schafft gewann die Stichwahl und ist auch heute noch erster Bürger der gut 10.000 Einwohner Gemeinde.