Straßenausbaubeiträge beschäftigen immer wieder die Gerichte - ein Überblick
Straßenausbaubeiträge beschäftigen immer wieder die Gerichte - ein Überblick
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Wann Anwohner zahlen müssen

Straßenausbaubeiträge: Immer mehr Klagen vor Gericht

Immer mehr Bundesländer schaffen die Beteiligung der Bürger an den Straßenbaubeiträgen ab. Doch damit ist die Diskussion nicht beendet. Zum einen gibt es Bundesländer, die die Verantwortung in die Hände der Kommunen gelegt haben. Hier laufen Diskussionen. Zum anderen reichen die Kompensationsmittel der Länder oft nicht aus, um die Straßen dann neu zu bauen oder zu erneuern. Ein Überblick.

In Sachen Straßenausbaubeiträge kommt Sachsen-Anhalt seit über zwei Jahren nicht zur Ruhe. Bis zum Jahr 2020 mussten Haus- und Grundbesitzer für die Sanierung der Straße vor dem Haus zahlen. Vor zwei Jahren hat das Land die Regel abgeschafft und den Kommunen stattdessen einen Topf mit Geld zur Verfügung gestellt. 15 Millionen Euro pro Jahr sind in diesem Topf, den sich die Kommunen teilen müssen. Nur reicht der vorne und hinten nicht aus. Erst recht nicht, seit die Kosten explodieren. Zudem berücksichtigt diese Pauschale für die Straßenausbaubeiträge zwar die reine Sanierung der Straße. Kosten wie die Straßenbeleuchtung sind aber nicht enthalten, müssen von der Stadt oder Gemeinde anders finanziert werden. 

Mehrere Kommunen in Sachsen-Anhalt hatten schon dagegen geklagt, zuletzt auch die Stadt Aschersleben. Sie sagt, der finanziell Ersatz durch das Land reiche nicht aus. Doch das Landesverfassungsgericht hat die Beschwerde gegen die Straßenausbaubeiträge zurückgewiesen. Die Richter waren der Meinung, der sogenannte Mehrbelastungsausgleich durch das Land sei angemessen. Streit gibt es in mehreren Kommunen aber weiter - vor allem über die Verteilung der Mittel. Denn das Geld wird nach einem Schlüssel entsprechend der Größe der Siedlungsfläche unter den Städten und Gemeinden verteilt. 

Streit um Straßenausbaubeiträge auch in Thüringen 

Im Nachbarbundesland Thüringen sieht es nicht viel besser aus. Dort sind die Straßenausbaubeiträge seit dem Jahr 2019 Geschichte. Stein des Anstoßes hier seither: Die Übergangsfrist - bis zu einem Stichtag mussten Anwohner zahlen, für danach begonnene Bauvorhaben aber nicht mehr. Dafür wollte das Land einen Härtefallfonds auflegen. Er soll die Kosten für die Betroffenen senken. Hier geht es vor allem um Fälle, bei denen es aus besonderen Gründen auffallend teuer wurde. Immer wieder betroffen waren etwa Hausbesitzer in Sackgassen, in denen kein Durchgangsverkehr stattfand. Oder Bewohner von Eckgrundstücken, die mehrfach zur Kasse gebeten wurden. Ende des Jahres nun läuft in Thüringen die Frist ab, zu der Anwohner für alte Baumaßnahmen, die vor dem Jahr 2019 abgeschlossen wurden, noch beteiligt werden können. Viele Bewohner fürchten seither, es könnte sie doch noch treffen. Das Problem dabei: Den Härtefallfonds gibt es bis heute nicht. Die Landesregierung konnte sich noch immer nicht auf ein System einigen, auch zahlreiche rechtliche und bürokratische Hürden machten eine Verabschiedung des Fonds für die Straßenausbaubeiträge immer wieder zunichte. Im Sommer kam nun eine Petition in den Landtag mit über 3000 Unterschriften. Seither läuft die Diskussion von vorn. Die Parteien schieben sich aber gegenseitig den schwarzen Peter zu. 

Kommunen in Niedersachsen klagen ebenfalls vor Gericht in Sachen Straßenausbaubeiträge 

Wieder anders die Situation in Niedersachsen. Dort hat ein Urteil in diesem Jahr eigentlich die Rechte der Kommunen gestärkt. Die Städte Pattensen bei Hannover und Laatzen, ebenfalls in der Region Hannover, hatten beschlossen, in ihrer Gemeinde die Straßenausbausatzung abzuschaffen. Auch ohne Gegenfinanzierung des Landes. Damit wollten die  Gemeinden ihre Bürger entlasten, Bürokratie und zu erwartende Klagen von Bürgern abwenden und das Thema beenden. Nur haben beide Kommunen Schulden in ihren Haushalten. So wären sie bei neuen Straßenausbaumaßnahmen auf neue Kredite angewiesen. Die Region Hannover als Aufsichtsbehörde argumentierte daher, dass die Kommunen zur Erhebung der Straßenausbaubeiträge verpflichtet seien. Der Grund: Eine Kommune muss vor der Kreditaufnahme andere Finanzierungsmöglichkeiten - in diesem Fall die der Straßenausbaubeiträge - zwingend erheben. Beide Städte hatten gegen die Anordnung geklagt. 

Der Landtag machte dann der Diskussion ein Ende und stärkte die Selbstverwaltungsrechte der Kommunen. Konkret wurde das Kommunalverfassungsgesetz geändert, dort heißt es seit dem Frühjahr: ""Einmalige und wiederkehrende Beiträge für Verkehrsanlagen zählen nicht zu den anderen Finanzierungsmöglichkeiten." 

Nur hat die Änderung des Gesetzes zu den Straßenausbaubeiträgen in den Kommunen zu neuen Diskussionen geführt. So hat jüngst der Belmer Gemeinderat - eine 14.000 Einwohner Gemeinde im Osnabrücker Land - sich gegen die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ausgesprochen. In der vergangenen Woche votierte der Bauausschuss mit deutlicher Mehrheit gegen die Abschaffung. Auch im Gemeinderat zeichnet sich keine Mehrheit ab. 

Eine Diskussion, die es im Nachbarbundesland Schleswig-Holstein schon lange gibt. Dort muss der Bürger in einer Kommune zahlen, in der Nachbarkommune nicht. Denn das Land hat den Kommunen bisher selbst überlassen, ob sie Kosten erheben oder nicht. Das führt in der Tendenz dazu, dass reiche Kommunen auf Anwohnerbeteiligungen verzichten, klamme Kommunen sie erheben müssen. So hat Eckerförde die Straßenausbaubeiträge abgeschafft, in Elmshorn müssen die Bürger zahlen. Die Landeshauptstadt Kiel hingegen verzichtet auf die Beiträge der Bürger. Die Opposition im Landtag hat nun einen neuen Antrag eingebracht, dass Kommunen ganz auf die Beiträge verzichten sollen. 

Recht Aktuell: Wann Anwohner für welche Arbeiten beim Straßenausbau zahlen müssen

Straßenausbaubeiträge können grundsätzlich für alle Baumaßnahmen anfallen, die die Qualität einer bereits vorhandenen Straße verbessern. Das beginnt beim Teeren einer unbefestigten Straße oder eines Zufahrtsweges und erstreckt sich bis zum Anlegen eines neuen Rad- oder Fußgängerweges. Auch das Aufstellen neuer Straßenlaternen kann dazu gehören. Näheres regelt jeweils das Kommunalabgabengesetz der Länder.

Aber: Immobilienbesitzer müssen sich nur dann an den Kosten beteiligen, wenn Ihr Grundstück an die betreffende Straße grenzt oder von dort aus zugänglich ist. Außerdem muss die Stadt nachweisen, dass der Umbau für die Anwohner tatsächlich Vorteile hat und nicht nur der reinen Instandhaltung gilt. So zählt etwa das Asphaltieren einer löchrigen Straße zu den Pflichten der öffentlichen Hand – das Teeren eines bisher unbefestigten Zufahrtwegs aber nicht.

Der Streit um die Abrechnung: Wie Straßenausbaugebühren berechnet werden 

Hier geht das Recht der Kommunen sehr weit - denn über den Abrechnungsmodus entscheiden sie selbst. Die Grundregel dabei: Je höher der Nutzen für den Anwohner, umso mehr müssen sie sich an den Kosten beteiligen. Faustregel dabei: Anliegerstraßen sind prozentual betrachtet deutlich teurer für die Bürger. Zudem wird dieSumme auf weniger Schultern verteilt, als auf Hauptverkehrsstraßen. Allerdings ist die Sanierung von Hauptverkehrsadern in der Regel auch deutlich teurer - daher können die Kosten für die Anwohner trotzdem höher sein, obwohl der Prozentsatz, den die Anwohner zahlen, oft deutlich niedriger ist. Die gute Nachricht für Betroffene: Die Kosten können bis zu einer Summe von 1200 Euro im JAhr von der Steuer abgesetzt werden - sie fallen unter "Handwerkerleistungen" ähnlich den haushaltsnahen Dienstleistungen wie Putzhilfen oder Gartenpflege. Zumindest in vielen Fällen, wie ein Urteil des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 2014 zeigt. Demnach dürfen Immobilieneigentümer nicht nur Handwerkerleistungen absetzen, die „in“ ihrem Haushalt erbraucht werden sondern auch solche, die „für“ den Haushalt erbracht werden. Das gilt laut Finanzhof auch dann, wenn die Stadt außerhalb des Grundstücks baut, aber die Maßnahme dem Grundstück dient - also etwa wenn der Zufahrtsweg zum Haus neu geteert wird.