Wahlkampf auf der Straße - Thema Straßenausbau

Straßenausbau -Beiträge: Straße saniert – Kommune ruiniert?

In vielen Bundesländern findet aktuell wieder im wahrsten Sinne des Wortes „Wahlkampf auf der Straße“ statt. Von Bayern bis Brandenburg machen Parteien gegen Straßenausbaubeiträge mobil. Ein für Kommunen gefährlicher Trend, meint KOMMUNAL-Chefredakteur Christian Erhardt.

„Unsere Straße ist so marode, Bürgermeister mach mal was“. Diesen Spruch kennen viele Verantwortliche in den Kommunen. Stimmt man Ihnen zu, kommt schnell die bange Frage zurück: „Kostet mich das eigentlich auch was?“ Konfrontiert mit der Ausbausatzung beginnt – nicht selten in Form von Bürgerinitiativen - der Kampf der Anwohner GEGEN den grundhaften Ausbau der so maroden Straße.

Zunächst verlieren die Kommunen eine Einnahmequelle, dann sind sie auf eine Gegenleistung des Landes angewiesen. Am Ende entscheidet wieder einmal die Kassenlage!"

Straßenausbau: So unterschiedlich agieren die Bundesländer

Nun ist es Ländersache, ob die Kommunen Beiträge erheben müssen, können oder eben keine erheben dürfen. Und so ist es vor Wahlen nicht verwunderlich, wenn Landesparteien die Abschaffung von Ausbaubeitragssatzungen fordern. Zuletzt passiert in Bayern. Die dortigen Freien Wähler drohten mit einem Volksentscheid – die CSU kündigte daraufhin an, die Beiträge abzuschaffen. Die Kosten für die Kommunen freilich werde das Land übernehmen. Nur genau an der Stelle laufen die Kommunen Gefahr, die Leidtragenden zu werden. Zunächst verlieren die Kommunen ihre autonome Finanzierungsquelle und dann sind sie auf eine Gegenleistung des Landes angewiesen. Nicht nur von der Kitafinanzierung kennen wir die Probleme mit der „auskömmlichen Ausfinanzierung“. Am Ende entscheidet die allgemeine Kassenlage. Die neue Jamaika-Regierung in Schleswig-Holstein hat ebenfalls eine Regelung gefunden, die den Kommunen teuer zu stehen kommen könnte. Hier ist es den Städten und Gemeinden künftig freigestellt, ob sie Beiträge erheben. Im Ergebnis werden „reiche Kommunen“ den Konflikt mit ihren Bürgern scheuen, finanzschwache Kommunen sind hingegen auf das Geld angewiesen und haben somit beim Zuzug künftig gegenüber anderen Kommunen noch mehr Nachteile. Ein Teufelskreis beginnt. Ganz ähnlich läuft die Diskussion aktuell im Brandenburger Landtag.

Beim Straßenausbau könnten die Kommunen die Leidtragenden sein

Allen, die bei dem Thema aufs Tempo drücken, sei zunächst gesagt: Der Bürger zahlt die Straße so oder so. Ob über Steuern, wiederkehrende Beiträge oder eben über Einzelbescheide. Eigentlich ist es nur eine Frage der Lastenverteilung. Schauen wir also auf die Alternativen: Dass das Land die Kosten übernimmt, ist unrealistisch. In dem Augenblick, wo wirklich genug Geld zur Verfügung stünde (welch grandiose Illusion), würden Anwohner sofort die Sanierung jeder aber auch wirklich jeder Straße vor Ihrer Haustür fordern. Das wird unbezahlbar. Passiert der Ausbau nicht, entsteht wieder Ärger („warum die Straße der anderen und meine nicht.“). Bleibt die Idee einer Infrastrukturabgabe, die alle zahlen. Die Beiträge wären erst mal kleiner, auf lange Sicht dürften die Anwohner aber draufzahlen. Und da Deutschland ohnehin schon das einzige Land der EU mit entsprechenden Ausbaubeiträgen ist, stellt sich hier die Frage, ob das überhaupt mit EU-Recht vereinbar wäre. In Punkto Gerechtigkeit müsste die Kommune Geld von Anwohnern erheben, deren Straße seit 20 Jahren nicht gemacht wurde. Neuer Ärger droht, die Bürger erwarten dann zu Recht jederzeit eine absolut intakte Straße („warum muss ich die Zwangsabgabe eigentlich zahlen?“). Bliebe also nur die Steuerfinanzierung. Wer glaubt, dann sei der Straßenbau finanziert, der glaubt auch an die zweckgebundene Verwendung der KFZ-Steuer, der Mineralölsteuer und meinetwegen auch an den Osterhasen.

Die Summe könnte scheibchenweise als Vorauszahlung geleistet werden. Voraussetzung: Die Planungsphase ist lang genug. Mehr Freiheit für die Kommunen würde mehr Autonomie der Städte und Gemeinden bedeuten."

Es gibt Alternativen zu den jetzigen Regelungen beim Straßenausbau

Sinnvoller erscheint mir, was in Rheinland-Pfalz bereits praktiziert wird. Die Stadt Pirmasens hat für Ihre Finanzierungsmethode sogar eine Auszeichnung bei einem Städtewettbewerb eingeheimst. Die Idee: Erweiterte Erschließungseinheiten oder Erschließungsgemeinschaften. Mehrere Straßenzüge, die in einem Zusammenhang stehen, werden als eine Anlage abgerechnet. In Sachen Beitragsgerechtigkeit kann das erheblich weiterhelfen. In Geiste dieser Idee könnte den Kommunen eine Vielzahl von neuen Freiheiten gegeben werden. Die Summe könnte scheibchenweise als Vorauszahlung geleistet werden. Voraussetzung: Die Planungsphase ist lang genug und die Kommunalabgabengesetze einiger Länder würden erheblich verändert. Denn meist erfolgen Ratenzahlungen bisher mit hohen Zinssätzen. Der Gedanke der größeren Freiheit für die Kommunen bei der Beitragserhebung scheint mir die Autonomie der Städte und Gemeinden wirklich zu stärken. Je mehr Ausgestaltungsmöglichkeiten bei der Erhebung die Kommunen vor Ort haben, desto intensiver aber auch sachlicher wird auch der Dialog mit den Anwohnern. Und es bliebe der Grundsatz von Leistung und Gegenleistung bestehen. Der Bürger muss weiter sehen können, was mit seinem Geld passiert. Steuern oder allgemeine monatliche Abgaben für alle sind dabei nicht hilfreich.