Fördermittel
Statt auf Förderanträge zu verzichten, sollten selbst kleine Kommunen alle Möglichkeiten nutzen.
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Förderprogramme

Förderanträge: So holen Kommunen viel Geld!

Kommunen können viel Geld herausholen, wenn sie sich den Durchblick über die zahlreichen Programme verschaffen und Fehler beim Beantragen von Fördergeld vermeiden. Tipps vom Fördermittel-Profi Marc-Oliver Krüger im KOMMUNAL-Interview.

KOMMUNAL: Herr Krüger, wie viele Förderprogramme gibt es für Kommunen in Deutschland?

Marc-Oliver Krüger: Für die Kommunen werden derzeit knapp 900 Förderprogramme angeboten. Die Förderdatenbank im Internet listet rund 730 Programme der Bundesländer auf, 105 des Bundes und 48 Förderprogramme der Europäischen Union. Die Plattform bietet einen guten Überblick, es fehlen dort aber etwa ein Drittel der Landesförderprogramme. Sie werden über die jeweiligen Landesförderbanken veröffentlicht und müssen dort eigens abgefragt werden.

Wie gehe ich dabei konkret vor?

Sie müssen auf Suche gehen, anschließend geben Sie unter Förderberechtigte Kommunen ein – so kommen Sie zu den Programmen.

Welche Fördermöglichkeiten hat eine Kommune darüber hinaus?

Städte und Gemeinden können Projekte auch über Sponsoring und Werbung zum Teil mitfinanzieren. Der Bund nimmt allein über 100 Millionen Euro im Jahr über Sponsoring ein. Das Bürgerfest des Bundespräsidenten zum Beispiel wird durch namhafte Unternehmen gesponsert. Das geht auch auf Landes- und Kommunalebene, mit Sponsoring lassen sich zusätzlich Einnahmen   sichern.  Mit dem Geld können Klassenzimmer gestrichen werden, Spielplätze gebaut oder Grünanlagen gesponsert werden. Die Kommune muss dafür eine kommunale Richtlinie erlassen. Wichtig ist: Es darf nicht der Anschein der Beeinflussung von Verwaltungshandeln entstehen. Auch hoheitliche Verwaltungsaufgaben dürfen nicht gesponsert werden.

Die Verantwortlichen beklagen auch, dass sie sich die Förderprogramme mühsam zusammensuchen müssen, oft erfahren Sie davon über Pressemitteilungen oder über Lobbyverbände.

Mein Tipp:  Immer wieder die Förderdateibank durchforsten und auch den Newsletter der Landesministerien, die Fördermittel vergeben, abonnieren. Wenn man da reinguckt, ist man frühzeitig informiert. Einige Landesförderbanken bieten zudem einen eigenen kostenlosen Service an.

Verschenken Kommunen denn viel Geld?

Eindeutig ja! Meine Recherchen haben ergeben, dass rund 60 bis 80 Prozent der Maßnahmen im kommunalen Haushalt förderfähig wären. Viele Kommunen nutzen diese Angebote nicht. Das hat mehrere Gründe: Oft können sie die Ko-Finanzierung gar nicht stemmen, meistens aber fühlen sie sich durch die Anforderungen bei der Antragstellung überfordert. Oder Sie wissen gar nicht, dass es für ihr Vorhaben ein passendes Förderprogramm gibt.  Jüngst sagte mir ein Bürgermeister einer Gemeinde: Wenn ich gewusst hätte, dass es dafür Fördermittel gibt, hätte ich das Geld nicht aus dem Haushalt genommen. Vielfach ist es für die Kommunen jedoch einfacher, das Geld aus dem Haushalt zu nehmen als die Förderrichtlinien durchzulesen und die Anträge zu stellen. Oft hindert sie auch die Angst vor Formfehlern daran.

Was passiert bei Formfehlern?

Sie können dazu führen, dass die Fördermittel zurückgezahlt werden müssen. Das sind keine Einzelfälle. Kommunen müssen wegen Formfehlern jedes Jahr Millionen von Euro an Förderung zurückzahlen. Ändern sich die Umstände der öffentlichen Förderung, verteuern sich die Kosten oder kann der Förderzweck nicht eingehalten werden, muss das dem Fördermittelgeber schriftlich mitgeteilt werden. Es ist daher sehr wichtig, seinen Mitteilungspflichten nachzukommen. Wenn das Projekt teurer wird, wird die Höhe der Fördersumme leider trotzdem nicht angepasst. Aus jeder Förderrichtlinie sollte man daher anfangs eine Checkliste bauen. So eine To-Do-Liste ist ein wichtiger erster Schutz vor Formfehler. Wichtig ist, dass der Projektfortschritt permanent dokumentiert wird.

Marc-Oliver Krüger

Welche Förderprogramme lohnen sich für die Kommunen besonders?

Am attraktivsten ist nach wie vor die Städtebauförderung. Kommunen können darüber siebenstellige Summen generieren. Bei dem Bund-Länder-Programm teilen sich Bund, Land und Kommune den förderfähigen Investitionsbetrag. Jeder bezahlt ein Drittel. Haushaltsnot-Kommunen müssen sich nur zu 10 Prozent an den Kosten beteiligen. Das Städtebauprogramm sichert Arbeitsplätze und löst hohe Investitionen aus: Jeder Euro Förderung mobilisiert bis zu 8 Euro an Folgeinvestitionen.

Was ermöglicht die Städtebauförderung?

Ich nenne sie immer die „eierlegende Wollmilchsau“. Eine Stadt oder Gemeinde kann sich über die Städtebauförderung im Rahmen der Gebietsförderung eigentlich fast alles fördern lassen. Sie definiert ein Gebiet aus und kann dann jedes Jahr über viele Jahre hinweg die Mittel beantragen: Das geht von Baumaßnahmen an Straßen und Wegen, Gebäuden, der Denkmalpflege und der Revitalisierung von Brachflächen bis hin zu Maßnahmen zur Sicherung der Daseinsvorsorge. Dazu zählen Kultur, aber auch andere öffentliche Leistungen wie das Bürgeramt. Sogar die digitale Infrastruktur, also der Netzausbau, wird über die Städtebauförderung unterstützt.  Quartiersmanagement und die Ansiedlung von Unternehmen fallen ebenfalls darunter. Auch kommunale Netzwerke kleinerer Gemeinden (KSP) sind möglich: Die eine Gemeinde baut beispielsweise das Schwimmbad, die andere hat ein Standesamt, die dritte ist für das Museum verantwortlich. Die Städtebauförderung ist so attraktiv, dass sie mehrfach überzeichnet ist. Das heißt: Es liegen immer mehr Anträge vorliegen als Geld da ist.

Welche weiteren lukrative Programme gibt es?

Es werden immer mehr Förderprogramme im Umwelt- und Energiesektor angeboten. Die meisten kennen sicherlich die Kommunalrichtlinie. Über sie wollen Bund und Land den Klimaschutz voranbringen. Die Fördermöglichkeiten sind sehr vielschichtig. So werden beispielsweise Klimaschutzkonzepte, Fokusberatungen und Potentialstudien genauso wie die Straßenbeleuchtung und die Radabstellanlagen gefördert. Auch die Erneuerung in die kommunale Infrastruktur wie Kläranlagen und Deponien werden hier bezuschusst.

Welches Programm ist neu?

Ziemlich neu ist der Investitionspakt zur Förderung von Sportstätten. Damit können beispielsweise Skateboard-Anlagen, Kletterhallen oder Fußballplätze gebaut werden. Wichtig dabei ist, dass die Anlage für jeden zugänglich ist. Die Kommunen können auch eine Skateranlage in einer Schule darüber errichten, sie muss aber nach Schulschluss jedoch für jeden öffentliche zugänglich sein. Sportstätten-Projekte werden bis zu 1,5 Millionen Euro gefördert. Die Eigenbeteiligung der Kommunen liegt bei nur 10 Prozent der Kosten.

 Was ist mit dem Digitalpakt Schule?

Der Digitalpakt Schule ist auch ein Bund-Länder-Programm, in dem 5,5 Milliarden Euro bereitstehen. Das sind im Durchschnitt rund 137.000 Euro pro Schule beziehungsweise 500 Euro pro Schüler. Die Förderung beträgt 90 Prozent, für die Kommune bleiben 10 Prozent. Damit wird unter anderem schnelles Internet für die Schulen geschaffen. Auch Medienkonzepte, Weiterqualifizierungsmaßnahmen für Lehrkräfte sind förderfähig. Jedes Bundesland hat seine eigene Digitalpaktförderung. Ich empfehle immer, sich dafür einen Dienstleister zu nehmen, der auf das Förderprogramm spezialisiert ist und alles für die Schule managt. Das derzeitige Budget reicht bis Ende dieses Jahres, danach werden die Gelder, die nicht abgerufen wurden, neu verteilt. Eine Kommune kann sie also theoretisch zweimal Geld erhalten.

Wie läuft das mit den EU-Mitteln?

EU-Strukturmittel wie ELER oder EFRE sind eigentlich verkappte Bundes- bzw. Landesprogramme. Die Europäische Union bezuschusst diese Programme lediglich. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit zur Akquise „transnationaler Fördergelder“ , etwa bei den sogenannten „Bürgerbegegnungen“.  Für gegenseitige Besuche im Rahmen der Städtepartnerschaft im EU-Ausland sind Zuschüsse bis zu 25.000 Euro drin. Die transnationalen EU-Programme gelten auch für die europäischen Überseegebiete. So sind die Förderung eines Schüler- oder Lehreraustausches auf den Karibikinseln Aruba oder Martinique möglich.

Kommt eine kleine Kommune denn noch ohne Fördermittelabteilung aus?

Ganz klar: Eine Kommune sollte eine eigene Fördermittelabteilung haben. Bei einer kleinen Gemeinde geht das natürlich nicht. In solchen Fällen aber sollte sie einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin qualifizieren oder jemand zumindest erst einmal als Halbtagskraft dafür einstellen. Der Idealfall ist eine Stabstelle, die beim Oberbürgermeister oder dem Kämmerer angedockt ist. So beantragt nicht jede Abteilung ihre eigene Förderung, sondern es wird zentral über den Fördermittelmanager oder die Fördermittelabteilung gemacht. Diese haben immer auch eine beratende Funktion für die einzelnen Fachabteilungen und sorgen dafür, dass keine neuen Programme und Fristen verpasst werden.

Welche Ausbildung ist dafür notwendig?

Eine umfassende Ausbildung ist wichtig. Wir bieten eine Zertifikationsausbildung für kommunale Fördergelder an, die nur eine Woche dauert. Dabei wird auch ein praktischer Übungsantrag geschrieben. Darüber hinaus empfehle ich zusätzlich die allgemeinen Projektmanagementkurse, da es sich in der Regel um Projektförderungen handelt.

Und das reicht?

Richtig fit wird man dann in der Praxis. Je mehr Förderprojekte, desto besser.  Ich erlebe in meinen Seminaren auch häufig, dass Mitarbeiter, die schon lange mit der Akquise betraut sind, überrascht sind, wie man Fördermittel richtig akquirier die Projekte richtig umsetzt und dokumentiert. Es lauern viele Gefahren, daher ist die Ausbildung sehr wichtig. Bei einem Scheitern oder anderen Flüchtigkeitsfehlern müssen die Gelder nicht selten zurückbezahlt werden. Damit entsteht oft ein enormer Imageschaden für die Gemeinde und den Bürgermeister. Mein Fazit also: Hauptamtliche Fördermittelbeauftrage bringen der Kommune immer mehr Geld ein als sie kosten.

Marc-Oliver Krüger ist  Inhaber der Deutschen Fördermittelakademie. Der studierte Dipl.-Betriebswirt (FH) ist ein ausgebildeter und zertifizierter Fördermittelberater. Er berät seit vielen Jahren Städte und kommunale Träger sowie gemeinnützige Organisationen und Stiftungen auf dem Gebiet der Fördermittel.

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