Was tun, wenn die Stromversorgung über eine längere Zeit ausfällt? Wie funktioniert Blackout-Vorsorge für Kommunen
Was tun, wenn die Stromversorgung über eine längere Zeit ausfällt? Wie funktioniert Blackout-Vorsorge für Kommunen
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Tipps für den Notfall

So funktioniert Blackout-Vorsorge für Kommunen

3. Juni 2024
Sollte in Deutschland der Strom flächendeckend und längerfristig ausfallen, sind die Kommunen nicht ausreichend vorbereitet. Das meint Herbert Saurugg, Präsident der Gesellschaft für Krisenvorsorge im KOMMUNAL-Gastbeitrag. Er erklärt, wo die Herausforderungen liegen und wie sich Kommunen auf einen solchen Extremfall besser vorbereiten können.

Das Kernproblem ist, dass sich die wenigsten Menschen 14 Tage lang selbst versorgen können. Ein solcher Zeitraum ist nicht unrealistisch. Zwar lässt sich der Stromausfall im Fall des Falles sehr viel schneller beheben. Es ist aber zu erwarten, dass fehlende Ersatzteile, nicht verfügbares Personal für Betrieb, Wartung und Vertrieb oder auch anderer Ressourcen einen schnellen Wiederanlauf erheblich verzögern werden. Das betrifft auch die Treibstofflogistik, wo mit erheblichen Störungen zu rechnen ist. Diese werden sich auch unmittelbar auf die Leistungsfähigkeit der Entsorgungswirtschaft auswirken. Die organisatorische Blackout-Vorsorge darf sich daher nicht nur auf den Stromausfall selbst konzentrieren, sondern vor allem auf die auf der Zeitachse entstehenden Folgen des Ausfalls von Strom und Kommunikation, die zu einem großflächigen Zusammenbruch der Versorgungsketten führen.

Kommunen sollten für die Eigenvorsorge werben - im eigenen Interesse

Das heißt: die Eigenvorsorge zu Hause ist durch nichts zu ersetzen und ist die wesentliche Grundlage dafür, dass das Personal für den Wiederanlauf überhaupt zur Verfügung steht. Das muss endlich klar angesprochen werden und erfordert auch von der Unternehmensseite ein aktives Handeln.Die Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern kann erst wieder aufgenommen werden, wenn zunächst eine Entsorgung der verdorbenen Produkte erfolgt ist. Im schlimmsten Fall könnte im Lebensmittelhandel ein Vielfaches der üblichen Jahresmenge an Abfällen anfallen, wenn eine vorab geplante Notabgabe verderblicher Waren nicht oder nicht ausreichend funktioniert. Abhängig von der Jahreszeit und den Außentemperaturen würden diese feuchten Abfälle sehr schnell zu ernsthaften Hygieneprobleme im Verkaufsbereich führen. Im Freien gelagerte Nassabfälle können zu extremen Geruchsbelästigungen oder zu Schädlingsbefall bis hin zu Krankheitsübertragungen führen, insbesondere bei Fleisch-, Fisch- und Geflügelprodukten, die nach der Verordnung des Gesundheitsministeriums auf jeden Fall entsorgt werden müssen.

Nicht nur der Inhalt, auch der mögliche Ausfall vieler Kühlvitrinen in Supermärkten stellt einen besonders großen Unsicherheitsfaktor dar. Nach einem mehrstündigen Stromausfall werden viele zum Wartungsfall und fehlen über Wochen, bis sie wieder instand gesetzt werden können.

Deshalb sind jetzt Analysen und systemische Betrachtungen wichtiger denn je. Wir müssen herausfinden, wie wir diesen Effekten entgegenwirken und wie wir die Folgen für alle Bereiche, sowohl für die Bürger als auch für die Unternehmen, abmildern können. Denn ein „Das werden wir dann schon machen“ wird mit ziemlicher Sicherheit scheitern.

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Wer beim Blackout für welche Herausforderungen zuständig ist

In einem ersten Schritt ist es wichtig, die zu erwartenden Fragen und Probleme zuzulassen und aufzuzeigen, ohne gleich eine Antwort parat haben zu wollen. Eine schnelle Lösungsmöglichkeit kann bei einem so komplexen Thema sogar kontraproduktiv sein. Denn das Ganze zu erfassen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist viel wichtiger als sich mit allen Details und Einzellösungen zu beschäftigen. Sonst hat man zwar im Kleinen die perfekte Lösung, die aber in der Gesamtbetrachtung kaum einen Mehrwert bringt oder sogar unnötig Ressourcen bindet und daher kontraproduktiv ist.

Um zu diesem Gesamtbild zu gelangen, müssen zunächst einmal die möglichen Abfallmengen und -arten erfasst werden. Dazu müssen die Kunden einbezogen und sensibilisiert werden, damit diese in der Lage sind, eine Einschätzung abgeben zu können. Dann geht es um die nächsten Schritte, das heißt, wie können diese Abfälle möglichst schnell aus den Problembereichen entfernt werden und welche weiteren Aufgaben sind zu lösen.

  • Welche Ressourcen werden dafür benötigt?
  • Können andere Akteure wie andere Transportunternehmen dazu herangezogen werden?
  • Wie und wo kann eine möglichst unproblematische Zwischenlagerung sichergestellt werden?
  • Was muss dafür vorbereitet werden? Zum Beispiel durch Verpackung oder die Vorbereitung von temporären Sonderdeponiestandorten („Wasenplätzen“).
  • Wie schnell können die Verwertungsanlagen, in der Regel Müllverbrennungs- oder Kompostieranlagen, wieder hochgefahren werden, um die zu erwartenden Übermengen zu verarbeiten?
  • Können auch Biogasanlagen genutzt werden?
  • Was ist mit Abfällen, die im Alltag über die Grenze gehen? Funktioniert das? Welche Probleme sind möglicherweise von anderen Ländern zu erwarten?
  • Wie sieht die Treibstofflogistik aus? Gerade der Sammeldienst ist sehr kraftstoffintensiv. Daher muss die Treibstoffversorgung beim Wiederanlauf der Entsorgungsbetriebe ab der Phase 2 priorisiert werden, was aber auch wieder vorbereitet und mit den Behörden und Treibstofflogistikunternehmen abgestimmt werden muss.

Was Verwaltung und Bevölkerung im Blackout-Fall tun können

Der einfachste Schritt der Vorsorge beginnt bei uns selbst und bei unseren Mitarbeitern: Wir müssen uns bewusst machen, dass jeder von uns mit einer 14-tägigen Eigenvorsorge zur Entschärfung des Problems beitragen kann. Denn nur so können wir nach einem solchen möglichen Ereignis möglichst rasch wieder eine Notversorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen in Gang setzen. Die Abfallwirtschaft, die Abwasserentsorgung oder auch das Bestattungswesen sind dabei wesentliche Bausteine.

Um eine Krise dieser Größenordnung erfolgreich zu bewältigen, müssen wir vor allem eines sein: flexibel, anpassungsfähig, kooperativ und bereit zum Handeln. Beginnen wir jetzt damit!

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