Altes Mesnerhaus in Neufahrn bei Freising
Das alte Mesnerhaus in Neufahrn bei Freising
© Luis Ostertag-Hill

Wohnen

Häuser sanieren oder neu bauen?

Sanierung oder Neubau – bei kommunalen Altbauten scheiden sich oft die Geister. Da sind Planungssicherung und Gestaltungsfreiheit auf der einen Seite und die bauliche Identität auf der anderen Seite. Und dann ist da noch das Thema Energieeffizienz.

Bei Frank Hettler ist die „Zukunft Altbau“ Alltag. Als Leiter des gleichnamigen Programms, das vom Umweltministerium Baden-Württemberg gefördert wird, bietet Hettler zusammen mit seinen Kollegen eine Einstiegsberatung zu allen Fragen rund um die energetische Sanierung von Altbauten. Gerade bei kommunalen Bauprojekten gehe es sehr häufig um die Durchführbarkeit einer Sanierung von bereits bebautem Gelände. „Große städtebauliche Planungen auf der grünen Wiese sind heute  absolute Seltenheit“, so Hettler. Vielmehr werden meistens Bestandsgebäude im Innenbereich hinterfragt. „Verkaufen oder behalten, abreißen oder sanieren – das sind oft die ersten Fragen, wenn es um ein kommunales Gebäude geht“, sagt Hettler.

Sanierung statt Abriss

Nicht selten entscheiden sich viele zu schnell für einen Abriss und lassen damit viel Potential liegen, das in der Sanierung des Altbaus gesteckt hätte. Dabei gibt es natürlich bestimmte Gemengelagen, bei denen ein Abriss zwingend ist. Etwa dann, wenn ein Gebäude massiv schadstoffbelastet ist und die Substanz durch Schimmel, Pilz oder Hausschwamm kaputt und nicht besonders schützenswert ist. Und dann war da noch das Thema Verdichtung des Innenraums. Blockiert etwa ein Einfamilienhaus mitten in der Innenstadt eine Fläche, die weitaus intensiver anderweitig genutzt werden kann, macht es möglicherweise Sinn,  tatsächlich abzureißen und neu zu bauen. Aus energetischen Gesichtspunkten betrachtet, ist es laut Hettler aber fast immer sinnvoll, zumindest „die Hauptsubstanz, also den Rohbau zu erhalten“. Dämmung und Verglasung amortisieren sich immer, der Energieaufwand für einen kompletten Neubau aber, insbesondere für den Rohbau, ist enorm. Es geht bei der Sanierung vor allem um die Frage, „wie man die bestmögliche Nutzung und Dichte erreichen kann“.

Haussanierung

Das sanierte Mesnerhaus wird ein Schmuckstück in  unserer  Gemeinde.“ Franz Heilmeier,  Bürgermeister der  Gemeinde Neufahrn

Adam-Riese-Grundschule umgebaut

Wie eine solch durchdachte Lösung aussehen kann, ist in Meerbusch besonders gut zu sehen. Dort steht die Adam-Riese-Grundschule mitten in einer Wohnsiedlung in der Gemeinde. Die Ausgangslage an der Schule ist mit der vieler anderer Schulen vergleichbar. Vormittags findet dort normaler Schulbetrieb statt, am Nachmittag gibt es eine Ganztagsbetreuung in den Klassenräumen. Das Problem: „Für das Nachmittagsprogramm müssen ganz andere Bedingungen gegeben sein als für den Unterricht“, wie Schulleiter Marc Adams sagt. So brauche es eine andere Grundatmosphäre und räumliche Struktur, etwa gemütliche Lese-Ecken, Bewegungsmöglichkeiten oder einen Bastel-Platz. Die Nachmittagsbetreuung in den vertrauten Schulräumen bot all dies nicht. „Das war keine gute Situation.Ein paar andere Tische und Stühle haben nicht viel bewirkt und die Kinder hatten das Gefühl, auch am Nachmittag noch in der Schule zu sitzen“, erzählt Adams.

Betreuung vormittags und nachmittags

So war bald klar: Es braucht eine andere Lösung. Für einen Neubau fehlte allerdings sowohl der Platz als auch das Geld. Stattdessen fand in Folge ein intensiver Austausch zwischen der Schule, der Stadt und dem Schulträger statt, um herauszufinden, was die Räume sowohl vormittags als auch nachmittags abdecken müssten. Besonders im Fokus standen die Anforderungen der Nachmittagsbetreuung. Schritt für Schritt wurden alle Änderungswünsche zusammengetragen und von einem Architekturbüro aufgenommen, das auf dieser Basis ein umfassendes Konzept für zwei Räume entwickelt hat, die vormittags als Klassen- und nachmittags als Betreuungsräume genutzt werden. Entstanden sind – in den gleichen vier Wänden – zwei tatsächlich sehr unterschiedliche Arbeits- und Aufenthaltswelten, die durch mobile Elemente umgebaut werden können.

So gibt es für den Nachmittagsblock nun Leseecken, Haken an der Decke für gemütliche Hängesessel, eine andere Beleuchtung mit indirekten Spots und viel Stauraum für die Schulsachen vom Vormittag. Rund 200.000 Euro hat der Umbau inklusive der Sanitäranlagen gekostet, im Laufe eines Vierteljahres wurden die Räume komplett entkernt und dann Schritt für Schritt mit den neuen Elementen aufgebaut. „Das Ergebnis ist auf jeden Fall positiv und die Zufriedenheit sowohl der Schüler als auch der Lehrer und Betreuer ist sehr groß“, so Adams.
Natürlich bleibt ein derartiger Umbau immer ein Kompromiss, da mit den vorhandenen Gegebenheiten umgegangen werden müsse. Zum Status zuvor aber ist es eine „enorme Verbesserung“, wie Adams sagt.

Altes Mesnerhaus in Neufahrn wird saniert

Eine Altbausanierung im klassischen Sinne wird gerade in der kleinen Gemeinde Neufahrn durchgeführt. Unter Aufsicht der Kommune wird dort das alte Mesnerhaus saniert. Ein geschichtsträchtiges Gebäude. „Das Mesnerhaus liegt in der historischen Ortsmitte direkt neben der alten Ortskirche. Früher war es mal ein Schulhaus, daneben stand der Maibaum, starteten die Prozessionen und fanden die Dorffeste statt. So ist es gerade für die älteren Bürger der Gemeinde ein wichtiger Ort“, sagt Bürgermeister Franz Heilmeier.

Fank Heilmeier, Bürgermeister der Gemeinde Neufahrn

Ursprünglich im Besitz der Kirche, wurde das Mesnerhaus 1992 von der Gemeinde Neufahrn erworben und in Folge unterschiedlich genutzt. Zuletzt war ein türkischer Arbeiterverein dort untergebracht, ab 2010 stand das Gebäude leer und war „deutlich heruntergewohnt und von der Haustechnik nicht mehr auf dem aktuellen Stand“, wie Bauamtsleiter Michael Schöfer berichtet.

Vom Verkauf bis zum Abriss wurden damals verschiedene Optionen diskutiert, in der Bevölkerung aber gab es den klaren Wunsch, das Haus in kommunaler Hand zu erhalten, was 2014 auch eine Mehrheit im Gemeinderat fand. Dann kam es 2015 zu einem Dachstuhlbrand im Gebäude. Durch den Brand und die Löscharbeiten wurde nahezu alles bis auf die Grundsubstanz zerstört, wie Schöfer erzählt, und die Diskussion über die Zukunft des Gebäudes gewann an Intensität.

Multifunktionales Veranstaltungshaus

Schließlich entschied man sich für die Sanierung – und damit für die „Mühen der Renovierung eines denkmalgeschützten Gebäudes in politischer Eigenverantwortung“, so Heilmeier. Als Vision wurde ein multifunktionales Veranstaltungshaus entworfen, 2021 wurde die Baumaßnahme gestartet, bis Ende des Jahres soll die Sanierung im besten Falle abgeschlossen sein. Die Sanierung selbst hat sich als extrem aufwändig herausgestellt, wie Schöfer sagt. So musste das Fundament unterfüttert werden, die darunter entdeckten Gräber ordnungsgemäß aufbewahrt. Und es gab auch immer wieder Probleme mit der Denkmalschutzbehörde. „Wir habe aber immer Lösungen gefunden und ziehen die Sanierung nun durch“, so Schöfer.

So hat der Altbau in Neufahrn tatsächlich eine Zukunft – ganz im Sinne Hettlers, der sagt: „Alten Gebäuden ein neues Leben einzuhauchen, kann ausgesprochen sinnstiftend sein. Jeder Altbau hat erst einmal einen Wert. Wenn man diesen erhält, schränkt man sich dadurch zwar ein, aber man bekommt auch viel zurück. Man erhält Substanz aus einer anderen Zeit und schreibt eine Geschichte fort.“
 


 

Fotocredits: Mesnerhaus innen: Luis Ostertag-Hill Bürgermeister: Gemeinde Neufahrn