Das Luxus-Ferienhaus auf Kenia gehört nun einer deutschen Gemeinde
Das Luxus-Ferienhaus auf Kenia gehört nun einer deutschen Gemeinde
© Anne Gohu

Verrücktes Testament

Riesen-Erbschaft: Deutsche Kommune erbt Ferienvilla in Kenia

Dass Städte oder Gemeinden im Testament reicher Privatpersonen bedacht werden, ist gar nicht so ungewöhnlich. Immer wieder mal hinterlassen vor allem Menschen ohne Kinder ihrer Heimatgemeinde Geld oder Immobilien. Meist knüpfen sie das Erbe an einen bestimmten Zweck, etwa dass in dem Gebäude soziale Einrichtungen entstehen oder das Geld für die Infrastruktur im Ort verwendet wird. Doch das Testament eines Winzer-Ehepaares aus Rheinland-Pfalz darf wohl als das verrückteste Testament Deutschlands bezeichnet werden.

Das Ehepaar, das diese Erbschaft hinterlassen hat, war in der Tat seiner Heimatgemeinde sehr verbunden. Auch wenn das Paar schon seit Jahren in Kenia lebte. Es geht um Ulrike und Wolfgang Wirth als Wöllstein im Landkreis Alzey-Worms. Eine gut betuchte Winzerfamilie, die im Ort nicht nur wegen ihres großartigen Weinguts bekannt war. Zeit ihres Lebens engagierte sich das Ehepaar auch lokalpolitisch in dem rund 4500 Einwohner Ort und galt generell als sehr heimatverbunden. Insofern kam das Erbe für den jungen 31 jährigen Bürgermeister Johannes Brückert vermutlich gar nicht so völlig überraschend. Was die Gemeinde aber alles erben sollte, das war dann doch eine handfeste Überraschung. 

Erbschaft beinhaltet Traumhaus in Kenia 

Im November bereits war es soweit, als der Bürgermeister zunächst die traurige Mitteilung über den Tod von Wolfgang Wirth erhielt. Seine Frau Ulrike war bereits im Jahr 2019 verstorben. Bekannt war, dass die Familie das einst größte Winzergut Deutschlands besass. Und nach der Erkrankung von Ulrike Wirth war auch bekannt, dass das Ehepaar ein Luxus-Traumhaus in Kenia behindertengerecht umbauen liess und dort immer häufiger für längere Zeit lebte. Nach dem Tod seiner Frau hatte sich Wolfgang Wirth komplett nach Kenia zurückgezogen. Im Herbst nun starb er an einem Herzinfarkt. 

Und so erhielt die Gemeinde im Spätherbst die Mitteilung über die Erbschaft. Sämtliche Besitztümer des Ehepaares ohne Kinder sollten an die Gemeinde gehen. Darunter neben Geld auch zahlreiche Gründstücke im Ort und eben ein Haus - ein Ferienhaus. Nur liegt das halt in Kenia. Genauer gesagt in Diani Beach, ein traumhafter weißer Sandstrand im Süden des Landes. Es gehört nun offiziell der Gemeinde Wöllstein. "Das kann wohl als ziemlich außergewöhnlich bezeichnet werden", so die erste Reaktion von Bürgermeister Brüchert in der lokalen Presse. 

Wegen der Erbschaft ist nun einiges zu regeln 

Noch macht die ungewöhnliche Erbschaft der kleinen 4500 Seelen Gemeinde aber einiges Kopfzerbrechen. Denn logischerweise kennt niemand in der Verwaltung das kenianische Erbschaftsrecht. Daher wird nun erst einmal alles um den Nachlass geklärt. Ein Anwalt kümmert sich um mögliche Fallstricke im Erbschaftsrecht in Kenia. Nicht ausschließen will der Bürgermeister auch, dass er oder eine Delegation seines Rathauses demnächst mal nach Kenia reisen müssen. 

Erst wenn alles geklärt ist, kann die Gemeinde entscheiden, was weiter mit dem Luxushaus passieren soll. "Es gibt schon viele Ideen über die Weiterverwendung, etwa als Ferienhaus für die Gemeinde", so der 31 jährige Ortsbürgermeister in dieser Woche gegenüber der Bild-Zeitung. Aber er bleibt auch realistisch: "Der Verkauf ist wohl am wahrscheinlichsten". 

Andere Objekte des Winzer-Ehepaares sind da eindeutiger für die Allgemeinheit zugänglich machbar, weil sie auf dem Gebiet der Gemeinde liegen. So erklärt der Bürgermeister, dass man den großen Garten, der zum Haus im Ort gehört, "zu einem Park für die Allgemeinheit" ausbauen will.

Geldsegen durch Erbschaft für eine Gemeinde 

In den vergangenen Jahren gab es immer mal wieder solch Aufsehen erregende Erbschaft. Etwa vor zwei Jahren, als in der Gemeinde Waldsolms im hessischen Lahn-Dill Kreis - ebenfalls ein Ort mit rund 4500 Einwohnern - mehr als 6 Millionen Euro erbte. Ein reiches Ehepaar, Hausherr Alfred Wedl war viele Jahre Börsenmakler in Frankfurt, hatte das Geld der Gemeinde vermacht - allerdings zweckgebunden. Die Erbschaft knüpfte das Ehepaar an Bedingungen. 

Zum Vergleich: 6,2 Millionen - so hoch war das Erbe - entspricht fast dem Jahreshaushalt der kleinen Gemeinde. Die Bedingung, die das Ehepaar mit der Erbschaft verband, war: Das Geld darf nicht für laufende Ausgaben im Haushalt verwendet werden, sondern nur für "gemeindliche Einrichtungen und Infrastruktur". KOMMUNAL hatte Ende 2020 berichtet, wie die Gemeinde mit der Erbschaft umging.

Kleinere Erbschaften sind weniger problematisch

Etwas übersichtlicher war im vergangenen Jahr eine Erbschaft für die Gemeinde Murr in Baden-Württemberg. Der Ort mit seinen gut 6000 Einwohnern im Landkreis Ludwigsburg erhielt eine Erbschaft über 450.000 Euro. Ihre Bürgerin Annelise Hüttner war im Alter von 91 Jahren gestorben. Testamentarisch hinterließ sie einen Teil ihres Vermögens ebenfalls ihrer Heimatgemeinde, in der sie seit ihrer Geburt lebte. 

Die Verwaltung hatte im vergangenen Jahr nach Bekanntwerden der Erbschaft dem Gemeinderat vorgeschlagen, die Erbschaft anzunehmen und der Sozialstiftung der Gemeinde zu übertragen. Bürgermeister Torsten Bartzsch erklärte damals: "Wir wollen dieses große Erbe nicht einfach im Gemeindehaushalt aufgehen lassen sondern dauerhaft erhalten und Frau Hüttner damit en bleibendes Gedenken bewahren". Konkret hat die Sozialstiftung eine betreute Wohnung in einem damals grad in Bau befindlichen Neubau gekauft. Die Mieteinnahmen werden künftig für Projekte der Stiftung verwendet. Offizieller Stiftungszweck in diesem Fall: "Die Notfallhilfe" für Menschen, die ihr Leben nicht mehr selbst regeln können. 

Diskussionen gab es hier übrigens noch über eine mögliche Erbschaftssteuer. Die muss eine Gemeinde aber nicht bezahlen, kann Bürgermeister Bartzsch über seinen Fall berichten.