Digitale/Hybride Ratsitzung Symbol
Digitale/Hybride Ratsitzung Symbol
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Kommunalpolitik

Bürgermeisterin: So klappt die hybride Ratssitzung

21. April 2022
In immer mehr Kommunen können sich Ratsmitglieder per Video zuschalten. Aber viele haben noch Sorgen. Die dürften erledigt sein, wenn Sie den Bericht der Bürgermeisterin von Hauzenberg gelesen haben. Im KOMMUNAL-Gastbeitrag schildert sie, wie sie in ihrer 12.000-Einwohner-Stadt mit den Ratsmitgliedern die Digitalisierung Wirklichkeit werden ließ

Die Stadt Hauzenberg nimmt im IT-Bereich und speziell im Segment Hybrid-Sitzungen eine Vorreiterrolle in ganz Bayern ein. Wir verfügen hier über eine findige ITAbteilung,  die jedem und allem absolut aufgeschlossen gegenübersteht. Ohne diese innovative Mannschaft wäre dies grundsätzlich gar nicht möglich. Aufgrund SARS-CoV2 und der Gefahr an Covid-19 zu erkranken, waren wir als Kommune gezwungen, Ideen und Konzepte zu entwickeln, die es weiterhin ermöglichen, Gemeinderats- und Ausschusssitzungen coronakonform abzuhalten. Eine schwierige Aufgabe, die häufig scheitert an geeigneten Räumlichkeiten, die Abstand, Lüftung, Platzangebot für die anwesenden Mitglieder und der Öffentlichkeit gewährleistet. Sitzungsaufgaben wurden teilweise an kleinere Ausschüsse übertragen, um die laufenden Geschäfte aufrecht zu erhalten. Das war für die Gremiumsmitglieder nicht immer das Gelbe vom Ei. Denn viele Ratsmitglieder waren an wichtigen Entscheidungen plötzlich nicht mehr beteiligt. Gerade für die neu hinzugekommenen Ratsmitglieder war dies besonders schwierig.

Digitale Ratssitzung möglich

Der Bayerische Landtag beschloss im Frühjahr 2021 zur Bewältigung der Corona Pandemie, die Gemeindeordnung, Landkreisordnung, Bezirksordnung sowie weitere Gesetze zu ändern. Die Änderungen ermöglichten, Sitzungen künftig gemischt im Format Ton-Bild-Übertragung (Art. 47a GO) abzuhalten. Die Geburtsstunde der hybriden Sitzung. Ein Meilenstein in der Digitalisierung von Kommunen. Unsere Verwaltung, insbesondere die IT-Mannschaft reagierte auf diese Meldung ausgesprochen schnell.  Wir stellten diese neue, innovative Möglichkeit, Sitzungen künftig „Hybrid“ zu gestalten, schon wenige Tage nach Inkrafttreten der Satzung in einer Stadtratssitzung vor. Alle Vorteile, die dieses vielversprechende Format bietet, wurden ausführlich dargelegt. Ein Modell für die Zukunft, auch nach dem Ende von Corona. Eine Teilnahme ist auch bei Quarantäne eines Gremiumsmitglieds möglich. Ausfälle durch Dienstreisen oder Urlaub von Mitgliedern fallen weg, denn eine Zuschaltung ist weltweit möglich. Das Gremium kann jederzeit in Vollbesetzung tagen, ein Riesenvorteil, der nicht von der Hand zu weisen ist. Vor dem Hintergrund der fortbestehenden Pandemiesituation und der damaligen Verlängerung des Lockdowns genügte für die Zulassung von Sitzungen im Hybridformat ein Beschluss des Vollgremiums mit einer Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder.  Eine große Mehrheit im gesamten Stadtrat fand sich für dieses Modell und so wurde noch in der gleichen Sitzung ganz offiziell der Anstoß für das neue Sitzungsformat mit positivem Beschluss gegeben.

Erste hybride Ratssitzung schnell vorbereitet

Nun musste es schnell gehen mit der Umsetzung. Die IT-Abteilung drückte auf das Tempo, um die nächste Sitzung bereits hybrid anzubieten. Die digitale Aufrüstung des großen Sitzungssaals im Rathaus erfolgte. Geeignete Plattformen für die Sitzungsübertragung wurden gecheckt. Drei neue Kameras installierte die IT in Zusammenarbeit mit dem städtischen Bauhof. Zwei davon sind schwenkbar, damit jedes Ratsmitglied bei Wortmeldung auch entsprechend an die online zugeschalteten Mitglieder eingeblendet werden können. Eine Kamera ist fest installiert und überträgt den Tisch mit Bürgermeisterin und Verwaltung. So wird gewährleistet, dass jeder immer alles im Blick behalten kann. Die online zugeschalteten Mitglieder werden auf die große Leinwand per Beamer übertragen.

Ein Testlauf erfolgte vier Tage vor der ersten „Hybrid-Sitzung“. Wir alle waren sichtlich nervös, ob denn alles klappt, wie die Qualität von Bild und Ton wohl sein wird, welche Stolpersteine auf uns warten.  Aber, alles lief reibungslos, es war perfekt.

Gudrun Donaubauer Bürgermeisterin von Hauzenberg
Gudrun Donaubauer, Bürgermeisterin von Hauzenberg.

Es gab keine toten Winkel, der große Sitzungssaal konnte komplett eingesehen werden, die Akustik war ausgesprochen gut, die auf Probe zugeschalteten Testpersonen bestätigten dies ohne Wenn und Aber. Auch die Zuschaltung per Handy klappte einwandfrei. Der ersten gemischten Sitzung aus Präsenz und Online stand somit definitiv nichts mehr im Wege. Dass dies alles überhaupt möglich ist, ist auch einem Digitalisierungsschub, gerade im Bereich Sitzungen und Gremiumsarbeit, zu verdanken. Mit den Kommunalwahlen im März 2020 zog die Digitalisierung im Hauzenberger Stadtrat ein. Jedem Mitglied stand es nun offen, eine Digitalisierungspauschale zu nutzen, um sich eine entsprechende Hardware zu besorgen, die es ermöglicht, künftig alle Sitzungsunterlagen digital zu nutzen. Das Ratsinformationsportal wurde erweitert und die Geschäftsordnung dazu angepasst.

Es war für uns der Triumpfzug der Digitalisierung.“

 

Gudrun Donaubauer, Bürgermeisterin von Hauzenberg

90 Prozent der Ratsmitglieder digital dabei

Rund 90 Prozent der Ratsmitglieder zogen mit und stellte auf digital um. Damit war auch gewährleistet, dass die Ratsmitglieder sich mit Tablet, Notebook oder Handy zuschalten können, denn auch auf der UserSeite muss  alles funktionieren. Der Tag der Wahrheit kam am Montag, 3. Mai 2021. Es war für uns der Triumpfzug der Digitalisierung.  15 Ratsmitglieder schalteten sich online zu. Alles war bereit, der Sitzungssaal vorbereitet, die Kameras an, die alles entscheidende Frage an die zugeschalteten Mitglieder: „Könnt ihr uns hören und sehen?“ Die aus Sicht der IT-Mannschaft wichtigste Frage des Abends wurde durchgängig mit ja, alles bestens, beantwortet.  Die Sitzung verlief im Anschluss fast ein wenig unspektakulär, fast so, als ob es dieses hybride Format schon viele Jahre geben würde. Keine Probleme, keine Pannen, ein Erfolg auf ganzer Linie. Auch im Nachgang gab es kaum Kritik. Eventuell ein kleines Echo in den Lautsprechern, das schnell behoben ist, und das Schwenken der Kameras kann noch ein wenig optimiert werden. Aber das sind nur Kleinigkeiten und diese sind schnell abzustellen.

Hybrid-Sitzung als Testlauf

Das vom bayerischen Innenministerium erlaubte Format der Hybrid-Sitzung ist derzeit lediglich bis Ende dieses Jahres vorgesehen. Es sollte beibehalten werden, das ist mein großer Wunsch als Bürgermeisterin von Hauzenberg. In Zeiten von vermehrtem Homeoffice, Digitalisierungsoffensive und Klimawandel ist ein Zurück undenkbar. Mittlerweile haben mehrere Stadtratssitzungen, Bauausschusssitzungen sowie mehrere Sitzungen des Haupt- und Finanzausschusses hybrid stattgefunden. Das Format hat sich etabliert, bei allen Teilnehmern. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es jedoch. Ich kann mich bei keiner Sitzung digital zuschalten, meine Anwesenheit als Vorsitzende ist immer Pflicht.