Professionelles Coaching in der Verwaltung

16. Februar 2018
Immer mehr Kommunen haben massive Probleme, Führungskräfte zu finden. Umso wichtiger wird die Bildung, Ausbildung und Fortbildung der vorhandenen Mitarbeiter. Denn nur wenn die Führungskräfte „richtig“ führen, sind die Mitarbeiter zufrieden und bleiben somit langfristig der Verwaltung erhalten. Damit Führungskräfte „richtig“ führen können, müssen sie gut geschult sein. Im KOMMUNAL-Gastbeitrag erklären zwei Experten, wie so ein Coaching aussehen kann.


Durch die steigenden Anforderungen suchen immer mehr Menschen individuelle Unterstützung in beruflichen Fragen. Stetig wachsend ist die Zahl der Coachs, die diese Rolle einnehmen. Für welche Anlässe ist dieses Format der Personalentwicklung geeignet? Und: Wie kann ein professioneller Coach ausgewählt werden?

Was professionelles Coaching bewirken kann

Gestern noch Kollege, heute die neue Führungskraft im Team. Ein solcher Rollenwechsel führt meist zu Irritationen und Unsicherheit auf beiden Seiten. Oder: Eine Führungskraft führt seit Jahren eine Organisationseinheit mit 300 Personen. Zunehmend kommt es zu Spannungen in der ersten Ebene. Außerdem hat sich die persönliche Situation der Führungskraft verändert und diese möchte kürzer treten und weiß nicht, diese Situation anzugehen und zu lösen. Oder: Eine Hochschulabsolventin übernimmt eine wichtige Rolle in der Digitalisierung einer Kommune und sieht sich dem Geflecht von Machtbeziehungen ausgesetzt, der sie als Berufseinsteigerin nicht gewachsen ist. Dies alles sind beispielhafte Situationen, bei denen Coachs hilfreich sein können, um die eigenen Ressourcen zu mobilisieren und dadurch zu neuen Lösungen zu gelangen.
Coaching entwickelt sich besonders für Führungskräfte und Beschäftigte in Schlüsselfunktionen seit einigen Jahren zu einem wesentlichen Element der kommunalen Personalentwicklung, weil es einzelnen Personen ermöglicht, gezielt auf persönliche Herausforderungen einzugehen. In vertrauensvoller Zusammenarbeit mit einem qualifizierten Dritten ist es möglich, Lösungen für den individuellen Anlass zu erarbeiten. Erste Forschungsergebnisse zeigen, dass Coaching positive Effekte auf die Leistungsfähigkeit, das Wohlbefinden, auf Bewältigungsstrategien, die Arbeitseinstellung und zielgerichtete Selbstregulierung des Coachees (gecoachte Person) hat. Positive Wirkungen sind indirekt auch im Umfeld der Coachees wahrnehmbar.

Das Verhältnis Coach - Coachee

Damit unterscheidet sich Coaching einerseits von der Beratung, bei dem ein Experte Lösungsvorschläge unterbreitet oder andererseits auch vom Mentoring, bei dem erfahrene Kollegen jungen Kollegen Orientierung durch ihr Erfahrungswissen weitergeben. Der professionelle Coach liefert möglichst keine eigenen Lösungen, sondern regt den Coachee an, eigene Ziele zu definieren und lädt zu Selbstreflexion, Selbstwahrnehmung und Verantwortung ein. Coaching ist sprichwörtlich „Hilfe zur Selbsthilfe“. Damit geht einher, dass der Coachee per se ein Interesse nach Unterstützung hat. Eine innere, offene Haltung ist für den Prozess förderlich. Das Personalentwicklungs-Instrument Coaching ist in der Privatwirtschaft bereits etabliert. Doch auch in Verwaltungen wird der Nutzen zunehmend gesehen und ermöglicht meist Führungskräften hilfreiche Unterstützung. Gerade große Kommunen bieten dieses Instrument gern auch Berufseinsteigern nach dem Studium und auch Personen in Schlüsselfunktionen an, um damit die Marke als Arbeitgeber zu stärken. Denn professionell arbeitendes Personal für die Verwaltung zu gewinnen und zu binden ist eine wirkliche Herausforderung geworden.
Damit Coaching in einer Organisation gelingen kann, ist eine Kultur des Vertrauens unabdingbar. Die Coaching-Gespräche finden unter vier Augen zwischen Coach und Coachee statt. Über den Inhalt ist grundsätzlich nach allen Seiten Verschwiegenheit vereinbart und nur in klar abgesprochenen Fällen kann es Ausnahmen geben. Welches Ansehen Coaching in einer Verwaltung hat, hängt stark davon ab, wie einerseits die Führung eines Hauses mit dem Thema umgeht. Es spielt aber auch andererseits eine Rolle, ob es eher als „Belohnung“ oder „Defizit“ betrachtet wird, ein Coaching in Anspruch zu nehmen.

Immer mehr Verwaltungen buchen professionelles Coaching

Die vermehrte Nachfrage an Coachs auch in Verwaltungen trifft auf einen unüberschaubaren Markt. Da die Berufsbezeichnung „Coach“ nicht geschützt ist und über 20 Coaching-Verbände eine Qualifizierung zum Coach anbieten, ist es ganz besonders wichtig, Kriterien festzulegen, anhand derer professionelle Coachs ausgewählt werden können. Neben einer Zertifizierung, Vorerfahrungen in einer Verwaltung oder Rahmenbedingungen (Atmosphäre, Dauer und Ablauf der Sitzungen, etc.) umfasst diese ebenso die Beziehungsebene zwischen Coach und Coachee (Sympathie, Vertrauen, Begegnung auf Augenhöhe, etc.) oder auch Grundlagen der Arbeitsbeziehung, wie das Coaching-Verständnis. Empfehlenswert ist dabei, den systemisch-konstruktivistischen Ansatz zu wählen. Denn die systemische Sichtweise geht davon aus, dass jeder Mensch die Wirklichkeit aus seiner individuellen Wahrnehmung „konstruiert“. Einzelne Aspekte und Phänomene wie Anlässe, Personen oder Teams sind dabei nie isoliert zu betrachten, sondern stehen zueinander in Beziehung: als System, das von bestimmten Werten, Haltungen und auch Regelungen geprägt ist. Ziel ist es, Festgefahrenes in Bewegung zu bringen und damit zu neuen Lösungen zu gelangen.
Coaching erfolgt über einen begrenzten Zeitraum, der zu Beginn festgelegt wird. Meist werden die Treffen am Anfang in kürzeren Abständen festgelegt, die später in größeren Abständen vereinbart werden. 60 bis 90 Minuten sind die am häufigsten gewählten Zeitfenster, die auch außerhalb des eigenen Büros stattfinden. Alles in allem Rahmenbedingungen, die es leicht machen sollen, liebevoll kritisch auf sich selbst zu schauen. Möchte eine Verwaltung das Personalentwicklungs-Instrument Coaching ergänzend zu anderen Instrumenten einführen, sollten die nachfolgenden Fragen gestellt werden: „Was wollen wir mit Coaching bewirken?“ beziehungsweise „Was ist es (Coaching) uns wert?“ Denn Fakt ist: Professionelles und wirkungsvolles Coaching gibt es nicht zum „Null-Tarif“.

Was kostet ein professionelles Coaching?

Die Marburger-Coaching-Studie beleuchtet die Entwicklungen auf dem deutsch-sprachigen Coaching-Markt in regelmäßigem Turnus und beobachtet, dass der durchschnittliche (brutto) Coaching-Stundensatz in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Nach der letzten Studie liegt der Stundensatz bei über 200 Euro. Nach eigenen Recherchen können die Preise im kommunalen Umfeld sehr unterschiedlich ausfallen. Eine preisliche Differenzierung ist auch wahrnehmbar, wenn die absoluten Topleute der Verwaltung unterstützt werden.
Die Empfehlungen für das Personalentwicklungsinstrument Coaching werden in Kürze auch in einem ausführlichen Bericht der KGST veröffentlicht. Mit konkreten Handlungsempfehlungen speziell für Verwaltungen soll der Bericht Klarheit verschaffen, wie Coaching professionell eingeführt werden kann, nach welchen Kriterien Coachs ausgewählt werden sollten und welchen wirkungsvollen Beitrag Coaching für die Personal- und Organisationsentwicklung liefert. Fest steht Stand heut:  Das Personalentwicklungsinstrument Coaching ist eine super Ergänzung zu anderen Instrumenten. Führungskräfte und Personen in Schlüsselfunktionen werden „on the job“ unterstützt. Denn nichts ist so gut wie die eigene Lösung!

Schlagwörter