Die Diskussion um das Deutschlandticket geht weiter - Rufe nach einem Aus werden immer lauter
Die Diskussion um das Deutschlandticket geht weiter - Rufe nach einem Aus werden immer lauter
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ÖPNV

Neue Diskussion ums Deutschlandticket

Für Deutschlands Kommunen wird das 49-Euro-Ticket immer mehr zum Investitionshemmnis. Denn die Nahverkehrbranche war zwar dem politischen Willen zur Einführung des Deutschlandtickets gefolgt. Doch die versprochenen Ausgleichszahlungen kommen weiter nicht in den Kommunen an.

Das Deutschlandticket entpuppt sich immer mehr als teurer Flop. Der erhoffte Umstieg von Menschen auf den ÖPNV jedenfalls ist nicht gelungen, wie eine Auswertung des Verbandes der Deutschen Verkehrsunternehmen zeigt. Demnach haben 92 Prozent der Deutschland-Ticket-Abonnenten schon vorher den ÖPNV benutzt, meist mit Monatsabos, teils mit Einzelfahrscheinen der städtischen Gesellschaften. 

Und: Das Deutschlandticket, das immerhin 3 Milliarden Euro Subventionen benötigt, ist ein teurer Flop vor allem für die Menschen in ländlichen Regionen. Denn 80 Prozent der Abonnenten wohnen in Städten. Also dort, wo der ÖPNV ohnehin schon eine Alternative zum Auto ist. Es macht eben wenig Sinn ein Deutschlandticket zu kaufen, das es einem ermöglicht, überall in Deutschland Bus zu fahren, wenn der Bus im eigenen Dorf nun zwei Mal täglich fährt. 

Entsprechend ist auch die ökologische Bilanz bisher schlecht. Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin rechnete vor, dass rund 0,3 Prozent des Autoverkehrs durch das Deutschlandticket verlagert werden könne. Jede mit dem Deutschlandticket eingesparte Tonne CO₂ koste rund 8000 Euro, das sei "absurd viel Geld".

CDU-Beschluss zum Ausstieg aus dem Deutschlandticket in Hessen

Die hessische CDU ist nun die Erste, die auf einem Parteitag mehrheitlich die Landesregierung und somit ihren eigenen Ministerpräsidenten Boris Rhein aufgefordert hat, sich für ein Ende des 49-Euro-Tickets stark zu machen. Zwar wurde direkt nach dem Beschluss aus der Landesregierung der Hinweis verbreitet, ein solcher Beschluss "müsse keinesfalls reale Folgen haben". Doch die Büchse der Pandora dürfte damit geöffnet sein. 

Denn insbesondere aus der Wirtschaft kommen schon lange Rufe nach einem Aus für das Deutschlandticket. „Die Subventionen für das Deutschlandticket in Höhe von mindestens drei Milliarden Euro pro Jahr fehlen für notwendige Investitionen in die Schiene und in die ÖPNV-Infrastruktur“, schloss sich die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhV) dem Antrag vollumfänglich an. Die knappen Mittel sollten in ein größeres und dichteres Bus- und Bahnnetz gesteckt werden, statt damit Tickets zu subventionieren.

Kommunen klagen über Zahlungsmoral für die Folgekosten

In Schleswig-Holstein läuft derweil die politische Diskussion, das Deutschlandticket deutlich teurer zu machen - von 69-Euro ist die Rede. Denn im Landeshaushalt klafft ein gewaltiges Finanzierungsloch. Daher will das Land den Schienenverkehr ausdünnen, wenn das Deutschlandticket weiter ein so dickes Minus einfährt. Das Land Schleswig-Holstein zahlt pro Jahr aktuell 50 Millionen Euro für das Ticket, der Bund gibt noch einmal die gleiche Summe dazu. Würden diese 100 Millionen Euro stattdessen direkt an das Land gehen, müsse nicht gespart, sondern könne sogar mehr in neue Verkehre investiert werden, heißt es aus dem Verkehrsministerium. 

Und selbst von der Hamburger Verkehrssenatorin der Grünen kommt der Hinweis, Schleswig-Holstein sei nicht das einzige Bundesland, das darüber nachdenke, S- und Regionalbahnen einzustellen, weil das Geld fehle. 

Und auch die Verkehrsbetriebe der Kommunen lassen kaum ein gutes Haar an der jetzigen Finanzierung. Die Chefin des größten Verkehrsbetriebs in Baden-Württemberg, der Stuttgarter VVS, Cornelia Christian sagte kürzlich der Stuttgarter Zeitung: "„Es fehlt vom Land immer noch der Anwendungsbefehl, also das Regularium, welches das Land gegenüber den Kommunen verpflichtet, die Ausgleichszahlungen für das subventionierte Deutschlandticket zu zahlen“.

In Stuttgart wird das Deutschlandticket nur deshalb ab dem 1. Juli weiter angeboten, weil der dortige Oberbürgermeister erklärt hat, dass die Landeshauptstadt alle Risiken übernimmt und für die Einnahmeausfälle aufkommt. 

Auch von anderen Verkehrsunternehmen kommt die Kritik, dass der Bund selbst die Mittel für das Jahr 2023 bis heute nicht vollständig bezahlt hat.

Schon im Dezember hatte der Kreistag in Stendal einen Beschluss gefasst, wegen der hohen Kosten, der geringen Nachfrage und vor allem dem schlechten Angebot im Landkreis aus dem Deutschlandticket auszusteigen. Durch zusätzliche Gelder vom Bund konnte der Ausstieg noch abgewendet werden. Der Kreistag hob nach der Finanzspritze den Beschluss vorübergehend wieder auf. Seit Anfang Juni nun wird den Stendalern ein weiterer Vorteil mit dem Deutschlandticket zuteil. Zwischen Stendal und Berlin fährt nun ein Regionalexpress, der mit dem Ticket genutzt werden kann. Bisher mussten Gäste auf der Strecke umsteigen, jetzt fährt ein Regionalexpress auf der ICE-Trasse.