
Konfliktmanagement
Nachtbürgermeister gesucht!
Heidelberg ist Studentenstadt und darüber hinaus auch beliebt bei Touristen. Was eigentlich eine gute Sache ist, macht manchmal aber auch Probleme. Während die Nachtschwärmer vor allem in der Altstadt feiern wollen und Geld in die Kassen von Kulturschaffenden und Gastronomen spülen, plagt der Lärm die Anwohner. Das Resultat ist ein seit Jahren schwelender Konflikt, den die Stadt zuerst mit einem Lärmbeauftragten lösen wollte. Jetzt aber soll daraus die Stelle eines Nachtbürgermeisters werden. Damit macht Heidelberg auch einen Schritt auf Kulturschaffende und Gastronomen zu.
Dabei ist die Kommune nicht die erste Stadt, die mithilfe eines Nachtbürgermeisters zwischen den Interessen vermitteln möchte. Mittlerweile handelt es sich um ein erprobtes Konzept, das sich in vielen Metropolen bewährt hat. Das hat das baden-württembergische Heidelberg auch für sich erkannt: „Da die Funktion des Nachtbürgermeisters bereits in einigen europäischen Metropolen zu hervorragenden Ergebnissen geführt hat, wurde dieser Titel gewählt", sagte eine Sprecherin der Stadt auf Anfrage von KOMMUNAL. Denn anders als ein Lärmschutzbeauftragter verfolgt ein Nachtbürgermeister einen ganzheitlichen Ansatz.
Die Idee stammt aus den Niederlanden
Seinen Ursprung hat der Nachtbürgermeister in Amsterdam. Dort soll Mirik Milan, der wohl erste Nachtbürgermeister der Welt, mit seinen Ideen maßgeblich zur Entspannung der Lage beigetragen haben, ohne dass es zu großen wirtschaftlichen Einbußen kam. Ganz im Gegenteil: Amsterdams damaliger Bürgermeister Eberhard van der Laan zeigte sich überzeugt, dass sich der nachtburgemeester auch ökonomisch für die niederländische Großstadt gelohnt hat.
Deutschlands erster Nachtbürgermeister ist in Mannheim
Aber auch bei uns ist das Amt nicht mehr neu. Nicht weit von Heidelberg entfernt, in Mannheim, ist Hendrik Meier seit 2018 Nachtbürgermeister. Auf die Frage, warum ein Nachtbürgermeister der richtige Ansprechpartner sei, um die Interessen zu bündeln, sagt er: „In den letzten Jahren haben immer mehr Städte erkannt, dass die Nachtökonomie ein wichtiger Bestandteil von wirtschaftlich starken Städten ist.“ Schließlich sei die Stadt am Abend der Ort, an dem sich die Menschen in ihrer Freizeit aufhalten. „Es ist egal, ob es sich um Restaurants, Bars oder Kinos handelt – es braucht jemanden, der auf die Interessen und Bedürfnisse der einzelnen Akteure eingeht und vermittelt", zieht Meier in einem früheren KOMMUNAL-Interview ein positives Fazit.
Wird sich der ganzheitliche Ansatz in Heidelberg durchsetzen?
Die unterschiedlichen Erwartungen der Interessengruppen an einen Nachtbürgermeisters spiegeln sich auch in den Debatten im Gemeinderat und in den Ausschüssen der Stadt Heidelberg wider: Was ist wichtiger? Dass das Nachtleben in Heidelberg weiter gestärkt wird oder dass die Anwohner nachts ruhig schlafen können? Aus Sicht der Verwaltung kann ein Nachtbürgermeister den Ausgleich der Interessen befördern.
Nachdem das Auswahlverfahren aufgrund von Corona kurzeitig unterbrochen werden musste, wird es nun fortgesetzt. Die Bewerbungsfrist endet am 1. Juli. Die bisherigen acht Kandidaten bleiben im Rennen.
So stellt Heidelberg sicher, dass der Nachtbürgermeister auch angenommen wird
Damit der künftige Nachtbürgermeister von allen Betroffen auch angenommen wird, ist die Stadt dabe wichtig, ein ambitioniertes Auswahlverfahren auszuarbeiten. Die Kandidaten sollen der Öffentlichkeit im Livestreaming und im Stadtblatt vorgestellt werden. Per Online-Abstimmung wird es eine erste Vorauswahl geben. Eine Jury von Vertretern aus Kultur, Jugend, Gastronomie und Bürgerinitiativen wählt anschließend drei Kandidaten aus.
Der Mannheimer Nachtbürgermeister Hendrik Meier soll ebenfalls der Jury angehören. Am Ende entscheidet der Gemeinderat dann, wer Heidelbergs erster Nachtbürgermeister oder die erste Nachtbürgermeisterin wird.