Bilder der App "Mein Beitrag" im Kreis Ahrweiler
Die App "Mein Beitrag" - einer der vielversprechendsten Ansätze im Rahmen des Modellprojekts "Weitermachen! Kreis Ahrweiler"
© Bernhard Risse/Kreisverwaltung Ahrweiler

Modellprojekt

So wollen Vereine Nachwuchs gewinnen

Die Bevölkerung altert und das bekommen auch die Vereine zu spüren. Nachwuchsmangel und Mitgliederschwund sind an der Tagesordnung und die Zukunft des Ehrenamts steht vor großen Herausforderungen. „Weitermachen!“ lautet umso deutlicher das Motto eines Modellprojekts im Landkreis Ahrweiler, für das unter anderem die App „Mein Beitrag“ entwickelt wurde. Es hält aber noch mehr Ideen bereit.

Wie können ehrenamtliche Nachwuchskräfte akquiriert werden? Und wie sieht es überhaupt aus, das Ehrenamt der Zukunft? Diese Fragen treiben auch die Zuständigen im Kreis Ahrweiler um. „Es ist eine große Herausforderung, angesichts des demografischen Wandels weiterzumachen und die Arbeit zu sichern“, sagt Mario Stratmann, Projektleiter bei der Kreisverwaltung Ahrweiler. „Weitermachen! Kreis Ahrweiler“ lautet denn auch der Name eines umfassenden Modellprojekts zur Nachwuchsförderung, das genau hier ansetzt. „Wir wollen dabei mithelfen, die Vereine in die Zukunft zu bringen und die nächste Generation an Ehrenamtlichen zu gewinnen und zu halten“, erklärt Stratmann. Über verschiedene Wege soll schließlich gewährleistet werden, dass das Ehrenamt angepasst wird an neue Herausforderungen und Lebenswelten und dass es fortbesteht für die Gesellschaft.

Modellprojekt zur Nachwuchsförderung im Ehrenamt

Das Modellprojekt wurde 2020 im Landkreis Ahrweiler im Kontext des Projekts „Hauptamt stärkt Ehrenamt“ gestartet, womit der Kreis Ahrweiler einer von bundesweit 18 Landkreisen ist, der sich in diesem Rahmen intensiv mit der Ehrenamtsförderung beschäftigt. Noch bis Mitte 2023 soll das Modellprojekt laufen, die daraus entstandenen Formate aber sollen auch darüber hinaus bestehen bleiben, wie Stratmann sagt. Die Grundthemen des Ahrweiler Modellprojekts betreffen Vereine allerorts. So steht ebenso die Gewinnung von Nachwuchs im Ehrenamt im Fokus wie die Anpassung der traditionellen Vereinsstrukturen und –kommunikationswege an die sich verändernden Lebenswelten und Bedürfnisse der Personen, die sich engagieren möchten. Um hierauf zu reagieren, wurden im Kreis Ahrweiler sowohl analog als auch digital spannende Ansätze entwickelt.

Ehrenamtsschule und Seniorexperten stärken Vorstände

Ein erster Pfeiler des Projekts „Weitermachen!“ zielt auf die intensive Schulung und Qualifizierung der Vereinsvorstände ab. Hierzu wurde eine Ehrenamtsschule ins Leben gerufen, bei der kostenfrei verschiedene Kurse absolviert werden können. Das Themenspektrum reicht vom Steuerrecht und den Vereinsfinanzen über Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und Datenschutz bis hin zur Administration, Organisation und Verwaltung. Ein zweiter wichtiger Pfeiler ist der Einsatz sogenannter Senior-Experten, die als Ehemalige mit viel Erfahrung im Bereich Vereinsführung und Vorstandsarbeit aktive Vereinsvorstände praxisnah und tatkräftig unterstützen.

"Mein Beitrag": digitale Plattform ohne Hürden

Die zentralste Neuerung ist schließlich die eigens für den Kreis Ahrweiler entwickelte Plattform „Mein Beitrag“, die als Internetportal und als webbasierte App existiert. „Die Vereinsarbeit hat sich verändert. Es gibt nach wie vor viele Menschen, die sich gerne engagieren wollen, aber oft wollen sie lieber projektbezogen mithelfen und kein langfristiges Vereinsmitglied mehr werden“, sagt Stratmann. Entsprechend müsse genau kommuniziert werden, für welche Tätigkeit Helfer gesucht werden und wie man sich konkret und zeitlich begrenzt engagieren könne. Zudem fehle mitunter auch der Austausch zwischen den einzelnen Vereinen und könne viel gewonnen werden, wenn die einzelnen Institutionen genauer informiert wären, was die anderen planen und wo sie Unterstützung gebrauchen könnten.

Präsentation der App "Mein Beitrag"
Projektleiter Mario Stratmann und Stellvertreterin Michaela Wolff präsentieren die App "Mein Beitrag"

Ehrenamtsbörse als digitaler Marktplatz

Um dies zu ändern, wurde als „Herzstück der App“, wie Stratmann es bezeichnet, die „Ehrenamtsbörse“ erstellt, ein digitaler Marktplatz, auf dem Helfer ihre Arbeit anbieten und Organisationen gezielt Unterstützer suchen können. Dort finden sich Hilfsgesuche und –angebote unterschiedlichster Art: Da ist die Freilichtbühne, die nach einer Kostümschneiderin Ausschau hält. Da werden BetreuerInnen für die Kinder bei inklusiven Freizeitangeboten gesucht, Helfer für einen Weinausschank, Kuchenbäcker für einen offenen Familiennachmittag und Insektenhäuser für Renaturierungsprojekte. Andere wiederum bieten alte Tische und Stühle zum Verschenken an oder einen Auftritt der Jugendtanzgruppe bei Feierlichkeiten. „Der Zugang zur Plattform ‚Mein Beitrag‘ sollte so niedrigschwellig wie möglich sein“, sagt Stratmann und deshalb wurde bewusst keinerlei Hürde zur Anmeldung oder Registrierung eingebaut. „Es gibt an sich keine Begrenzung und theoretisch kann sich jeder anmelden“, so Stratmann. Die Inserate würden dann natürlich von den Mitarbeitern geprüft und freigegeben, bevor sie online gehen.

Vielversprechender Start der Plattform

Ergänzend zur Ehrenamts-Börse, die von den Bürgern und Vereinen mit Gesuchen und Angeboten gleichermaßen bespielt werden kann, stellen die Mitarbeiter der Landkreis-Verwaltung in der App außerdem im Zweiwochen-Rhythmus Informationen ein zu Förderprogrammen, Seminarangeboten und Ähnlichem. So wird auf den ersten Pflanzenflohmarkt samt Tauschbörse ebenso hingewiesen wie auf eine Fortbildung rund ums Thema „Datenschutz im Ehrenamt“. Seit Anfang Februar ist die Seite nun online und die ersten Erfahrungen sind vielversprechend. „Die Plattform ist sehr gut angelaufen und soll nun verstetigt werden“, sagt Stratmann. Im Idealfall motiviere die Seite interessierte Menschen dazu, sich unverbindlich und ohne längerfristige Verpflichtung für die konkretes Projekt zu engagieren - und dabei idealerweise derart positive Erfahrungen zu machen, dass sie auch längerfristig Lust haben, mitzuarbeiten.

Nachwuchsförderung hat Priorität

„Das Ehrenamt braucht das Hauptamt“, davon ist Stratmann aufgrund seiner Erfahrungen überzeugt – auf jeden Fall sei es für viele Ehrenamtliche und Vereine sehr hilfreich, wenn es eine offizielle Anlaufstelle gäbe, an die sie sich bei Fragen und Problemen wenden könnten und die eine gewisse Netzwerkarbeit über die Region hinweg verfolge. „Wir haben im Kreis Ahrweiler einen sehr gut aufgestellten Förderbereich und etliche eigene Förderprogramme für Vereine“, so Stratmann. Dies sei eine gute Basis, um die Vereine bei ihrem Weg in die Zukunft zu begleiten. Damit dieser gelingt und die Strukturen von heute auch morgen noch tragen, sei die Akquise von neuen engagierten Ehrenamtlichen die größte Herausforderung. „Das Motivieren und Halten der nächsten Generation ist eine, wenn nicht die größte Aufgabe für die Vereine“, so Stratmann. Dabei geht es nicht nur um junge Menschen, sondern auch um neue Ehrenamtliche, zum Beispiel Rentner, die nun Zeit und Lust haben, nach ihrer Berufslaufbahn anderweitig zu arbeiten. Die gute Nachricht ist laut Stratmann: „Es gibt viele, die bereit sind, sich zu engagieren und diese Leute gilt es zu erreichen. Die Ansätze dazu sind vielfältig – die App „Mein Beitrag“ scheint ein vielversprechender zu sein.

Fotocredits: Bernhard Risse/Kreisverwaltung Ahrweiler