Corona-Mundschutzpflicht

Debatte

Corona: Erste Kommunen führen die Maskenpflicht ein

Jena prescht als erste deutsche Großstadt im Kampf gegen das Corona-Virus mit einer Maskenpflicht für seine Bürger vor - in Supermärkten, Bussen und Bahnen. Wie andere Kommunen darüber denken und was der Bund plant.

Österreich hat es vorgemacht: Im Nachbarland müssen die Menschen beim Einkauf künftig Mund- und Nasenschutz tragen, mittelfristig soll die Maskenpflicht dort verpflichtend in der Öffentlichkeit vorgeschrieben sein. Die thüringische Stadt Jena und der Landkreis Nordhausen preschen nun in Deutschland vor. Menschen sollen in Supermärkten, Bussen und Bahnen sowie in öffentlichen Gebäuden Mund- und Nasenschutz als Schutz vor den Corona-Viren tragen müssen. Laut Jenas Oberbürgermeister Thomas Nitzsche soll die Regelung schrittweise erfolgen. Seit diesem Montag gilt die Maskenpflicht in Bussen und Geschäften.

Was planen andere Kommunen? Und wie positionieren sich die Länder dazu? KOMMUNAL hat sich in Rathäusern umgehört und fasst hier erste Reaktionen zusammen.

Maskenpflicht - die Meinungen prallen bei dem Thema aufeinander

Unser erster Eindruck: Es gibt momentan mehr Kritiker als Befürworter.  Die hessische Stadt Hanau will ebenfalls, dass die Bürger Schutzmasken verwenden und hat die Bevölkerung dazu aufgerufen. Hanaus Oberbürgermeiser Claus Kaminsky zeigt sich davon überzeugt: "Wenn jeder eine Maske trägt, ist allen geholfen".

Heiko Müller, Bürgermeister der 45.500-Einwohner-Stadt Falkensee in Brandenburg, hat da eine ganz klare andere Meinung. Er sagt: "Ich halte es momentan nicht für den richtigen Weg, den Bürgern vorzuschreiben, in der Öffentlichkeit Mundschutz zu tragen." Zumal sich Ärzte und Virologen nicht einig seien, ob dies ein effektiver Weg ist, die Verbreitung des Corona-Virus einzudämmen. Müller sieht es kritisch, wenn "jetzt jeder seine eigenen Regelungen schafft" - und plädiert für ein abgestimmtes Vorgehen.

"Bürger kann unterschiedliche Regelungen nicht nachvollziehen"

"Wenn in einer Kommune die Mundschutzpflicht gilt, in der anderen nicht, wird das der Bürger nicht nachvollziehen können", glaubt der Bürgermeister. Auch die Länder sollten nach seiner Ansicht einheitlich vorgehen. Eine flächendeckende Einführung der Mundschutzpflicht lehnt er zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab - auch weil die Masken dringend für gefährdetes Personal  gebraucht werden. Wenn jemand mit einem selbstgenähten Mundschutz die Verbreitung des Virus beim Niesen und Husen eindämmt und damit andere schützt, sei das aber begrüßenswert, so der Bürgermeister.

Skeptisch äußert sich gegenüber KOMMUNAL auch der Bürgermeister der Gemeinde Eppelborn im Kreis Neunkirchen im Saarland, Dr. Andreas Feld: "Das verpflichtende Tragen von Mundschutz könnte eventuell dazu führen, dass andere, sehr wichtige Maßnahmen wie das Zuhausebleiben, das Händewaschen und auch das Abstandhalten vernachlässigt werden. Und das wäre fatal." Privatpersonen sollten auf keinen Fall auf den Bestand der medizinischen Schutzausrüstung zurückgreifen.

"In unserer Großgemeinde mit rund 16.840 Einwohnern haben sich zahlreiche Frauen zusammengetan und nähen aus kochfester Baumwolle Masken", berichtet er. Die Aktion, so findet er, sei eine gute Idee - weil niemand wissen kann, ob er ohne Symptome zu zeigen - infiziert ist. In Eppelborn gibt es laut Bürgermeister derzeit 20 bestätigte Corona-Fälle.

Massive Hamsterkäufe wären vermutlich die ungewollte Folge der Maskenpflicht

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) spricht sich vehement gegen eine Mundschutzverpflichtung in der jetzigen Situation aus. "Wenn  in Deutschland flächendeckend die Kommunen eine Maskenpflicht, etwa beim Einkauf anordnen würden, wären massive Hamsterkäufe die Folge", befürchtet DStGB-Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg.

Angesichts des aktuellen Mangels an Masken aller Schutzklassen stehe die Versorgung von medizinischem Personal und Pflegepersonal etwa in Altenheimen ganz klar im Vordergrund. Sinnvoll sei es auch, dass Personen, die Publikumskontakt haben, mit solchen Masken ausgestattet werden. In Behörden oder an der Supermarktkasse etwa.

Nach bisherigen Erkenntnissen bietet das Tragen einer einfachen Maske kaum Schutz vor einer eigenen Ansteckung. Die Masken dienen vor allem dazu, das Risiko zu minimieren, andere Menschen anzustecken. Sie können auch selbst angefertigt werden. Im Internet finden sich zahlreiche Nähanleitungen.  Leicht tut sich derjenige damit, der in diesen Zeiten eine Nähmaschine zu Hause hat.

Mundschutzpflicht kann zu späterem Zeitpunkt noch kommen

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes kann sich durchaus vorstellen, dass eine Mundschutzpflicht zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoll wird: Wenn die Produktion von Atemschutzmasken in Deutschland anläuft und Masken für Jeden überall erhältlich sind. Dann könnte die Pflicht zur Maske bei einer möglichen Exitstrategie aus den derzeitigen Beschränkungen durchaus eine Rolle spielen.

Kanzlerin Merkel und Ministerpräsidenten wollen keine Maskenpflicht 

Gesundheitsminister Jens Spahn will derzeit keine flächendeckende Maskenpflicht einführen. In Kreisen der Bundesregierung heisst es aber, sie könnte noch kommen, wenn die Infektionsraten zurückgehen und die derzeitigen Beschränkungen im Kampf gegen das Corona-Virus zurückgefahren werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit den Ministerpräsidenten Zwischenbilanz im Kampf gegen das Corona-Virus gezogen und in der Telefonkonferenz zur Maskenpflicht beraten. Das Ergebnis: Bund und Länder wollen die Kontaktbeschränkungen über Ostern verlängern. Eine Maskenpflicht sieht die Kanzlerin kritisch, die Ministerpräsidenten der Länder offenbar auch.