Wie die UN-Kinderrechtskonvention „kinderfreundlich“ definiert erklären unsere KOMMUNAL-Gastautorinnen.
© Adobe Stock, DIMR Anke Illing

Tipps

Kommunen kinderfreundlich machen

24. Mai 2021
Was eine kinderfreundliche Gemeinde ausmacht, darüber gibt es unterschiedliche Vorstellungen: Spiel- und Sportplätze, ausreichend Wohnraum für Familien, ein gut ausgestattetes Jugendzentrum oder ein Kinder- und Jugendparlament. Claudia Kittel und Helena Hoffmann erklären, wie es die Vereinten Nationen UN definieren.

Wenn wir von kinderfreundlich sprechen, dann meinen wir, dass die Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention der Maßstab für „Kinderfreundlichkeit“ sein müssen. Schließlich sind die Vorgaben in Deutschland seit dem Jahr 1992 in Kraft und bindend für alle Kommunen. In den Vorgaben sind Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte von Kindern festgeschrieben. Dieser Dreiklang ist das Besondere an der Konvention und verdeutlicht, dass es für erwachsene Verantwortungsträger immer darum gehen muss, Kinder vor Gewalt, Missbrauch und Krieg zu schützen, gleichzeitig aber auch das Recht eines jeden Kindes auf Bildung, eine umfassende Gesundheitsversorgung sowie das Recht auf Gehör und Berücksichtigung der Meinung von Kindern zu gewährleisten.

45 UN-Staaten machen ihre Kommunen kinderfreundlich

In diesem Auftrag gegenüber Kindern und ihren Menschenrechten steckt für Deutschland als Vertragsstaat und damit insbesondere für Kommunen eine große Herausforderung. Denn die Verwirklichung und Umsetzung von Kinderrechten findet in der Familie und vor der eigenen Haustür im direkten Lebensumfeld der Kinder – in den Kommunen – statt. Zu dieser Erkenntnis sind auch die Vereinten Nationen gekommen. Seit 1996 existiert die Child Friendly Cities Initiative von UNICEF, die sich international dafür einsetzt, Kommunen kinderfreundlicher zu gestalten und an der 45 Länder weltweit teilnehmen.

Im Jahr 2012 wurde die Initiative in Deutschland durch das Deutsche Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland mit dem Programm „Kinderfreundliche Kommunen“ als Pilotprojekt mit sechs Kommunen ins Leben gerufen. Seit dem Jahr 2014 können bundesweit alle Städte und Gemeinden ab einer Größe von 5.000 Einwohnern teilnehmen. Mittlerweile machen 34 Kommunen mit. Auf Grundlage internationaler UNICEF-Standards durchlaufen die Städte und Gemeinden ein festes, aber an die Individualität und Ressourcen der Kommune angepasstes Programm, bei dem die Kinder und Jugendlichen aktiv in die Maßnahmenplanung einbezogen werden. Bestandteil des Programms ist zudem eine kostenfreie Workshop-Reihe für Verwaltungsmitarbeiter, bei der ämterübergreifende Strukturen herausgearbeitet und Verwaltungsverfahren etabliert werden, in denen Kinderinteressen und Kinderrechte festgeschrieben sind.

Ressortübergreifende Arbeit erforderlich

Helena Hoffmann ist Projektreferentin bei Kinderfreundliche Kommune e.V.
Helena Hoffmann ist Projektreferentin bei Kinderfreundliche Kommune e.V.

Beispielsweise wurden in Algermissen Kinderrechte im Leitbild der Gemeinde benannt und in Köln in der Hauptsatzung aufgenommen. Garmisch-Partenkirchen geht noch einen Schritt weiter und hat eine eigene Kinderverfassung entwickelt. Ergänzend zur Hauptsatzung werden Kinderrechte mittels verbindlicher Strukturen als Querschnittsaufgabe aller Verwaltungsbereiche gestärkt und eine ressortübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung im Sinne der Kinderrechte gefördert. Ein weiteres wichtiges Element stellt der Aus- und Aufbau von Informations- und Anlaufstellen sowie Interessenvertretungen für Kinder und Jugendliche dar, die als Bindeglied zwischen den jungen Menschen, Verwaltung und Politik fungieren.

Claudia Kittel leitet die  Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention am Deutschen Institut für Menschenrechte.
Claudia Kittel leitet die  Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention am Deutschen Institut für Menschenrechte. // Foto: © Anke Illing

Wie eine kontinuierliche und langfristige Beteiligungsstruktur aussehen kann, wird zudem an der Stadt Regensburg deutlich, die seit 2015 einen Jugendbeirat installiert hat. Hier haben 25 stimmberechtigte Jugendliche die Möglichkeit, sich aktiv an der Gestaltung ihrer Stadt zu beteiligen und die Interessen von Kindern und Jugendlichen in allen sie betreffenden Bereichen zu vertreten – nicht „nur“ zu Spielplatzgestaltung oder hinsichtlich Schulfragen.

Kindern Gehör verschaffen

Abschließend ist festzuhalten: kinderfreundlich im Sinne der UN-KRK bedeutet, dass mittels verbindlicher Strukturen Kindern und Jugendlichen in den Kommunen systematisch Gehör geschenkt und die Berücksichtigung der Meinung von Kindern bei der Entscheidungsfindung innerhalb aller Verwaltungsressorts gesichert wird. Dies trägt auch zum Schutz von Kindern im Sinne eines Kinderschutzes bei, der über das Verständnis eines reinen Gewaltschutzes hinausgeht und Kindern ermöglicht, von Anfang an erleben zu können, dass sie wichtiger Teil einer Gemeinschaft sind und aktiv mitgestalten können.